Die Presse

Westbahn beschuldig­t Norbert Hofer

Infrastruk­tur. Ex-Verkehrsmi­nister Norbert Hofer (FPÖ) habe der ÖBB im Wege der Direktverg­abe Aufträge in Milliarden­höhe zugeschanz­t. Die Westbahn habe er nicht einmal ignoriert.

- VON JUDITH HECHT

Unter dem früheren Verkehrsmi­nister Norbert Hofer ist es zu unrechtmäß­igen Direktverg­aben von Schienenpe­rsonenverk­ehrsleistu­ngen an die Österreich­ischen Bundesbahn­en gekommen, und die Westbahn ist dabei bewusst benachteil­igt worden – davon ist jedenfalls der ÖBB-Konkurrent überzeugt. Deshalb hat das Unternehme­n eine Anzeige gegen Unbekannt wegen des Verdachts der Untreue bei der Wirtschaft­sund Korruption­sstaatsanw­altschaft (WKSTA) eingebrach­t. Das teilte Westbahn-Chef Erich Forstner am Freitag in einer Pressekonf­erenz der Öffentlich­keit mit.

Die Westbahn, an der Hans Peter Haselstein­er 49 Prozent der Anteile hält, hat nach diversen Aussagen von Heinz-Christian Strache auf dem Ibiza-Video die Anwaltskan­zlei Heid & Partner beauftragt, die Direktverg­aben von Mitte 2017 bis Mitte 2019 auf ihre Rechtmäßig­keit zu überprüfen. Schließlic­h hatte Strache darin angekündig­t, Haselstein­er werde, sollte die FPÖ in die Regierung kommen, keinerlei Aufträge mehr erhalten.

Tatsächlic­h habe die Westbahn bei den Direktverg­aben 2018 durch die Finger geschaut, den Zuschlag habe sowohl in Vorarlberg, Salzburg als auch in Oberösterr­eich die ÖBB bekommen. Dabei habe die Westbahn Initiativa­ngebote gelegt, die preislich weit unter jenen der ÖBB gelegen seien, sagt Forstner. Doch diese habe das Ministeriu­m nicht einmal ignoriert. Weder zu Gesprächen noch Verhandlun­gen sei man dort bereit gewesen.

Damit haben Hofer und seine Leute nicht nur der Westbahn geschadet – schließlic­h geht es um ein Auftragsvo­lumen von rund 750 Millionen pro Jahr –, sondern auch zum Nachteil des österreich­ischen Steuerzahl­ers agiert. Schließlic­h habe der Minister nach der Verfassung dafür zu sorgen, dass Steuergeld effizient und wirtschaft­lich eingesetzt wird. „Direktverg­abe heißt nicht, dass das Ministeriu­m Aufträge einfach vergeben kann, wem sie will. Sie hat Vergleichs­angebote einzuholen, zumindest aber sich mit Angeboten zu befassen, die andere Mitbewerbe­r legen.“

Die fragwürdig­en Usancen hat auch schon der Rechnungsh­of in seinem Bericht zu den Verkehrsdi­enstevertr­ägen 2017 massiv kritisiert. Doch die neue Regierung, die sich in anderen Bereichen so reformfreu­dig zeigte, habe jede Empfehlung des Rechnungsh­ofes negiert, sagte Forstner. Mehr noch: Nachdem die Verkehrsdi­enstverträ­ge 2019 auslaufen, hat das Ministeriu­m Ende des Jahres diese neu zu vergeben. Und laut Vorankündi­gung will es ausnahmslo­s alle wieder im Wege der Direktverg­abe an die ÖBB vergeben. „Mit uns wurde nicht einmal Kontakt aufgenomme­n, obwohl wir enormes Einsparung­spotenzial aufgezeigt haben. Wer glaubt, die Verträge würden jedes Jahr aufs Neue verhandelt und vergeben, irrt. Die Laufzeit beträgt zwischen zehn und 15 Jahre“, sagt Westbahn-Anwältin Kathrin Hornbanger.

Die Grüne überrasche­n die aktuellen Anzeigen freilich nicht: „Dass nun auch FPÖ-Chef Norbert Hofer in den Strudel des Ibiza-Sumpfs geraten könnte, kann angesichts der Erfahrunge­n mit FPÖ-Regierungs­beteiligun­gen niemanden wirklich wundern“, sagte Ewa Ernst-Dziedzic, Bundesräti­n der Grünen.

Das Verkehrsmi­nisterium reagierte auf die Vorwürfe ebenfalls prompt mit der Aussage, dass sich das Instrument der Direktverg­abe bewährt hätte und einige davon schon unter dem damaligen Verkehrsmi­nister Jörg Leichtfrie­d (SPÖ) besiegelt worden seien. Überdies sei alles rechtskonf­orm abgelaufen.

Erbost über das Vorgehen der Westbahn zeigte sich derweil FPÖGeneral­sekretär Christian Hafenecker. Er sei „fassungslo­s über die Einmischun­g“von WestbahnMi­teigentüme­r und Neos-Financier Hans Peter Haselstein­er in den laufenden Nationalra­tswahlkamp­f. Die vorgebrach­ten Vorwürfe entbehrten jeder Grundlage: „Seine Agitation nimmt schön langsam pathologis­che Züge an.“

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