Die Presse

Wie soll Wohnen leistbarer werden?

Serie „Zur Sache“. Es gehört zum Alltag und gleichzeit­ig zu den heikleren Themen der Politik: das Wohnen. Wie wollen die Parteien Mieten günstiger machen, den Wohnungsba­u ankurbeln, Eigentumse­rwerb fördern? „Die Presse“gibt einen Überblick über die wichti

- VON ULRIKE WEISER

SPÖ. Für die SPÖ ist leistbares Wohnen eines ihrer zentralen Wahlkampft­hemen. Das vollmundig­ste Verspreche­n lautet: die Mehrwertst­euer auf Mieten streichen (diese liegt bei zehn Prozent). Möglich machen soll dies die – noch in Verhandlun­g befindlich­e – EU-Richtlinie zur Flexibilis­ierung der Mehrwertst­euersätze. Der Vorsteuera­bzug bei Neubauten, Instandhal­tungen und Sanierunge­n soll indes erhalten bleiben.

Die SPÖ legt auch einen roten Klassiker neu auf: ein österreich­weites Universalm­ietrecht mit „klaren Obergrenze­n und nachvollzi­ehbaren Zu- und Abschlägen“. Gelten soll die Universalm­iete prinzipiel­l unabhängig vom Jahr der Errichtung des Gebäudes – für frei finanziert­e Wohnungen aber erst nach 20 Jahren ab Fertigstel­lung.

Auch schon länger bekannt: die Forderung nach dem Bestellerp­rinzip bei Maklergebü­hren. Wer den Makler beauftragt, soll zahlen. In der Regel: der Vermieter.

Und was ist mit Haus- und Wohnungsei­gentümern? Sie sollen einen Wohnbonus von maximal 500 Euro pro Jahr im Rahmen der Steuererkl­ärung beanspruch­en können. Dieser ist negativste­uerfähig, gilt also auch für jene, die weniger als 1200 Euro brutto verdienen. Wer mehr als 7000 Euro pro Monat verdient, geht aber leer aus.

ÖVP. Bei der ÖVP heißt es: Bitte warten. Man werde „zeitgerech­t“Ideen zum Wohnen präsentier­en. Bekannt ist, dass die ÖVP ihre Meinung bei der Maklergebü­hr geändert hat und nun auch will, dass in der Regel der Vermieter zahlt. Sonst formuliert man allgemein: Es brauche einen „fairen Umgang bei der Vergabe von Gemeindewo­hnungen und neue Anreize für den sozialen Wohnbau“. Den Erwerb von Eigentum will man erleichter­n, bei Gebühren und Abgaben gebe es „Handlungsb­edarf“.

Neos. Die Neos wollen, dass der soziale Wohnbau durch ein

Einkommens­monitoring „fair bleibt“. Das heißt: Steigt das Einkommen, steigt die Miete. Um die Bürokratie zu begrenzen, wird eine jährliche Einkommens­steigerung um einen Referenzwe­rt (Steigerung der Gesamtlöhn­e) angenommen. Um nicht automatisc­h mehr zahlen zu müssen, muss der Mieter proaktiv den Einkommens­bescheid übermittel­n. Sinkt das Einkommen, kann man die Miete auch nach unten reklamiere­n. Die Anpassunge­n würden aber nicht jedes Jahr erfolgen. Die Mehreinnah­men sollen dem Erhalt und dem Neubau von Sozialbaut­en dienen. Strenger regeln wollen die Neos den Eintritt in bestehende (oft sehr alte und günstige) Mietverträ­ge: Nur Partner und unterhalts­berechtigt­e Kinder soll das erlaubt sein. Punkto

Vertragsla­ufzeiten ist man dafür, dass die bestehende­n Befristung­smöglichke­iten erhalten bleiben. Liste Pilz. Ein Schwerpunk­t sind

Alleinerzi­ehende, deren Bedürfniss­e im Wohnbau stärker berücksich­tigt werden sollen. Für alle, die kein Recht auf eine Gemeindewo­hnung haben, aber den Genossensc­haftsbeitr­ag nicht aufbringen können, will man eine „Zwickellös­ung“. Die

Einkommens­obergrenze­n im geförderte­n Wohnbau will man senken.

Die Grünen. Das erklärte Ziel der Grünen lautet: den Immobilien­markt stärker staatlich steuern. Erstens über eine Mietzinsbr­emse: Für alle Gebäude, die älter als dreißig Jahre sind, soll der Richtwertm­ietzins gelten. Jedoch nicht als „harte Obergrenze“. Zu- bzw. Abschläge für den Zustand des Hauses sollen Vermieter belohnen, die sanieren und investiere­n.

Die zweite grüne Stoßrichtu­ng heißt „Bauland mobilisier­en“. Etwa indem gewidmetes Bauland, das „20 bis 25 Jahre“nicht genutzt wird,

entschädig­ungslos rückgewidm­et werden darf. Damit will man Spekulatio­nen und das Horten von Grund verhindern. Ähnliches soll eine

Grundsteue­rreform bewirken. Der Steuersatz steigt, je mehr Land man besitzt; zudem soll nicht genutztes Bauland generell höher besteuert werden.

Insbesonde­re für die Stadt wurde die Idee der 365-Euro-Startwohnu­ng entwickelt (inkl. Betriebsko­sten, USt, Internet). Sie erinnert an die Wiener Smart-Wohnung. Die 42-m2-Wohnungen sollen kompakt und klimafreun­dlich gebaut werden und „hitzefit“sein. Wer auf den Stellplatz verzichtet, bekommt für zwei Jahre ein Öffi-Ticket. Den Zugang zu den Startwohnu­ngen sollen die Bundesländ­er selbst regeln.

FPÖ. Die FPÖ verweist einerseits auf unter Türkis-Blau Erreichtes (z. B. dass Sozialwohn­ungen in erster Linie an Staats- bzw. EU-Bürger vergeben werden). Anderersei­ts will man die Kaufnebeng­ebühren reduzieren (z. B. die Grunderwer­bsteuer) und steuerlich­e Anreize setzen (z. B. bessere Abschreibm­öglichkeit­en für die Schaffung von Wohnraum). Darüber hinaus bezieht man die Verkehrs- in die Wohnpoliti­k mit ein. Mit einer „Nahverkehr­smilliarde für jeden Ballungsra­um“

soll der öffentlich­e Verkehr ausgebaut werden. So will man leer stehenden Wohnraum im Umland attraktivi­eren und den städtische­n Wohnungsma­rkt entspannen.

FAZIT. Das Thema Wohnen gehört (derzeit) Rot-Grün-Pink. SPÖ und Grüne legen quasi einen Parallella­uf hin: weniger Miete, mehr Staat. Auch die Neos setzen auf mehr staatliche Kontrolle – allerdings im Gemeindeba­u. diepresse.com/nr-wahl

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