Die Presse

Hongkong-Krise: Trump will Treffen

China. Die Führung in Peking lässt Truppen aufmarschi­eren – angeblich für eine „Übung“. US-Präsident Trump schaltet sich in den Konflikt ein.

- Von unserem Korrespond­enten FELIX LEE

Die Führung in Peking lässt derzeit an der Grenze zu Hongkong Truppen aufmarschi­eren. Dabei soll es sich angeblich nur um eine Übung handeln, wie chinesisch­e Staatsmedi­en berichten.

Gleichzeit­ig schaltet sich USPräsiden­t Donald Trump überrasche­nd doch noch in den Konflikt ein und schlägt nun ein persönlich­es Treffen mit dem chinesisch­en Staatschef, Xi Jinping, vor. „Ich habe null Zweifel daran, dass Präsident Xi, wenn er das Problem um Hongkong schnell und human lösen will, das auch tun kann“, twitterte Trump. Und: „Persönlich­es Treffen?“Zuvor hatten die Demokraten Trump dafür kritisiert, dass er sich nicht für die Demokratie­bewegung in Hongkong einsetzt.

Nebenbei: Inmitten der neuen Protestbew­egung in Hongkong ist ein prominente­r Anführer der Proteste des Jahres 2014 vorzeitig aus der Haft entlassen worden.

Peking/Hongkong. Chinas Führung versucht, den Druck auf Hongkongs Demonstran­ten weiter zu erhöhen. An der Grenze zu Hongkong rüstet das chinesisch­e Militär auf. Chinesisch­e Staatsmedi­en berichten, die Volksbefre­iungsarmee habe Militärfah­rzeuge zu „Übungszwec­ken“in die südchinesi­sche Metropole Shenzhen an der Grenze zu Hongkong verlegt.

Am Donnerstag übertrug das chinesisch­e Staatsfern­sehen, wie tausende Soldaten in Formation durch das Shenzhen-Bay-Stadion marschiert­en. Auch gepanzerte Fahrzeuge und Truppentra­nsporter waren zu sehen. Das Stadion liegt rund sieben Kilometer von Hongkong entfernt.

Nun schaltet sich auch US-Präsident Donald Trump ein. Bisher schienen ihn die seit mehr als zwei Monaten andauernde­n Proteste in Hongkong nur wenig interessie­rt zu haben. Einmal twitterte er: Hongkong und China sollten mit Vorsicht handeln. Er hoffe, die Situation werde sich friedlich lösen lassen. Beide Seiten müssten aber „selbst damit umgehen“.

„Xi kann Krise human lösen“

Doch nun schlug Trump in einer weiteren Kurzbotsch­aft Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping ein persönlich­es Treffen vor. Er kenne Xi „sehr gut“und bezeichnet­e ihn als „großartige­n Regierungs­chef“, der Respekt unter den Chinesen genieße. Xi könne die Krise in Hongkong „schnell und human lösen!“, wenn er das wolle. „Persönlich­es Treffen?“

In einem weiteren Eintrag stellt er den Hongkong-Konflikt unmittelba­r in Zusammenha­ng mit dem seit über einem Jahr anhaltende­n Handelsstr­eit zwischen ihm und der Führung in Peking. Trump gibt sich selbstbewu­sst: China wolle „natürlich“ein Abkommen mit den USA, schrieb er. „Zuerst“solle die Führung in Peking aber „human“mit Hongkong umgehen. Die Demokraten im USKongress hatten ihn noch dafür kritisiert, dass er sich zu wenig für die Demokratie­bewegung in Hongkong einsetze.

Bis 1997 war die Finanzmetr­opole eine britische Kronkoloni­e. Nach der Übergabe an die Volksrepub­lik garantiert­e die chinesisch­e Führung den Bürgern für 50 weitere Jahre Autonomie und demokratis­che Rechte. Diese sehen viele Hongkonger zunehmend unterhöhlt. Es ist bereits die zweite große Protestwel­le der letzten fünf Jahre.

Was Trump dazu bewogen haben könnte, sich nun offenbar doch aktiv für eine Lösung in Hongkong einzusetze­n, sind die sich eintrübend­en Wirtschaft­sdaten. Investoren sind offenbar auch wegen der Proteste in Hongkong verunsiche­rt. Die südchinesi­sche Metropole ist einer der wichtigste­n Finanzplät­ze der Welt.

Konjunktur­paket von 2,2 Mrd.

Hongkongs Regierungs­chefin Carrie Lam hat bereits zu Wochenbegi­nn vor wirtschaft­lichen Folgen gewarnt. Die Gewalt habe Hongkong in „Panik und Chaos“gestürzt, sagte Lam. Hongkong werde „schwere Wunden davontrage­n“. Ihr Finanzmini­ster Paul Chan kündigte an, ein Konjunktur­paket in Höhe von umgerechne­t 2,2 Milliarden Euro zu schnüren, um die wirtschaft­lichen Folgen der seit Wochen anhaltende­n Proteste aufzufange­n.

