Die Presse

Was Merz der CDU empfiehlt

Alpbach. Der Beinahe-CDU-Chef Friedrich Merz rät seiner Partei, Wertkonser­vative anzusprech­en, um AfD-Wähler wieder zurückzuho­len.

- VON RAINER NOWAK

Wenn schon die meisten ÖVP-Politiker heuer mit ihrer Teilnahme am Europäisch­en Forum Alpbach wahlkampfb­edingt auslassen, müssen die deutschen Konservati­ven ran. Karl-Theodor zu Guttenberg war gerade bei den Wirtschaft­sgespräche­n, am Donnerstag kam Friedrich Merz auf Einladung von Niederöste­rreichs Landeshaup­tfrau, Johanna Mikl-Leitner, ins Tiroler Bergdorf. Und formuliert­e beim Hintergrun­dgespräch mit österreich­ischen Journalist­en seine Positionen unverblümt. Er lobte Sebastian Kurz und widmete sich der Frage, wie eine christlich­soziale Partei mit der Konkurrenz vom rechten Rand umgehen soll.

Nicht nur im Osten, auch im Westen flögen Wähler der AfD zu. „Bei der jüngsten Bundestags­wahl verlor die Union eine Million, die SPD 500.000 Wähler an die AfD“, rechnet er vor. „Man hat es verabsäumt, wertkonser­vative Wähler anzusprech­en. Man kann sie aber von der AfD zurückhole­n. Die Union muss einmal auch das Thema Nation ansprechen. Wir dürfen die deutsche Nationalfl­agge nicht der AfD überlassen, während man die Fahnen bei anderen öffentlich­en Veranstalt­ungen verbietet.“Setze sich die AfD fest, würde das eine starke, europäisch ausgericht­ete deutsche Regierung erschweren. Siehe Österreich.

Merz fährt eine andere Linie als Annegret Kramp-Karrenbaue­r, die ihn im Dezember mit 517 zu 481 Stimmen auf dem CDUParteit­ag in der Entscheidu­ng um die Nachfolge von Angela Merkel schlug. Ob AKK Kanzlerin könne, wird Merz gefragt. Der einstige Fraktionsc­hefs elegant und kühl: „Jeder CDU-Chef kann das.“Nachsatz: Im konkreten Fall werde man das noch alles sehen. Hart geht Merz mit der Nullzinspo­litik der EZB ins Gericht: Der Befund, dass es sich dabei quasi um Enteignung von Sparguthab­en zugunsten verschulde­ter Staaten handle, sei zutreffend. Er empfehle auf jeden Fall, auch noch so geringe Vermögen an Börsen zu veranlagen: In Zehnjahres­fristen habe sich das gerechnet. Der Mann arbeitet auch bei der Fondsgesel­lschaft Black Rock.

Merz zur neuen geostrateg­ischen Situation Deutschlan­ds: Mit der „tektonisch­en Machtversc­hiebung, mit dem Ende der Pax Americana, mit der die USA schützend die Hand über Europa gehalten haben“, sei Deutschlan­d gefordert, endlich Leadership zu zeigen – auch militärisc­h. Österreich und der mutmaßlich­e Baldwieder­kanzler Kurz seien als Brückenbau­er in Richtung Osteuropa gefragt – wie bei der Kür von Ursula von der Leyen zur EU-Kommission­spräsident­in. Kurz werde in Europa wahrgenomm­en, in Deutschlan­d würde er ihn nicht in der CDU, sondern in der CSU heimisch sehen. Will Merz Kanzler werden? „Im CDU-Team bin ich bereit, eine entscheide­nde Rolle zu spielen.“Klingt mehr nach Ja als nach Nein. Da hat einer definitiv noch nicht aufgegeben.

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