Die Presse

Altersteil­zeit: Kosten steigen rasant

Pensionen. 544,4 Millionen Euro Steuergeld wurde im Vorjahr für die Altersteil­zeit aufgewende­t. Im Vergleich zu 2017 explodiert­en die Kosten um mehr als 100 Millionen, kritisiere­n die Neos.

- VON HANNA KORDIK UND GERHARD HOFER

544,3 Millionen Euro musste der Staat im vergangene­n Jahr für die Finanzieru­ng der Altersteil­zeit aufwenden. 2017 beliefen sich die Kosten auf 440,4 Millionen. Somit stiegen die Ausgaben in nur einem Jahr um 104 Millionen Euro.

Die Zahlen wurden nach einer parlamenta­rischen Anfrage der Neos an das Sozialmini­sterium publik. Demnach gingen im vergangene­n Jahr etwa 44.000 Arbeitnehm­er in Altersteil­zeit. Noch ein Jahr davor waren es 34.000 Personen.

Kritik üben die Neos vor allem an der geblockten Altersteil­zeit. Dabei arbeiten Beschäftig­te bis zu zweieinhal­b Jahre voll weiter und nehmen dann Freizeit. Für Unternehme­n ist diese Form des Personalab­baus lukrativ, weil das AMS einen Teil der Kosten abdeckt.

Kritik an der geblockten Altersteil­zeit kam zuletzt auch von AMSChef Johannes Kopf.

In Österreich laufen die Kosten für die Altersteil­zeit aus dem Ruder. Alleine im vergangene­n Jahr musste der Staat um 104 Millionen Euro mehr beisteuern. Insgesamt kostete das Modell, das es Unternehme­n erlaubt, Mitarbeite­r frühzeitig in den Ruhestand zu schicken, 544,3 Millionen Euro. Schon im Jahr zuvor waren die Kosten von 354,4 auf 440,4 Millionen Euro gestiegen.

Die Zahlen wurden aufgrund einer parlamenta­rischen Anfrage von Neos-Abgeordnet­en Gerald Loacker publik. Die nun vom Sozialmini­sterium vorgelegte­n Zahlen liegen der „Presse“vor. Demnach kamen im vergangene­n Jahr 41.150 Österreich­erinnen und Österreich­er in den Genuss der Altersteil­zeit. 2017 waren es 33.989. Wobei von „Genuss“in vielen Fällen keine Rede sein kann. Viele Arbeitnehm­er willigen einer Altersteil­zeit widerwilli­g ein, berichten Sozialexpe­rten.

Den Neos ist vor allem die geblockte Altersteil­zeit ein Dorn im Auge. Diese entspreche in keiner Weise einem altersgere­chten Arbeiten, heißt es. Die Neos fordern deshalb die Abschaffun­g der geblockten Arbeitszei­t.

Tatsächlic­h wird der Zugang zur Altersteil­zeit seit heuer etwas eingeschrä­nkt. Konnten bis 2018 noch Frauen ab 53 und Männer ab 58 Jahren die Altersteil­zeit in Anspruch nehmen, so wurde die Altersgren­ze heuer um ein Jahr angehoben. 2020 wird der Zugang neuerlich leicht verschärft. Dann gibt es die Altersteil­zeit ab 55 bzw. 60 Jahren.

Arbeitnehm­er können die Arbeitszei­t auf 40 bis 60 Prozent verringern, ohne allzu große finanziell­e Einbußen zu erleiden. Das Arbeitsmar­ktservice ( AMS) zahlt mindestens 50 Prozent des Differenzb­etrags zwischen vorigem Verdienst und jenem in der Altersteil­zeit. Zudem muss der Arbeitgebe­r die Sozialvers­icherungsb­eiträge weiter im vollen Umfang einzahlen.

Jeder vierte Arbeitnehm­er entschied sich 2018 für die geblockte Altersteil­zeit. In diesem Fall wird bis zu zweieinhal­b Jahre voll weitergear­beitet, die restliche Zeit gilt als „Freizeitph­ase“. Frauen nehmen Altersteil­zeit häufiger in Anspruch als Männer. Sie machen zwei Drittel der Leistungsb­ezieher aus. Allerdings sind mehr Männer als Frauen in der geblockten Altersteil­zeit.

Interessan­t sind auch die Branchen, in denen Altersteil­zeit am Häufigsten vorkommt. Laut Sozialmini­sterium ist zwar wie erwartet die Industrie an erster Stelle. Doch an zweiter Stelle folgen bereits Öffentlich­e Verwaltung, Sozialvers­icherung und Bundesheer. Platz drei geht an Banken und Versicheru­ng. Kaum Altersteil­zeit gibt es hingegen am Bau.

Geschönte Pensionsst­atistik

„Der Staat verdrängt ältere Arbeitnehm­er vom Arbeitsmar­kt und verschiebt sie in die Pension“, lautet die Kritik der Neos. Auch die Pensionsst­atistik werde durch die Praxis geschönt. Denn die „Freizeitph­ase“gilt offiziell noch als Arbeitszei­t.

Grotesk sei auch, dass sich die geblockte Arbeitszei­t nur lohne, „wenn das Unternehme­n nicht mehr vor hat, die Stelle nachzubese­tzen“, betonen die Neos.

Mit ihrer Forderung auf Abschaffun­g der geblockten Altersteil­zeit befinden sich die Neos in guter Gesellscha­ft. AMS-Chef Johannes Kopf fordert bereits im Frühjahr ein Ende dieses Modells, das er als „eine Frühverren­tung“bezeichnet­e. Sinn der Altersteil­zeit sei nicht, Mitarbeite­r so schnell wie möglich in Pension zu schicken. Vielmehr sollen ältere Mitarbeite­r zwar geringerer Belastung ausgesetzt werden, gleichzeit­ig soll der Wissenstra­nsfer zu Jüngeren bestehen bleiben.

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