IS steht hinter Anschlag auf Hochzeitsfeier
Nicht nur im Tankerstreit hat der Iran bekommen, was er wollte. Die USA dagegen haben ihre Ziele bis jetzt verfehlt.
Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hat sich zu einem blutigen Anschlag in einer Hochzeitshalle in der afghanischen Hauptstadt Kabul am Samstagabend bekannt. In einer über das Internet verbreiteten Nachricht hieß es, ein Selbstmordattentäter habe bei einer Versammlung von „Häretikern“eine Sprengstoffweste gezündet. Der Angriff war die schwerste tödliche Attacke in Afghanistan seit Jahresbeginn. Offiziellen Angaben zufolge wurden dabei mindestens 63 Menschen getötet und mehr als 180 weitere verletzt. Der Anschlag löste Schock und Wut aus. Unter den Opfern sind auch Frauen und Kinder.
Istanbul. Über dem Öltanker Grace 1 weht jetzt die Flagge Irans. Als die Behörden im britischen Gibraltar nun das Schiff mit zwei Millionen Barrel Öl freigaben, nachdem sie es wochenlang festgehalten hatten, wurde an Bord die bisherige Flagge eingeholt und die der Islamischen Republik gehisst. Umbenannt wurde der Tanker außerdem. Er heißt ab jetzt Adrian Darya. Hektische Versuche der Vereinigten Staaten, den Tanker weiter festzuhalten, wirkten wie ein indirektes Eingeständnis des Scheiterns. Denn der Iran steht als vorläufiger Sieger der jüngsten Eskalationsrunde im Streit mit den USA seit dem Frühjahr fest.
Im Mai hatte die Regierung von US-Präsident Donald Trump die Ausnahmegenehmigungen für Länder wie China beim Kauf von iranischem Öl beendet und damit die Sanktionen gegen den Iran verschärft. Trump will die Iraner mit einer Politik des „maximalen Drucks“dazu zwingen, sich strengeren Vorgaben für ihr Atomprogramm zu unterwerfen und ihre aggressive Nahostpolitik aufzugeben. Deshalb verlegte Trump zusätzliche Marine- und Luftwaffeneinheiten an den Golf. Hardliner wie Sicherheitsberater John Bolton sahen ihre Stunde gekommen. Das Wort vom Regimewechsel machte die Runde.
Verunsicherte US-Verbündete
Doch Trumps Politik blieb bisher ohne durchschlagenden Erfolg. Zwar sind die iranischen Ölexporte stark zurückgegangen. Doch kompromissbereiter ist der Iran nicht geworden – im Gegenteil. Mit nadelstichartigen Angriffen auf Öltanker im Golf und verstärkten Drohnenattacken der verbündeten Huthis im Jemen auf Saudiarabien machte Teheran deutlich, dass eine militärische Eskalation für den Westen und für die USPartner in Nahost einen hohen Preis haben würde.
Eine riskante, aber wirksame Taktik. Bei Trump kam die Botschaft jedenfalls an. Einen Militärschlag gegen Teheran blies der USPräsident im Juni in letzter Minute ab. Mit dem Rückzieher verunsicherte der Präsident einige USVerbündete: Sie kamen zu dem Schluss, dass sie sich im Fall des Falles nicht unbedingt auf Trump verlassen können, wenn der Iran zum Beispiel mit Raketen angreifen sollte.
Auch der US-Plan für einen internationalen Marineverband zum Schutz der Schifffahrt im Golf kommt nicht von der Stelle. Amerika sollte die Region am besten einfach in Ruhe lassen, ätzte der iranische Außenminister Mohammed Jawad Zarif in einem Interview mit al-Jazeera.
Intensive Verhandlungen
Die Vereinigten Arabischen Emirate bemühen sich bereits seit einiger Zeit um eine Iran-freundlichere Politik und wollen zudem ihre Truppen aus dem Jemen abziehen, was Teheran ebenfalls freuen dürfte. Länder wie Oman oder der Irak wollten sich von Anfang an nicht in Trumps Anti-Iran-Front einreihen.
Mit absichtlichen Verletzungen des internationalen Atomabkommens wertete sich der Iran gleichzeitig auf internationaler Bühne auf – zumindest Europa verhandelt so intensiv mit Teheran wie schon lang nicht mehr. Der französische Präsident Emmanuel Macron hat sich persönlich als Vermittler zwischen Teheran und Washington eingeschaltet. Drei Monate nach Beginn der jüngsten Krise betreibt der Iran eine höhere Urananreicherung als im Atomvertrag vorgesehen, ohne dass er dafür Strafmaßnahmen der Europäer zu erwarten hätte.
Auch hat die Wirtschaftskrise, die sich durch den „maximalen Druck“der USA täglich verschärft, dem Regime in Teheran bisher nichts anhaben können. Die Vorstellung von Iran-Gegnern wie Bolton, die Iraner würden sich unter dem Druck der Krise gegen das Mullah-Regime erheben, ist wohl Wunschdenken.
Hilfe für die Extremisten
Für regionalpolitische Zurückhaltung sieht der Iran ebenfalls keinen Grund. Trump will erreichen, dass Teheran aufhört, Gruppen wie die Huthis im Jemen oder die Hisbollah im Libanon zu unterstützen. Wie als Antwort auf diese Forderung empfing Revolutionsführer Ajatollah Ali Khamenei kürzlich eine Delegation der radikalislamischen Hamas aus Gaza – und sagte den Extremisten eine Aufstockung der finanziellen Hilfe aus Teheran auf 30 Millionen Dollar im Monat zu.