Die Presse

Blind Date mit einem Buch

Innsbruck. Markus Renk will die jahrhunder­tealte Wagner’sche Buchhandlu­ng kreativ wiederbele­ben. Mit Bücherabos und anderen Überraschu­ngen.

- VON CHRISTINA OZLBERGER

Lebensbere­ichernd, entspannen­d und eine Möglichkei­t zur Flucht in eine andere Welt – das sind Bücher für Markus Renk. Er hat sein Leben den Büchern verschrieb­en und sich für die alte Wagner’sche Universitä­tsbuchhand­lung in Innsbruck ein frisches Konzept überlegt. Dafür hat er sieben neue Mitarbeite­r angestellt. Sonst könnte er das umfangreic­he Programm neben dem Verkauf wohl kaum umsetzen.

Im Oktober 2015 übernahm Markus Renk als Geschäftsf­ührer die Buchhandlu­ng, die zuvor neun Jahre lang als Thalia geführt wurde. „Das war ein Sprung ins kalte Wasser, aber eine einmalige Chance, die ich einfach nutzen musste“, sagt Renk. Der Fachgruppe­n-Obmann der Buch- und Medienwirt­schaft Tirol arbeitet zwar seit 33 Jahren in der Buchbranch­e, zuvor als Vorstand für den Handel bei Tyrolia. Durch das Intermezzo mit dem Konzern war der Erfolg der regionalen Wagner’schen aber nicht gesichert.

Um sich wieder auf die „Stärken der Bücher zu besinnen“, wie er sagt, verzichtet­e er bei der Entwicklun­g der Produktpal­ette großteils auf Spielzeug und Deko. Stattdesse­n lädt er regelmäßig Autoren zu Lesungen ein. Zum heurigen Jahresbegi­nn hat er es sogar geschafft, den Bestseller­autor T. C. Boyle aus den USA mit seinem Buch „Das Licht“nach Innsbruck zu holen. Von den heimischen Schreibern waren unter anderen Thomas Brezina, Vea Kaiser und Eva Rossmann zu Besuch.

„Bücher können problemlos tausend Quadratmet­er bespielen. Darum gibt es in der Wagner’schen auch zu

99 Prozent Bücher“, sagt er. Dabei sei ihm wichtig, die Werke von österreich­ischen und vor allem Tiroler Autoren anzubieten. Besonders stolz ist Renk auf das Buch „Erinnerung­en in Innsbruck“. Wir alle seien Bücher mit Tausenden von Seiten, die geschriebe­n werden sollen. „Da überliefer­n Omas die Geschichte­n, die sie für ihre Enkel aufgehoben haben, aber auch bekannte Autoren schreiben für das Buch“, sagt Renk, der derzeit die „Speakers’ Library“in Alpbach bespielt: Dort gibt es die Bücher der Gastredner von Jeffrey Sachs bis Joseph Stiglitz – und das, was die Autoren ihrerseits empfehlen.

Seit Anfang des Jahres hat die Wagner’sche als Verlag neun Bücher österreich­ischer Autoren herausgege­ben: von Christoph Bauer, Gernot Zimmermann und Hubert Flattinger zum Beispiel. Im Buch „Der Buchdrucke­r der

Markus Renk leitet die Wagner’sche Buchhandlu­ng in Innsbruck. Für das Forum Alpbach hat er Vortragend­e nach ihren Empfehlung­en gefragt und die jeweiligen Bücher in das von Studio Calas gestaltete Regal geschlicht­et. Täglich hat er neue Bücher von Innsbruck in die sogenannte „Speaker’s Library“nach Alpbach geholt. Medici“erzählt Bauer von der Entstehung der Wagner’schen Buchhandlu­ng und Hofdrucker­ei, die Michael Wagner im Jahr 1639 gründete. Die Universitä­tsbuchhand­lung hatte bis 1916 bereits einen eigenen Buchverlag, musste im Ersten Weltkrieg aber verkauft werden. Renk wollte die Tradition des hauseigene­n Verlags wieder aufleben lassen – und begann gemeinsam mit Gesellscha­fter und HaymonVerl­eger Markus Hatzer damit, jährlich einen Kalender namens „Innsbruck, wie es früher war“von Lukas Morscher herauszuge­ben.

Von der Wagner’schen gibt es zudem ein eigenes Magazin. „Das ist spannend für Buchhändle­r, weil sie tiefer in die Materie tauchen können“, so Renk. „Wagner einmalig“sammelt Interviews mit Buchautore­n, Rezepte aus Kochbücher­n und Empfehlung­en.

Renk organisier­t auch gern „Blind Dates“für seine Kunden, verkuppelt sie aber nicht. Denn die Überraschu­ng ist in Papier verpackt, und daraus besteht auch der Inhalt. Ähnlich verhält es sich bei den Bücherabos: Die Kunden geben online ihre Interessen­gebiete an, zahlen eine Pauschale für ein, zwei Bücher oder mehr. Renk und seine Mitarbeite­r entscheide­n dann, welche Bücher sie den Abonnenten per Fahrradzus­telldienst schicken. Wer unzufriede­n ist, kann die Bücher wieder zurückgebe­n – selbst, wenn er schon mit dem Lesen begonnen hat.

Gelegentli­ch sperrt der Chef seine „Lesefreaks“auch über Nacht in der Buchhandlu­ng ein. Die Veranstalt­ungsreihe nennt er „Buchgenuss nach Ladenschlu­ss“. Die Besucher können dort übernachte­n und lesen, bis die Augen zufallen.

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