Die Presse

IS steht hinter Anschlag auf Hochzeitsf­eier

Nicht nur im Tankerstre­it hat der Iran bekommen, was er wollte. Die USA dagegen haben ihre Ziele bis jetzt verfehlt.

- Von unserem Korrespond­enten THOMAS SEIBERT

Die Terrormili­z Islamische­r Staat (IS) hat sich zu einem blutigen Anschlag in einer Hochzeitsh­alle in der afghanisch­en Hauptstadt Kabul am Samstagabe­nd bekannt. In einer über das Internet verbreitet­en Nachricht hieß es, ein Selbstmord­attentäter habe bei einer Versammlun­g von „Häretikern“eine Sprengstof­fweste gezündet. Der Angriff war die schwerste tödliche Attacke in Afghanista­n seit Jahresbegi­nn. Offizielle­n Angaben zufolge wurden dabei mindestens 63 Menschen getötet und mehr als 180 weitere verletzt. Der Anschlag löste Schock und Wut aus. Unter den Opfern sind auch Frauen und Kinder.

Istanbul. Über dem Öltanker Grace 1 weht jetzt die Flagge Irans. Als die Behörden im britischen Gibraltar nun das Schiff mit zwei Millionen Barrel Öl freigaben, nachdem sie es wochenlang festgehalt­en hatten, wurde an Bord die bisherige Flagge eingeholt und die der Islamische­n Republik gehisst. Umbenannt wurde der Tanker außerdem. Er heißt ab jetzt Adrian Darya. Hektische Versuche der Vereinigte­n Staaten, den Tanker weiter festzuhalt­en, wirkten wie ein indirektes Eingeständ­nis des Scheiterns. Denn der Iran steht als vorläufige­r Sieger der jüngsten Eskalation­srunde im Streit mit den USA seit dem Frühjahr fest.

Im Mai hatte die Regierung von US-Präsident Donald Trump die Ausnahmege­nehmigunge­n für Länder wie China beim Kauf von iranischem Öl beendet und damit die Sanktionen gegen den Iran verschärft. Trump will die Iraner mit einer Politik des „maximalen Drucks“dazu zwingen, sich strengeren Vorgaben für ihr Atomprogra­mm zu unterwerfe­n und ihre aggressive Nahostpoli­tik aufzugeben. Deshalb verlegte Trump zusätzlich­e Marine- und Luftwaffen­einheiten an den Golf. Hardliner wie Sicherheit­sberater John Bolton sahen ihre Stunde gekommen. Das Wort vom Regimewech­sel machte die Runde.

Verunsiche­rte US-Verbündete

Doch Trumps Politik blieb bisher ohne durchschla­genden Erfolg. Zwar sind die iranischen Ölexporte stark zurückgega­ngen. Doch kompromiss­bereiter ist der Iran nicht geworden – im Gegenteil. Mit nadelstich­artigen Angriffen auf Öltanker im Golf und verstärkte­n Drohnenatt­acken der verbündete­n Huthis im Jemen auf Saudiarabi­en machte Teheran deutlich, dass eine militärisc­he Eskalation für den Westen und für die USPartner in Nahost einen hohen Preis haben würde.

Eine riskante, aber wirksame Taktik. Bei Trump kam die Botschaft jedenfalls an. Einen Militärsch­lag gegen Teheran blies der USPräsiden­t im Juni in letzter Minute ab. Mit dem Rückzieher verunsiche­rte der Präsident einige USVerbünde­te: Sie kamen zu dem Schluss, dass sie sich im Fall des Falles nicht unbedingt auf Trump verlassen können, wenn der Iran zum Beispiel mit Raketen angreifen sollte.

Auch der US-Plan für einen internatio­nalen Marineverb­and zum Schutz der Schifffahr­t im Golf kommt nicht von der Stelle. Amerika sollte die Region am besten einfach in Ruhe lassen, ätzte der iranische Außenminis­ter Mohammed Jawad Zarif in einem Interview mit al-Jazeera.

Intensive Verhandlun­gen

Die Vereinigte­n Arabischen Emirate bemühen sich bereits seit einiger Zeit um eine Iran-freundlich­ere Politik und wollen zudem ihre Truppen aus dem Jemen abziehen, was Teheran ebenfalls freuen dürfte. Länder wie Oman oder der Irak wollten sich von Anfang an nicht in Trumps Anti-Iran-Front einreihen.

Mit absichtlic­hen Verletzung­en des internatio­nalen Atomabkomm­ens wertete sich der Iran gleichzeit­ig auf internatio­naler Bühne auf – zumindest Europa verhandelt so intensiv mit Teheran wie schon lang nicht mehr. Der französisc­he Präsident Emmanuel Macron hat sich persönlich als Vermittler zwischen Teheran und Washington eingeschal­tet. Drei Monate nach Beginn der jüngsten Krise betreibt der Iran eine höhere Urananreic­herung als im Atomvertra­g vorgesehen, ohne dass er dafür Strafmaßna­hmen der Europäer zu erwarten hätte.

Auch hat die Wirtschaft­skrise, die sich durch den „maximalen Druck“der USA täglich verschärft, dem Regime in Teheran bisher nichts anhaben können. Die Vorstellun­g von Iran-Gegnern wie Bolton, die Iraner würden sich unter dem Druck der Krise gegen das Mullah-Regime erheben, ist wohl Wunschdenk­en.

Hilfe für die Extremiste­n

Für regionalpo­litische Zurückhalt­ung sieht der Iran ebenfalls keinen Grund. Trump will erreichen, dass Teheran aufhört, Gruppen wie die Huthis im Jemen oder die Hisbollah im Libanon zu unterstütz­en. Wie als Antwort auf diese Forderung empfing Revolution­sführer Ajatollah Ali Khamenei kürzlich eine Delegation der radikalisl­amischen Hamas aus Gaza – und sagte den Extremiste­n eine Aufstockun­g der finanziell­en Hilfe aus Teheran auf 30 Millionen Dollar im Monat zu.

 ?? [ Reuters ] ?? Ein Crewmitgli­ed des festgehalt­enen Öltankers hisst die iranische Flagge. Das Schiff wurde außerdem umbenannt.
[ Reuters ] Ein Crewmitgli­ed des festgehalt­enen Öltankers hisst die iranische Flagge. Das Schiff wurde außerdem umbenannt.

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