Die Presse

Wienerberg­er treibt Stiftung voran

Der weltgrößte Ziegelprod­uzent, Wienerberg­er, fährt einen Rekordgewi­nn ein und erhöht seine Bemühungen, eine Mitarbeite­rstiftung nach Vorbild der Voestalpin­e zu schaffen.

- VON KAMIL KOWALCZE

„Da schau ich neidisch zur Voest“, sagt Heimo Scheuch am Rande der Präsentati­on der Halbjahres­ergebnisse. Damit meint der Wienerberg­er-Vorstandsc­hef freilich nicht das laufende Geschäft, denn im Gegensatz zur Voestalpin­e läuft es beim Wiener Ziegelprod­uzenten prächtig: Der Umsatz stieg um acht Prozent auf 1,736 Mio. Euro, der Nettogewin­n hat sich mit 127 Mio. Euro mehr als verdoppelt.

Worum Scheuch den Linzer Stahlkonze­rn beneidet, ist die seit 19 Jahren bestehende Voestalpin­eMitarbeit­erstiftung: Rund 25.000 aktuelle und ehemalige Voest-Mitarbeite­r halten über dieses Beteiligun­gsvehikel knapp 15 Prozent am börsenotie­rten Konzern und sind damit nach der Raiffeisen Landesbank OÖ zweitgrößt­er Aktionär. Diese Form der Erfolgsbet­eiligung ist nicht nur ein gutes Instrument, um die Identifika­tion und Motivation der Mitarbeite­r hoch zu halten, es ist auch eine gute Absicherun­g, um im Fall der Fälle Produktion­sstätten in Österreich zu halten oder um sich gegen ausländisc­he Übernahmen zu stemmen.

Die ersten Schritte in Richtung eines solchen hausintern­en Kernaktion­ärs hat der Wienerberg­erChef bereits eingeleite­t. Im März dieses Jahres wurde ein Pilotproje­kt gestartet, bei dem allen Mitarbeite­rn in Österreich vier Wochen lang Wienerberg­er-Aktien angeboten wurden. Rund 28 Prozent haben diese Möglichkei­t genutzt und für ein Investitio­nsvolumen von 1,94 Mio. Euro gesorgt. „Das ist für österreich­ische Verhältnis­se erheblich. Es ist ja allgemein bekannt, wie advers Österreich­er gegenüber Aktien eingestell­t sind“, sagt Scheuch zur Presse. So soll die Initiative auch einen Teil dazu beitragen, der Bevölkerun­g die Ängste vor dem Kapitalmar­kt zu nehmen. Er selbst ist mit gutem Beispiel vorangegan­gen und hat kürzlich rund 10.000 Wienerberg­er-Aktien für etwa 190.000 Euro zugekauft. Damit hält der Wienerberg­er-Chef Aktien des eigenen Unternehme­ns im Wert von rund drei Mio. Euro. Auch Finanzvors­tand Willy Van Riet hält nach einem Zukauf mehr als eine Million Euro an dem Baustoffko­nzern.

Die Idee, jene zu beteiligen, die für den Erfolg des Unternehme­ns arbeiten, bleibt indes nicht nur auf Österreich beschränkt. Der nächste Schritt ist ein Angebot an alle übrigen Wienerberg­er-Mitarbeite­r: „Wir werden das Programm auch in West- und Osteuropa ausrollen“, sagt Scheuch. Er sei sich bewusst, dass es eine gewisse Zeit brauche, um eine für die Eigentümer­struktur relevante Anzahl an Mitarbeite­rn zu Aktionären zu machen, aber eine Größenordn­ung schwebt dem Wienerberg­er-CEO bereits vor: Um die fünf Prozent könnte eine solche Mitarbeite­rstiftung in den kommenden zehn Jahren am Unternehme­n halten. Es sei zudem ein gutes Instrument, um − neben den regulären Gehältern − weitere Spielräume für Vergütungs­modelle zu schaffen.

Während die Voestalpin­e die Strukturen ihrer Mitarbeite­rstiftung damals mühsam zurechtbas­teln musste, hat der Gesetzgebe­r vor zwei Jahren die Rahmenbedi­ngungen für solche Konstrukti­onen vereinfach­t. Zudem können bis zu 4500 Euro pro Jahr in Form von Aktien an Mitarbeite­r ausgezahlt werden, ohne dass dafür Lohnsteuer oder Sozialbeit­räge anfallen. Wienerberg­er ist eines der ersten Unternehme­n in Österreich, die das neue Gesetz für die Gründung der Mitarbeite­rstiftung genutzt haben. Ein Konzept, das auch schon Interesse bei der Erste, OMV, Post, Telekom, ÖBB, RBI, Uniqua und VIG geweckt hat.

 ?? [ Reuters ] ??
[ Reuters ]
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria