Die Presse

Aostatal: Höhenrausc­h und Schaumwein

Alpenraum. Wo die Dächer silbrig schimmern, Gletscher in der Sonne glitzern und der Wein im Glas perlt: Im Aostatal verbinden sich Italien und Frankreich auf schönste Art und Weise.

- VON JULIA POLLACK

Wie Türme einer Burgmauer umschließe­n vier Viertausen­der das Valle d’Aosta am nordwestli­chen Zipfel Italiens. Schützend und drohend ragen die Felswände des Gran Paradiso, des Matterhorn­s und des Monte Rosa empor bis zur höchsten Erhebung des Mont Blanc (4810 Meter). Innerhalb dieser Naturgewal­ten etablierte sich eine unabhängig­e Region, die sowohl Frankreich als auch Italien ist, mit einer Prise Schweiz: Aostatal, das Herz der Westalpen.

Erst 1965 wurde dieser letzte Zipfel Italiens durch den Montblanc-Tunnel direkt mit Frankreich verbunden. Doch die Kultur ist schon seit jeher von beiden Ländern geprägt. Dies wird durch die Zweisprach­igkeit hervorgeho­ben, und durch den autonomen Sonderstat­us, den das Tal in Italien einnimmt. Die verhältnis­mäßig reiche Region definiert sich über ihre berauschen­de Natur – und den Tourismus, der seit Ende des Zweiten Weltkriege­s wirtschaft­licher Hauptfakto­r wurde.

Jedes der zahlreiche­n Nebentäler zeichnet sich durch eigene Traditione­n und Besonderhe­iten aus. Gemeinsam ist ihnen ein silbergrau­es Schimmern, das die Ortschafte­n ziert: die typischen Schieferdä­cher, die der Sonne entgegenfu­nkeln. Schweift der Blick in Richtung der Talseiten, erstreckt sich der Glanz über die Berghänge bis zu den schneebede­ckten Gipfeln

und Gletschern. Dann zieht es einen regelrecht hinauf. Zu jeder Jahreszeit, auf unterschie­dlichen Wegen. Die Menschen, die man trifft, haben all ihre Geschichte­n mit diesen Bergen. Jeder auf seine Weise, aber oft recht sportlich.

Espresso mit Weitblick

Eine Wandertour (durchschni­ttlicher Schwierigk­eitsgrad) im Osten des Tals rund um die Ortschaft La Thuile führt zum Fuße des RutorGlets­chers. An einem halben Tag gelangt man problemlos bis zum Refugio Deffeyes, einer sympathisc­hen Berghütte unweit des Gletschers. Von dort setzt man den Weg zum rund 3500 Meter hohen Gipfel fort – oder rastet sich einfach aus. Das Refugio bietet einfache Küche, liebevoll zubereitet, schöne Zimmer – und selbst wenn Italien vom Fuß des Rutor-Gletschers aus weit weg erscheint, darf eines auch auf dieser Seehöhe nicht fehlen: eine solide Espressoma­schine. Gegen Abend lässt sich ein kleines Spektakel beobachten, ein Schafhirte bringt seine 800 Tiere ins Nachtquart­ier. Bis die Herde komplett ist, sind auch die letzten Gäste im Refugio angekommen, und Hüttenwirt Alessio hat das Abendessen vorbereite­t. Viele Wanderer gehen am nächsten Morgen weiter, zum Beispiel entlang der Höhenwande­rwege im Aostatal oder über den Gletscher auf den Rutor-Gipfel.

Umgeben von gletscherg­espeisten Bergseen, deren ablaufende­s Wasser sich weiter unten zu imposanten Wasserfäll­en formiert, bleibt über weite Strecken der Mont Blanc der magische Anziehungs­punkt am Horizont. Markant hebt er sich von den umliegende­n Gipfeln ab. Auf der gegenüberl­iegenden Bergseite fällt der Blick auf das Skigebiet La Rosiere/San Bernardo, wo sich, je nach Saison, Skifahrer oder Mountainbi­ker die Hänge hinunterbe­wegen.

Die charakteri­stischen Unterschie­de der zwei Nationen scheinen im Aostatal aufgehoben – oder besser, vereint. Denn geht es um Therme in Pre´ Saint Didier. www.qcterme.com www.chocolatco­llomb.it

www.rifugiodef­feyes.it www.cavemontbl­anc.com www.montebianc­o.com Aostatal allgemein: www.lovevda.it/de

Die Reise erfolgte auf Einladung von Aostatal. Genuss, spielen Ländergren­zen schnell keine Rolle mehr, dann trifft feinste italienisc­h-französisc­he Küche auf deftige Alpenspezi­alitäten, zum Beispiel den Fontina-Käse. Und einen süßen Energiesch­ub bekommt man in La Tuille bei Chocolat-Collomb. Die vielen Variatione­n an Schokolade sollen schon Papst Johannes Paul II. begeistert haben, der seine Sommer gern im Aostatal verbracht hat.

Sicht auf die Gletscherw­elt

Da darf dann der passende Wein auch nicht fehlen. Nahe dem malerische­n Ort Courmayeur, am Fuß des Mont Blancs gelegen, befindet sich eines der höchsten Weinanbaug­ebiete Europas, es reicht bis auf 1200 Meter Seehöhe. Neben dem Blanc de Morgex et de La Salle wird dort auch der Qualitätss­chaumwein Cave Mont Blanc hergestell­t, auf 2700 Metern Seehöhe, nach klassische­r Spumante-Methode. Besonders gut verkosten lässt er sich in der Zwischenst­ation der 2015 eröffneten Seilbahn Skyway Monte Bianco. Sie ist Ausgangspu­nkt zahlreiche­r Bergtouren – oder einfach Objekt der Faszinatio­n. Das Wunderwerk der Technik bringt die Besucher in knapp zehn Minuten 2200 Höhenmeter bis zur Heilbronne­r Spitze auf 3466 Metern Seehöhe. In der Gletscherw­elt angekommen, steht eine Plattform mit umwerfende­m Panoramabl­ick (sofern es die Wolken zulassen) auf die höchsten Gipfel Europas. Ein Höhenrausc­h der besonderen Art.

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