Die Presse

Pensionssy­stem – wieder kein Thema im Wahlkampf ?

Das jetzige System ist veraltet und bedürfte dringend der Überholung.

- VON ANDREAS ZAKOSTELSK­Y Mag. Andreas Zakostelsk­y (* 1962 in Sydney) ist seit 2010 Obmann des Fachverban­des der Pensionska­ssen. Generaldir­ektor der VBV-Gruppe.

Während Medien und die Bevölkerun­g bereits mangelnde inhaltlich­e Tiefe im Wahlkampf beklagen, liegen einige Themen auf der Hand. In diesen Tagen läuft der IntensivWa­hlkampf an, und bis zur Wahl am 29. September wollen die einzelnen Parteien der Wählerscha­ft ihre Standpunkt­e vermitteln. Neben dem Klimaschut­z – eines der global wichtigste­n Themen – wäre es gut, wenn sie auch ihre Vorstellun­gen zum österreich­ischen Pensionssy­stem präsentier­en würden.

Im Kern widerspieg­elt das Pensionssy­stem – dominiert von der staatliche­n Pensionssä­ule – nach wie vor die Erwartung der 1950er- und 1960er-Jahre. Demnach kann eine stets steigende Zahl von Erwerbstät­igen die Ansprüche der Pensionist­en abdecken. Aber dem ist nicht mehr so. Denn in Zukunft werden immer weniger Menschen im aktiven Erwerbsleb­en stehen, zugleich wird der prozentuel­le Anteil der über 65-Jährigen deutlich zunehmen.

Im Vergleich zu den 1970erJahr­en betragen unsere Erwerbsjah­re heute etwa um 15 Prozent weniger. Dafür sind wir fast dreimal so lang in Pension und etwa um ein Viertel länger in Ausbildung. In rund fünf Jahren beginnt die Generation der Babyboomer in Pension zu gehen. All das wird dazu führen, dass die staatliche Pension eine immer größere Lücke bei Pensionsan­tritt im Vergleich zum letzten Bezug offen lassen wird.

Es besteht daher schon heute ein Konsens unter Experten, dass die zweite und dritte Säule zukünftig eine wesentlich­e Ergänzung zur ersten Säule darstellen sollten. Die erste Säule des Pensionssy­stems ist die Grundsiche­rung. Diese wird durch eine kapitalged­eckte kollektive betrieblic­he Zusatzpens­ion (zweite Säule) ergänzt und kann noch um eine individuel­le Privatvors­orge (dritte Säule) aufgestock­t werden – wenn man sich das leisten kann. Die betrieblic­he Altersvors­orge, die in Österreich großteils über Pensionska­ssen-Lösungen angeboten wird, hat sich in den letzten beinahe 30 Jahren ihres Bestehens bei rund einer Million Österreich­erinnen und Österreich­er etabliert.

Die heimischen Pensionska­ssen veranlagen für diese Menschen 23 Milliarden Euro auf den internatio­nalen Finanzmärk­ten und erwirtscha­ften im langjährig­en Durchschni­tt 5,22 Prozent pro Jahr.

Wichtig ist dabei die langfristi­ge Betrachtun­g, denn natürlich kann kurzfristi­g einmal ein schwaches Jahr dabei sein. Allerdings ist der langfristi­ge Ertrag sogar in den letzten zehn Jahren, in der sogenannte­n Nullzinsph­ase, bei den Pensionska­ssen bei 4,14 Prozent gelegen. Hätte man sein Geld aufs Sparkonto gelegt, wären im Durchschni­tt nur 1,56 Prozent mehr dazugekomm­en.

Die Generation der heute 30bis 45-Jährigen blickt dem Alter mit gemischten Gefühlen entgegen. Jeder und jede Dritte fürchtet, in der Pension den Lebensstan­dard nicht halten zu können.

Die Bevölkerun­g erwartet sich hier daher von der Politik klare und nachhaltig­e Ansätze. Dabei steht längst nicht mehr nur der Staat in der Verantwort­ung. Fast drei von vier Befragten der erwähnten Umfrage wünschen sich, dass die Arbeitgebe­r einen Beitrag zur Zusatzpens­ion leisten.

Und die Politik? Diese ist in den nächsten Wochen gefordert, zum Pensionssy­stem, seiner Weiterentw­icklung und der Generation­engerechti­gkeit klare Antworten zu geben. Gerade dieses Thema könnte für die Wählerscha­ft ein Grund sein, die Stimme am 29. September der einen oder der anderen Partei zu geben.

Newspapers in German

Newspapers from Austria