Inoffizieller Wahlkampfstart beim Neustifter Kirtag
FPÖ und ÖVP wetteifern um die Hegemonie bei Wiens größtem Gratis-Trachtenfest von Freitag bis Montag. Michael Ludwig fehlt. Und HeinzChristian Strache?
Es hat tatsächlich Zeiten gegeben, da stand der Neustifter Kirtag mangels Interesses auf der Kippe. Mittlerweile kann sich Weinbauvereinsobmann Wolfgang Zeiler der Anfragen für einen der mittlerweile ungefähr 60 Stände kaum erwehren. Und auch fast nicht mehr des Besucherandrangs: Von heute, Freitag, Abend bis Montag wird mit 80.000 bis 100.000 zu ungefähr drei Viertel in Tracht Gekleideten gerechnet. Und auch mit politischer Präsenz.
Traditionell matchen sich in Döbling FPÖ und ÖVP mit Verteilaktionen
am Beginn der gesperrten Rathgasse, auf dem Kirtagsgelände selbst ist Politik verpönt. Auch bei der Eröffnung am Freitag um 18 Uhr. Bürgermeister Michael Ludwig ist seit Jahren Stammgast und prominentester, nicht selten einziger SPÖ-Vertreter. Diesmal findet die Veranstaltung sechs Wochen vor der Nationalratswahl statt – und Ludwig ist im Urlaub. Im Inland, wie es in seinem Büro auf Nachfrage aus gegebenem Anlass heißt.
Was FPÖ und ÖVP nicht hindert, besondere Aktivität zu zeigen. An Ständen werden Flyer, Kugelschreiber, Sonnenbrillen, Luftballons etc. verteilt. Wobei auch weitere politische Dauergäste des Neustifter Kirtags fehlen dürften – oder zumindest nicht angekündigt sind. Wir sprechen von Ex-FPÖBundeschef Heinz-Christian Strache und dessen Ex-Statthalter, Johann Gudenus. Straches Nachfolger Norbert Hofer überlegt ein Kommen, wie es in der Wiener FPÖ heißt. Und Vizebürgermeister Dominik Nepp ist auch wieder dabei. Und was ist mit Philippa Strache, Quereinsteigerin und auf der Wiener Liste der blauen Kandidaten für ein Nationalratsmandat aussichtsreich vertreten? Die Wiener FPÖ weiß offiziell nicht, ob sie kommt – und von wem sie allenfalls begleitet werden wird (von wem wohl?).
Die Wiener ÖVP, die mit großer Chance auf Erfolg Platz zwei in Wien im September von der FPÖ zurückerobern will, hat derartige Probleme nicht. Stadtparteichef Gernot Blümel wird mit dem Team um den nicht amtsführenden Stadtrat Markus Wölbitsch und Klubchefin Elisabeth Olischar umherziehen. Die Botschaft der Flugblätter: „Kurz für Österreich. Blümel für Wien.“Da wirbt der Chef der Türkisen gleich für sich um Vorzugsstimmen im Landeswahlkreis. Dass als Nummer eins im Bund Sebastian Kurz empfohlen wird, versteht sich von selbst. Am Dienstag waren in der ÖVPParteizentrale sogar Schneiderinnen tätig, um für Funktionäre Dirndln und Co. mit in Türkis gehaltenen Mustern zu verzieren. Von türkisen Tattoos wird noch nichts berichtet.