Wohin geht das Pfund?
Zertifikate. Das Austrittsdatum Großbritanniens aus der EU rückt näher. Für das britische Pfund rechnen Experten daher mit weiteren Verlusten.
Langsam wird es ernst mit dem Austritt Großbritanniens aus der EU. Sollte nichts mehr dazwischenkommen – zum Beispiel ein weiterer Aufschub des Brexit-Datums –, ist es am 31. Oktober so weit. Und weil es auch unter der neuen Regierung mit Premierminister Boris Johnson noch kein Abkommen mit der EU gibt, rechnen immer mehr Marktbeobachter mit einem chaotischen EU-Austritt.
Wie dramatisch die Folgen für die britische Wirtschaft noch sein werden, wird sich erst zeigen. Schon jetzt bereiten sich aber viele Unternehmen auf schwierige Zeiten vor. Zuletzt hatte etwa die USamerikanische Pizzakette Domino’s beschlossen, Zutaten wie Tomatensauce und Thunfisch im Wert von sieben Millionen Pfund in England zu horten, um mögliche Engpässe zu vermeiden.
Dabei sei der Schaden für die britische Wirtschaft, den das Brexit-Referendum und das folgende politische Chaos ausgelöst haben, schon jetzt immens, hält Volker Schmidt von der luxemburgischen Fondsgesellschaft Ethenea fest. Die Wirtschaftsdaten zum zweiten Quartal verdeutlichen die Dramatik. Ihnen zufolge schrumpfte die britische Wirtschaft erstmals seit 2012, und zwar um 0,2 Prozent.
Die Reaktionen auf die Daten waren am Devisenmarkt deutlich sichtbar. So musste man nach Bekanntgabe der Zahlen vor wenigen Tagen gut 0,93 britische Pfund für einen Euro bezahlen. Noch zu Jahresbeginn 2019 war das britische Pfund etwas mehr wert. Da musste man nur 0,90 britische Pfund für einen Euro berappen, während im Mai ein Euro 0,85 britische Pfund kostete. Die Experten des deutschen Vermögensverwalters DWS haben sich die jüngsten Entwicklungen zuletzt näher angesehen. Und sie wiegeln das Geschehen ein wenig ab. Längerfristig betrachtet finden sie den Rückgang des britischen Pfunds in den vergangenen Wochen nicht ganz so dramatisch, das Säbelrasseln von Boris Johnson und seinem Team habe bloß einen relativ bescheidenen Tribut gefordert. Das liege teilweise daran, dass nach dem Referendum bereits viel Risiko eingepreist wurde, für den Fall, dass Großbritannien die EU ohne Abkommen verlässt.
Pfund kann noch abwerten
Dennoch schließen die DWSExperten nicht aus, dass es für das britische Pfund in den kommenden Wochen noch um einiges schlimmer werden könnte. Schließlich werde das britische Parlament erst am 3. September aus der Sommerpause zurückkehren. Bis dahin dürften eine Vielzahl an Szenarien von Johnson und seinen Verbündeten diskutiert werden.
Risikobereite Anleger, die ebenfalls mit einem weiteren Kursverlust des britischen Pfunds rechnen, können darauf mit Turbozertifikaten setzen. So bietet zum Beispiel Goldman Sachs ein entsprechendes Papier an (DE000GA8XJD1). In diesem Fall gilt: Je mehr das britische Pfund an Wert verliert, sich somit zunehmend in Richtung Parität zum Euro bewegt, desto mehr gewinnt das Zertifikat an Wert. Und zwar um einen aktuellen Hebel von 3,77. Liegt man aber falsch, und das britische Pfund gewinnt an Wert, droht ein Totalverlust. Und zwar dann, wenn die Marke von 0,6847 britischen Pfund zum Euro erreicht oder unterschritten wird. Dann ist die sogenannte Knockout-Schwelle erreicht.
Mit einem kleineren Hebel reduziert man freilich das Risiko. So bietet etwa die BNP Paribas ein Zertifikat (DE000PA2R7H1) mit einem aktuellen Hebel von nur 1,94 an. Hier liegt die Knock-outSchwelle bei 0,4565 britischen Pfund, man hat also einen größeren Puffer nach unten, bevor ein Totalverlust droht.