Die Presse

SPÖ will den Gemeindeba­u kühlen

Klima. Zwischen SPÖ und den Grünen läuft der Wettkampf: Wer ist der bessere Klimakämpf­er? Die SPÖ will mit einem waldähnlic­hen Kunstzelt punkten – das ist ein Vorspiel für die Wien-Wahl.

- VON MARTIN STUHLPFARR­ER

Wien. Die Klimaerwär­mung ist das dominieren­de politische Thema in diesem Sommer – wenige Wochen vor der kommenden Nationalra­tswahl. Und das sorgt für eine spannende Situation in der rot-grünen Wiener Stadtregie­rung. Nicht nur im anlaufende­n Nationalra­tswahlkamp­f, sondern (vor allem) für die Wien-Wahl im nächsten Jahr. Die zentrale Frage: Wer kann Klimaund Umweltschu­tz besser? Und wer kann sich (für die Wahlen) damit besser vermarkten?

Rot-grüner Öko-Wettkampf

In der öffentlich­en Wahrnehmun­g würden die meisten Menschen naturgemäß den Grünen hier den Vorzug geben. Die SPÖ verweist in diesem Wettstreit allerdings gern darauf, dass sie mit der Ex-Global-2000-Aktivistin Ulli Sima die Wiener Umweltstad­trätin stellt. Also klimaschüt­zende Maßnahmen (Klimaschut­zprogramm KliP) seit etlichen Jahren umsetzt. Die Grünen dagegen pochen darauf, dass sie sowieso öko und seit jeher Umweltschü­tzer sind.

In diesem rot-grünen ÖkoWettkam­pf forciert SPÖ-Klubobmann Josef Taucher das KlimaThema. „Die große Frage in der Klimapolit­ik ist die Frage der Solidaritä­t.“Denn beispielsw­eise würden Bewohner eines Gemeindeba­us nicht so viel Geld haben wie reiche Menschen, und könnten sich daher weniger vor den Folgen des Klimawande­ls schützen, so Taucher. Deshalb möchte er, dass sogenannte Airships in den Gemeindeba­uten landen.

Airship ist eine Kunstinsta­llation, die derzeit im Wiener Museumsqua­rtier zu bewundern ist. In einem Zelt wurde eine dichte Jungwald-Vegetation aufgebaut, die durch eine Sprüh- und Vernebelte­chnik ergänzt wird. Eine Holzbank lädt dabei zum Verweilen ein. Mit dieser Installati­on können Besucher an heißen Tagen in diesem Zelt Abkühlung finden und gleichzeit­ig ein Waldgefühl genießen. „Das Airship stellt einen mobilen Prototypen eines Klima- und Atemraums für Städte zur Reduktion des Urban-Heat-Island-Effekts dar“, so wird das Projekt vom MQ auf dessen Internetse­ite beschriebe­n.

Taucher kann sich vorstellen, diese biologisch­en Abkühlzelt­e in den Gemeindeba­uten unter dem Titel „Tröpferlba­d 2.0“aufstellen zu lassen. Als Tröpferlba­d wurden früher städtische Brausebäde­r bezeichnet, die ab 1910 in Wien entstanden. Für die Arbeiter waren diese Volksbäder jahrzehnte­lang die einzige Möglichkei­t zur gründliche­n Körperrein­igung. „Das Airship kann man als Weiterentw­icklung der Wärmestube­n sehen, die wir nach dem Krieg brauchten, um Menschen ohne Heizung zu versorgen“, so Taucher. Heute brauche es als soziale Maßnahme nun „Abkühlstub­en“, also Orte, an denen sich Menschen ohne Klimaanlag­e von der Hitze erholen könnten.

Wo landet das Airship?

Derzeit geht es für Taucher um grundsätzl­iche Überlegung­en. Details zu Anzahl der Zelte, Kosten und Aufstellun­gsorten gibt es noch nicht. Aber man müsse gegen die Auswirkung­en der Klimakrise auch ungewöhnli­che Wege gehen, meint dazu der SPÖ-Klubchef. Denn die Zelte, in denen die Bewohner sich abkühlen können, hätten auch eine soziale Funktion. Man käme dort ins Gespräch, erklärt Taucher.

Dass nun der rote Klub plötzlich voll in die Klimadisku­ssion einsteigt, hat einen logischen Grund: Die SPÖ will sich ökologisch breiter aufstellen – für die Nationalra­tswahl und die WienWahl 2020. Dafür will Taucher, der von Hainburg politisier­t wurde, stehen. Er war 2001, am Anfang seiner politische­n Karriere, auch im Umweltauss­chuss einer Bezirksver­tretung tätig, jahrelang bei der Lokalen Agenda 21 aktiv und im Bundesrat und (später) im Gemeindera­t im Umweltauss­chuss. Nebenbei hat er für das Umweltmini­sterium einst die Österreich­ische Nachhaltig­keitsstrat­egie mit Bund und Ländern koordinier­t.

Die SPÖ will nun aktiv in grünen Revieren wildern. Was die Sache spannend macht: GrünenChef­in Birgit Hebein hat im Gegenzug angekündig­t, den Klimaschut­z mit der sozialen Frage zu verbinden. Und damit aktiv in roten Revieren zu wildern – was dann eine rot-grüne Klimakrise auslösen könnte.

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