Bar¸cas letzter Leitstern
Fußball. Beim FC Barcelona beschäftigt nicht nur die Neymar-Rückkehr. Auf den hochgelobten Nachwuchs ist nicht mehr Verlass und auf dem Transfermarkt wurde zuletzt danebengegriffen.
Barcelona/Wien. Die Titelverteidigung beginnt für den FC Barcelona heute bei Athletic Bilbao (21 Uhr, live, Dazn), es ist zugleich der Auftakt zur spanischen Meisterschaft. In La Liga haben Lionel Messi und Co. in den vergangenen elf Jahren acht Titel eingefahren, dass nun der dritte in Serie folgen muss, steht außer Frage, niemand muss in Barcelona diese Zielvorgabe überhaupt aussprechen.
Die große Frage ist eine andere: Wann wird Barcelona wieder die Champions League gewinnen? Lionel Messi hat beim Joan-GamperTurnier (benannt nach Klubgründer Hans Gamper) vor 99.000 Zuschauern im Camp Nou sein Versprechen vom Champions-LeagueTitel erneuert. „Ich wiederhole es. Ich habe keinen Zweifel, dass wir um alles kämpfen werden.“Nur: Der bisher letzte Triumph gelang 2015, zuletzt schlitterte man zweimal in Folge in ein Debakel. Erst gegen Roma (0:3 nach 4:1), dann gegen Liverpool (0:4 nach 3:1).
Es wurde also wieder aufgerüstet. 255 Mio. Euro machte Präsident Josep Bartomeu im Sommer locker. Die Neuzugänge Antoine Griezmann (120 Mio. Euro) und Frenkie de Jong (75 Mio. Euro) sind dabei sich einzufügen. Für den französischen Weltmeister Griezmann gab es schon Lob. „Sein Aktionsraum bringt uns sehr viel, und er arbeitet sehr gut in der Defensive“, meinte Trainer Ernesto Valverde.
Griezmanns Tore sind gefragt, schließlich hat Barca¸ in den vergangenen Jahren auf dem Transfermarkt kein gutes Händchen bewiesen. Ousmane Dembel´e´ (125 Mio. Euro) floppte, von Philippe Coutinho (145 Mio. Euro) und Malcolm (41 Mio. Euro) kam auch nicht viel, und das war es auch schon mit den klingenden Namen. Dass dann auch noch der 32-jährige Arturo Vidal verpflichtet wurde, haben nicht mehr viele verstanden.
Derzeit heißt es, Barcelona habe die Bemühungen darum, Neymar zurückzuholen, intensiviert. Auch Messi habe sich eingeschaltet. Der teuerste Kicker des Planeten will weg von Paris SaintGermain und am liebsten wieder an der Seite von Messi stürmen. Inzwischen mischt auch Real Madrid im Transferpoker um Neymar mit. Dass Barca¸ den Brasilianer aber dem Erzrivalen überlassen würde, darf bezweifelt werden. Mit Messi, Luis Suarez,´ Griezmann und Neymar hätte der Klub außerdem den wohl besten Sturm dieser Fußballepoche in seinen Reihen.
Kluivert soll helfen
Doch all diese Transfers können nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Nachwuchs stockt. „La Masia“, die berühmte Fußballakademie des Klubs, bringt kaum noch Talente hervor. Einst eilten die Eigengewächse Xavi, Iniesta und Messi unter Pep Guardiola (ebenfalls La-Masia-Absolvent) von Titel zu Titel, Barcelona schaffte es ohne Probleme, eine Weltklasse-Elf nur aus Eigenbauspielern aufs Feld zu schicken – und tat das auch. Die Barca-¸Profis waren das Rückgrat der so erfolgreichen spanischen Nationalmannschaft.
Guardiola ging 2012, mit ihm der stilbildende Offensivfußball und auch die internationale Dominanz. Heute ist Barcelona eine Legionärstruppe, Sergi Roberto ist der letzte La-Masia-Mann, der es zum Stammspieler geschafft hat, der Rechtsverteidiger ist 27 Jahre alt. Hinzu kommt, dass Trainer Valverde nicht als großer Nachwuchsförderer bekannt ist (sein effizienter Spielstil ist dem verwöhnten Anhang ohnehin ein Dorn im Auge). Präsident Bartomeu ließ in La Masia zuletzt keinen Stein auf dem anderen, Ex-Barca-¸Profi Patrick Kluivert soll die Talenteschmiede nun wieder auf Vordermann bringen.
Auf dem Platz steht derweil nur noch ein Spieler für die Barcelona-Identität: Lionel Messi. Der 32-Jährige erklärte, er sei motivierter denn je. Wegen einer Wadenverletzung wird der Kapitän heute aber noch fehlen. In Bilbao hat sein Team eine beachtliche Serie zu verteidigen: In den vergangenen zehn Jahren hat Barcelona das erste Ligaspiel stets gewonnen.