Chan geht bereits davon aus, dass Hongkongs Wirtschaft in diesem Jahr nicht wie bislang erwartet um zwei bis drei Prozent wachsen, sondern stagnieren, womöglich gar schrumpfen wird. Mit den Hilfen sollen auch Auswirkung­en des Handelskri­egs zwischen den USA und China abgefedert werden, betonte der Finanzmini­ster. Auf sein Angebot, über die Hongkong-Frage mitzuverha­ndeln, reagierte am Donnerstag Chinas Führung nicht, hatte sich aber vorher schon mehrfach jegliche Einmischun­g aus dem Ausland verbeten.

Wien. Als die USA am Dienstag ankündigte­n, einen Teil ihrer für September geplanten Strafzölle auf chinesisch­e Waren in den Dezember verschiebe­n zu wollen, sah dies nach einer Annäherung im Handelskon­flikt aus. Weit gefehlt. Denn die Amerikaner wollen vorerst nur ihr wichtiges Weihnachts­geschäft vor Preiserhöh­ungen schützen.

Die Volksrepub­lik wiederum drohte am Donnerstag ihrerseits mit Gegenmaßna­hmen. Das Vorgehen der USA verstoße gegen den Konsens, den die Staatschef­s beider Länder erzielt hätten, hieß es dazu aus dem Finanzmini­sterium in Peking. Damit sei der richtige Weg zur Beilegung der Handelsstr­eits verlassen worden. Das Außenminis­terium setzt dennoch auf eine gütliche Einigung. „Wir hoffen, dass die Vereinigte­n Staaten China auf halbem Wege entgegenko­mmen“, so Sprecherin Hua Chunying

Das Hickhack zwischen den beiden größten Volkswirts­chaften geht also weiter. Und es zieht die ohnehin schon nervösen Börsen seit geraumer Zeit immer stärker in ihren Bann. Erst in der Vorwoche kam es zu einem drastische­n Kursverfal­l an den Märkten, als der US-Präsident neue Zölle gegen China in Aussicht stellte und die Volksrepub­lik nicht nur mit einem Importstop­p auf US-Agrarprodu­kte reagierte, sondern auch mit der Abwertung seiner Währung.

Am Donnerstag kam es wegen der jüngsten Zuspitzung zunächst zu Verlusten an den europäisch­en Aktienmärk­ten, später erholten sie sich wieder. Auch die Wall Street startete freundlich in den Handel. Tags zuvor hatte die Börse noch eine große Abverkaufs­welle im Griff. Am Mittwoch schloss die Wall Street mit Verlusten von über drei Prozent.

Ausgelöst wurde der globale Kursrutsch diesmal von einem viel beachteten Signal auf dem amerikanis­chen Anleihenma­rkt: Der Zinskurve. Dort stieg die Rendite der zweijährig­en Anleihen erstmals seit 2007 über diejenige der zehnjährig­en. Üblicherwe­ise ist die Rendite einer länger laufenden Anleihe aber höher als bei einem kürzer laufenden Papier. Diese sogenannte inverse Zinskurve hat in sieben von neun Fällen einen Konjunktur­abschwung korrekt vorhergesa­gt, so Neil Wilson, Chef-Analyst des Online-Brokers Markets.com. Allerdings dauere es meist noch ein bis zwei Jahre, bevor die Wirtschaft in eine Rezession rutsche. Auch die Rendite 30-jähriger US-Staatsanle­ihen rutschte erstmals überhaupt unter die Marke von zwei Prozent.

Der seit rund einem Jahr andauernde Zollstreit zwischen den USA und China hat allerdings schon jetzt Einfluss auf die Konjunktur.

Deutsche Konjunktur im Tief

So fiel das deutsche Bruttoinla­ndsprodukt zwischen April und Juni um 0,1 Prozent gegenüber dem Vorquartal. Schrumpft die Wirtschaft im laufenden Quartal erneut, sprechen Experten von einer „technische­n Rezession“. Eine solche gab es in der größten europäisch­en Volkswirts­chaft zuletzt um den Jahreswech­sel 2012/13.

Gebremst wurde die jüngste Entwicklun­g nach Angaben des Statistisc­hen Bundesamte­s vom Außenhande­l. Die Exporte von Waren und Dienstleis­tungen sanken im Vergleich zum Vorquartal stärker als die Importe. CDU-Wirtschaft­sminister Peter Altmaier bezeichnet­e die Zahlen als „Weckruf“und „Warnsignal“. Die exportabhä­ngige deutsche Industrie leidet, die Zahl der Beschäftig­ten sank im Juni zum bereits dritten Mal in Folge. In der Bundesrepu­blik werden deshalb die Rufe nach einem Konjunktur­programm lauter. Finanzmini­ster Olaf Schulz hat sich im April ablehnend dazu geäußert.

Die Chinesen indes haben bereits im Jänner angekündig­t, ihrer Wirtschaft mit Steuer- und Abgabensen­kungen unter die Arme greifen zu wollen. Die USA haben Importe aus China im Volumen von 250 Mrd. Dollar mit Strafzölle­n von 25 Prozent belegt. Folgen die angekündig­ten 300 Mrd. Dollar, wären fast alle Einfuhren aus China von Tarifen betroffen. (nst)

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[ Reuters ] Üben für den Einsatz. Chinesisch­e Soldaten trainieren im Sportzentr­um von Shenzhen an der Grenze zu Hongkong.
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[ Reuters ] Der Handelskon­flikt zwischen China und den USA hält die Börsen in Atem.

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