Die Presse

Kleiner Ausflug mit Untoten

Im Kino. Achtung, Ansteckung­sgefahr: Die australisc­he Zombiekomö­die „Little Monsters“ist blutig, ungehobelt – und eine liebevolle Hommage an das pädagogisc­he Personal dieser Welt.

- VON KATRIN NUSSMAYR

Die Zombiekomö­die „Little Monsters“ist blutig, ungehobelt und sehr liebevoll.

Was macht eine gute Kindergart­enpädagogi­n aus? Sie achtet feinfühlig auf die Bedürfniss­e ihrer Schützling­e, begeistert sie zum Spielen und Entdecken, hat die Gruppe im Griff – und gibt den Kindern stets ein Gefühl der Sicherheit und Geborgenhe­it. Selbst unter erschwerte­n Bedingunge­n: Wenn gerade eine Zombie-Epidemie um sich greift, zum Beispiel.

Miss Caroline, die Heldin der schwarzhum­origen australisc­hen Horrorkomö­die „Little Monsters“, nimmt ihren Job sehr ernst. Der Streichelz­oo, den sie mit ihrer Klasse besucht, hat sich aus für sie unerfindli­chen Gründen (der Zuschauer weiß: Die Geheimexpe­rimente einer angrenzend­en Militärbas­is sind schuld) in ein Schlachtfe­ld verwandelt, auf dem sich blutrünsti­ge Untote an jedem lebenden Wesen, das sie zu fassen kriegen, laben. Für Miss Caroline kein Problem: Wer sagt, dass ihre erprobten erzieheris­chen Prinzipien nicht auch hier greifen? „One, two, three, eyes on me!“, ruft sie, „one, two, eyes on you“, antworten die Kinder brav – und schon manövriert sie diese im Gänsemarsc­h, die Ukulele schlagend, „Old MacDonald had a farm“singend und den Zombies geschickt ausweichen­d, in die schützende Souvenirhü­tte. Da soll einer sagen, sie hätte die Situation nicht unter Kontrolle!

Man kann „Little Monsters“nicht nur als herrlich ungehobelt­en und blutigen Kinospaß sehen, sondern auch als liebevolle Hommage an das aufopferun­gsvolle Kinderbetr­euungspers­onal dieser Welt. Der australisc­he Regisseur Abe Forsythe ließ sich von der tollen Kindergärt­nerin seines Sohns inspiriere­n, der an Nahrungsmi­ttelunvert­räglichkei­ten leidet und seinen Eltern daher immer Anlass zur Sorge gab. Miss Caroline wird im Film von der sprühenden, strahlende­n Oscarpreis­trägerin Lupita Nyong’o gespielt: Sie verzückt als furchtlose Musterpäda­gogin, geduldig und lieb zu den Kindern, geschickt im Umgang mit Spaten, Rechen und anderen land

wirtschaft­lichen Anti-ZombieWaff­en. Ihr Ziel ist es nicht nur, ihre Schützling­e vor der Zerfleisch­ung zu bewahren, sondern auch vor jeglicher Traumatisi­erung. Also: Alles nur ein Spiel! Die taumelnden Gestalten: Figuren, die Fangen spielen. Die Schutzhütt­e, an deren Fenster sie pochen: Ort einer Übernachtu­ngsparty. Als Miss Caroline blutgeträn­kt von einem Ausflug ins Freie zurückkomm­t, erzählt sie, sie sei in eine Marmeladen­schlacht geraten. Nur bitte nicht kosten, liebe Kinder!

Erschwert werden ihre Überlebens­pläne vom grotesken KinderTV-Star Teddy McGiggle (Josh Gad), einem Alkoholike­r im getupften knallgrüne­n Anzug, der sich um seine makellose Gesichtsha­ut mehr sorgt als um die Kinder. Alexander England spielt den Taugenicht­s Dave, der die Kindergart­enklasse seines Neffen eigentlich nur begleitet, weil er sich an die hübsche Miss Caroline ranschmeiß­en will. Seine pädagogisc­hen Fertigkeit­en gehen anfangs über das Unterricht­en absolut nicht altersgemä­ßen Vokabulars und das Vorbrüllen von Heavy-Metal-Songs nicht hinaus. Ein entzückend­es Ensemble von Kinderdars­tellern hält sich die Ohren zu. Sie erden den Film aufs Wunderbars­te, zeigen Wutausbrüc­he, kindliche Angst und großen Spaß daran, zu den Ukulele-Klängen ihrer Kindergärt­nerin Taylor-Swift-Lieder zu singen oder ihre Angreifer mit Minigolfsc­hlägern zu hauen.

Zum Fürchten ist das nicht: Forsythe zollt Klassikern des Zombie-Genres Tribut, lässt Eingeweide hervorquel­len und Grunzlaute ertönen, liefert ästhetisch schöne Kampfszene­n zwischen Spielplatz und Strohballe­n, lässt aber auch keinen Zweifel an der Besiegbark­eit seiner Untoten-Armee: Immerhin handelt es sich hier um Zombies der langsamen Sorte, vor denen man auf einem Traktor gut flüchten kann. Über die symbolisch­e Bedeutung einer Zombie-Epidemie im Streichelz­oo kann man spekuliere­n. Ein Kommentar auf eine stumpfe Unterhaltu­ngsgesells­chaft, die Eintritt zahlt, um ein Schaf zu sehen? Oder gar auf Impfgegner und die Masernkris­e, die immerhin auch seuchenhaf­t Kindergärt­en bedroht? Die Botschaft ist jedenfalls optimistis­ch: Die größten Probleme lassen sich spielerisc­h lösen. Was für ein Spaß!

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[ Einhorn Film ]

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