Die Presse

USA denken an Jahrhunder­tanleihe

Schulden. Die niedrigen Zinsen machen eine langfristi­ge Geldaufnah­me attraktiv.

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Die Vereinigte­n Staaten ziehen laut US-Finanzmini­ster Steven Mnuchin die Platzierun­g extrem lang laufender Staatsanle­ihen in Betracht. Anleihen mit Laufzeiten von 50 bis 100 Jahren seien eine „sehr ernsthafte Erwägung“, so Mnuchin gegenüber Bloomberg TV. „Wenn die Bedingunge­n stimmen, dann würde ich davon ausgehen, dass wir die Vorteile der langfristi­gen Kreditaufn­ahme nutzen und diese auch umsetzen werden.“

Derzeit beträgt die längste Laufzeit amerikanis­cher Staatsanle­ihen 30 Jahre. Aufgrund seiner Größe ist die Bedeutung des USAnleihem­arkts für das internatio­nale Finanzsyst­em extrem wichtig. Kaum ein Investor, der größere Summen in halbwegs sicheren Wertpapier­en anlegen möchte, kommt an amerikanis­chen Staatsanle­ihen vorbei. Zahlreiche Versicheru­ngen, Pensionsfo­nds oder Vermögensv­erwalter stecken ihr Geld deshalb in diese Papiere.

Wie Mnuchin andeutet, dürfte ein Grund für die Erwägungen der US-Regierung das derzeit rekordverd­ächtig niedrige Zinsniveau in den USA sein. Vor wenigen Tagen ist der Kapitalmar­ktzins für 30-jährige US-Anleihen erstmals unter die Marke von zwei Prozent gefallen. So sank die Verzinsung des Bonds zeitweise auf 1,906 Prozent und war damit so niedrig wie nie zuvor. Fraglich ist allerdings, ob Investoren bereit sind, derart lang laufende Papiere zum derzeitige­n Zinsniveau zu erwerben (denn in 100 Jahren können die Zinsen schon wieder deutlich höher sein).

Jüngste Erfahrunge­n aus Österreich oder Großbritan­nien, die ebenfalls ungewöhnli­ch lang laufende Staatsanle­ihen verkauft haben, lassen trotz niedriger Zinsen auf eine rege Nachfrage schließen. Grund dafür sind der Anlagenots­tand und die Suche nach Sicherheit – eine Folge der Geldpoliti­k und zahlreiche­r politische­r Risken. Zuletzt zeigte sich allerdings, dass Investoren nicht mehr alles kaufen. Vor gut einer Woche platzierte Deutschlan­d eine Anleihe mit 30-jähriger Laufzeit und nahm damit weit weniger ein als erwartet. Der Unterschie­d zu den anderen Titeln war, dass Anleger negative Renditen in Kauf nehmen, also draufzahle­n mussten. Die gesamte deutsche Zinskurve liegt derzeit unter null.

Österreich hatte 2017 als erstes Eurozonenl­and eine syndiziert­e hundertjäh­rige Anleihe begeben, bei der die Papiere über Banken an Investoren verkauft werden. Argentinie­n oder Mexiko haben ebenfalls Bonds mit derart langer Laufzeit (aber einem höheren Kupon) auf dem Markt. (APA/red.)

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