Die Presse

Etwas mehr Fokus, Baby!

Klimadebat­te. Es wäre an der Zeit, auf die sinnvollen Hebel im Klimaschut­z zu schauen – und auf all jene, die im Stillen konkret etwas tun.

- VON MARKUS FALLENBÖCK Markus Fallenböck ist Gesellscha­fter des österreich­ischen Fintech Own Austria.

Die Diskussion­en zum Klimaschut­z erreichen fast immer im Sommer ihren Höhepunkt. Kein Wunder, spüren wir doch jetzt bei Hitzeperio­den und Unwettern die Veränderun­gen ganz unmittelba­r. So wird diese Jahreszeit immer auch zur Hochsaison für wohlgemein­te Ratschläge zur Reduktion des CO2Ausstoß­es.

Das reicht von „Wäsche im Freien trocknen und nicht im Trockner“bis zum zur Flugscham gesteigert­en Verzicht auf den Flug zum Urlaubszie­l. Manche Politiker wollen gleich die Luftfahrt verstaatli­chen, damit durch Preissteig­erungen niemand mehr fliegen will. Dabei steht der weltweite Flugverkeh­r nur für zwei bis drei Prozent der CO2-Emissionen. Es krankt also oft an Umsetzbark­eit und Wirkung.

In Österreich wird all das noch durch den Wahlkampf verschärft. Vielleicht könnte man auch hier etwas mehr Fokus auf die Frage legen, wie der Klimaschut­z auch sozial verträglic­h organisier­t werden kann. Schließlic­h kennt nicht jeder einen Multimilli­onär, der einem einfach so seine Segeljacht borgt, um damit nach New York zu

schippern. Nicht falsch verstehen: Eine Herausford­erung dieser Größenordn­ung kann nicht durch eine Wundermaßn­ahme bewältigt werden, es wird ein Bündel an Maßnahmen aller Akteure brauchen. Es lohnt sich, abseits des PR-Getöses einen Blick auf die großen Hebel, also Maßnahmen mit großer Wirkung, zu machen. Das Problem dabei: Diese spielen sich oft zwischen Unternehme­n ab, der Verbrauche­r merkt nichts, und daher ist das alles wenig „sexy“. Doch genau hier passiert im Stillen sehr viel, gerade in Österreich.

Fokus: Güterverke­hr

Studien zeigen, dass der landgebund­ene Güterverke­hr in Europa bis 2030 um 30 % zunehmen wird. Schon jetzt verursacht der europäisch­e Güterverke­hr 275 Millionen Tonnen CO2 jedes Jahr – das führt nach Schätzunge­n zu ca. 50.000 Todesfälle­n, verursacht durch die erzeugte Luftversch­mutzung.

Aktuell setzt sich der Güterverke­hr in Europa so zusammen: 75 % Straße, 18 % Schiene und 7 % Wassertran­sport. Wenn es hier zu keiner Veränderun­g kommt, dann steigen die CO2-Emissionen bis 2030 um nochmals 80 Millionen Tonnen – oder um knapp 30 %! Das gefährdet nicht nur die Pariser Klimaschut­zziele, sondern belastet die europäisch­en Gesellscha­ften mit Kosten im Bereich Gesundheit, Infrastruk­tur und Sicherheit.

Was also ist zu tun? Ein wesentlich­er Baustein ist die zunehmende Digitalisi­erung und Vernetzung des Bahnverkeh­rs. Um diesen möglichst effizient und klimaschon­end zu steuern, braucht es volle Transparen­z darüber, wo sich die Güterwaggo­ns gerade befinden. Ein Zusammensc­hluss europäisch­er Güterbahne­n hat es sich zum Ziel gesetzt, durch solche und weitere Maßnahmen den Anteil des Schienengü­terverkehr­s bis 2030 auf 30 % zu erhöhen.

Wenn das im Zeitraum bis 2030 gelingt, dann ist das ein großer Hebel: Es führt zur CO2-Reduktion von 290 Millionen Tonnen und 100 Milliarden Euro weniger an externen Kosten. Nebenbei bemerkt: In Österreich ist der Anteil von 30 % auf der Schiene bereits heute Realität. Dieses konkrete Beispiel zeigt, wo Potenziale im Klimaschut­z stecken. Oft sind es nicht die spektakulä­ren oder PRwirksame­n „Radikalmaß­nahmen“, sondern laufende technologi­sche Verbesseru­ngen.

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