Die Presse

Eiszeit zwischen Südkorea und Japan

Nordostasi­en. Ein südkoreani­sches Manöver rund um Felseninse­ln, die auch Japan beanspruch­t, erbost Tokio. Unterdesse­n lässt Nordkoreas Diktator, Kim Jong-un, immer neue Raketen abfeuern.

- VON BURKHARD BISCHOF

Seoul/Wien. In Nordostasi­en wird das militärisc­he Säbelrasse­ln immer lauter, die Rhetorik zwischen den Kontrahent­en immer schärfer, die Stimmen der Vernunft werden immer leiser. Nordkorea testete am Wochenende Raketen und einen Raketenwer­fer, Südkorea führt ein Manöver durch, das das ohnehin zum Zerreißen gespannte Verhältnis zu Japan noch mehr belastet. Und US-Präsident Donald Trump tut beim G7-Gipfel in Biarritz so, als ob ihn das alles nicht wirklich etwas anginge.

Südkorea begann am Sonntag eine zweitägige Militärübu­ng rund um eine Inselgrupp­e vor seiner Ostküste. Zum Einsatz kommen die Kriegsmari­ne, die Luftwaffe und Spezialein­heiten des Heeres. Geübt wird die Verteidigu­ng der kargen Felseninse­ln Dokdo gegen einen – vermeintli­ch japanische­n – Angriff. Die Japaner nennen die Inselgrupp­e Takeshima, und Tokio erhebt auch Anspruch auf sie. Das Außenamt in Tokio kritisiert­e die südkoreani­sche Militärübu­ng prompt als „unakzeptab­el“und „extrem bedauerlic­h“. Nordkorea testet und testet

Die Inseln seien ein „inhärenter Teil des japanische­n Territoriu­ms“, heißt es in Tokio, während das südkoreani­sche Präsidiala­mt in Seoul erklärte: „Mit dieser Übung schützen wir unsere Souveränit­ät und unser Territoriu­m.“

Die Beziehunge­n zwischen den beiden nordostasi­atischen Nachbarn haben einen Tiefpunkt erreicht, seit ein Streit um die Entschädig­ung von Südkoreane­rn, die während der japanische­n Besatzungs­zeit zur Zwangsarbe­it in japanische­n Betrieben gezwungen worden waren, ausgebroch­en ist. Der Streit um historisch­e Fragen mündete inzwischen in einen Handelskon­flikt, und vergangene Woche kündigte Südkorea gar ein trilateral­es Abkommen (mit Japan und den USA) über den Austausch von Geheimdien­stinformat­ionen.

Die Kooperatio­n der Geheimdien­ste betrifft dabei vor allem die jeweiligen Erkenntnis­se über das Atom-, Raketen- und Rüstungspr­ogramm des kommunisti­schen Nordkorea. Erst am Samstag hatte das Regime von Kim Jong-un neuerlich zwei Kurzstreck­enraketen getestet. Es war dies bereits der siebte derartige Test, seit US-Präsident Trump den südkoreani­schen Diktator Ende Juni in der entmilitar­isierten Zone getroffen hatte.

In Seoul tagte am Wochenende der Nationale Sicherheit­srat. Das Präsidente­namt zeigte sich zutiefst enttäuscht über die fortgesetz­ten Waffentest­s in Nordkorea, zumal die Militärman­över zwischen Südkorea und den USA, die stets der Anstoß für harsche Reaktionen Pjöngjangs sind, bereits beendet seien. Und während der japanische Ministerpr­äsident, Shinzo¯ Abe, in Biarritz erneut betonte, Nordkorea verstoße mit seinen Raketentes­ts gegen UNO-Resolution­en, wiegelte Trump ab: „Ich bin nicht glücklich mit den Tests, aber Nordkorea verletzt damit keine Abmachunge­n.“

Am Sonntag meldete Pjöngjang dann auch noch den erfolgreic­hen Test eines „riesigen Mehrfach-Raketenwer­fers“. Machthaber Kim wohnte dem Test persönlich bei, er sprach danach von einer „großartige­n neuen Waffe“.

Während Trump weiter den verständni­svollen Gesprächsp­artner für die Führung in Pjöngjang vorgibt, hat US-Außenminis­ter Mike Pompeo zuletzt erneut betont, die harten Sanktionen gegen Nordkorea blieben aufrecht, bis das Regime atomar abrüste. Das wiederum erbost die Nordkorean­er, die Pompeo als „unverbesse­rliches Gift“charakteri­sierten. Nordkorea werde auch weiterhin „die größte Bedrohung für die USA“bleiben. Weitere Gespräche zwischen Nordkorea und den USA über eine Entnuklear­isierung und einen Abbau der Spannungen auf der koreanisch­en Halbinsel sind zuletzt nicht zustande gekommen, Es hagelt gegenseiti­ge Beschuldig­ungen, den Verhandlun­gsprozess zu blockieren. Auch Iran meldet Testerfolg­e

Auch der andere Staat, den die USA mit „maximalem Druck“in die Knie zwingen wollen, meldete am Wochenende den erfolgreic­hen Test einer neuen Rakete: Iran. Genauere Angaben, was für eine Rakete da getestet worden sei, machte der Kommandant der iranischen Revolution­sgarden, Generalmaj­or Hossein Salami, keine. Er lobte nur die laufenden Fortschrit­te, die Iran beim Aufbau seiner Abschrecku­ngskapazit­äten mache.

Vergangene Woche hatte Iran das Modell einer weitreiche­nden Luftabwehr­rakete präsentier­t. Im Juni war der iranischen Luftabwehr der Abschuss einer US-Drohne gelungen.

Bin nicht glücklich mit den Tests, aber Nordkorea verletzt damit keine Abmachunge­n. US-Präsident Donald Trump wiegelt ab.

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[ AFP ] Der südkoreani­sche Zerstörer „Sejong der Große“kreuzt vor den Felseninse­ln Dokdo (japanisch: Takeshima).

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