USA verschieben neue Sonderzölle
Handel. Statt Anfang September sollen US-Strafzölle gegen China erst im Dezember in Kraft treten. Laut einer Studie wirkt sich der Streit sogar positiv auf die EU aus.
Es vergeht nahezu kein Tag, an dem US-Präsident Donald Trump China nicht mit neuen Zöllen droht. Nun gewährt er China allerdings eine Galgenfrist. Neue Sonderzölle sollen nicht wie ursprünglich geplant ab 1. September schlagend werden, sondern erst im Dezember. Die Sonderzölle betreffen bisher verschonte chinesische Waren im Wert von 300 Mrd. Dollar.
Im Gegensatz zu bisherigen Annahmen, dass es im Handelskrieg nur Verlierer geben dürfte, könnten die zusätzlichen Zölle auf Importe aus China dem deutschen Ifo-Institut zufolge Europa und Deutschland – sowie unter bestimmten Bedingungen auch den USA Vorteile verschaffen. Für den Fall aber, dass Peking Gegenzölle erlässt, würde sich der US-Gewinn in einen Nachteil verkehren, während der Nutzen für die EU sich noch vergrößern würde, heißt es in den aktuellen Berechnungen der Münchener Wirtschaftsforscher.
„Die EU-Staaten könnten bei zusätzlichen US-Zöllen auf ChinaImporte mehr in die USA exportieren, wenn chinesische Exporte wegfielen“, erklärte Ifo-Präsident Clemens Fuest.
Für Deutschland würde dies Mehreinnahmen in Höhe von 94 Mio. Euro bedeuten, ergaben die Berechnungen. Für Frankreich käme ein Plus von 129 Mio. Euro heraus, für Italien 183 Mio., für Spanien 25 Mio. und für das Vereinigte Königreich 86 Mio. Euro. Für die gesamten 28 EU-Staaten summierten sich die Vorteile auf 1,5 Mrd. Euro. Die USA würden im besten Fall 1,8 Mrd. Euro mehr einnehmen. China hingegen müsste Verluste von 24,8 Mrd. Euro hinnehmen.
„Der Grund für dieses Ergebnis ist, dass einseitige US-Zollanhebungen deren Produzenten begünstigen und Staatseinnahmen erhöhen“, führte Ifo-Expertin Marina Steininger aus. So dürften zuvor importierte Güter teilweise durch heimische Produktion ersetzt werden. „Dadurch sinken Importe, während die Nachfrage nach heimischen Gütern steigt und es insgesamt zu positiven realen Einkommenseffekten kommt.“
Die Forscher des Ifo berechneten freilich auch das Szenario mit Gegenzöllen der Volksrepublik in Höhe von zusätzlich zehn Prozent Zoll auf US-Importe. Das könnte Chinas Verluste auf 21,6 Mrd. Euro verringern. Zugleich würden die Gewinne der USA in Verluste von 1,5 Mrd. Euro umschlagen.
Deutschland und die EU wären dann immer noch lachende Dritte. Die Mehreinnahmen für Deutschland erhöhten sich auf 323 Mio. Euro. Die EU insgesamt würde mit 1,7 Mrd. Euro profitieren.
Einen wirklichen Sieger des Konfliktes zwischen den weltgrößten Wirtschaftsmächten sieht das Ifo-Institut jedoch auch nicht. „Der amerikanisch-chinesische Handelskrieg hat schädliche Nebenwirkungen für alle, weil er das Vertrauen von Investoren und Konsumenten weltweit bei ohnehin fragiler globaler Konjunktur schwächt“, warnte Fuest. (Reuters)