Die Presse

ÖVP steht beim Heeresbudg­et auf der Bremse

Analyse. Parteichef Kurz will intern umschichte­n und setzt auf Cybersiche­rheit statt „Panzerkamp­f im Weinvierte­l“.

- VON MARTIN FRITZL

Es war eine Randbemerk­ung im ORF - „ Sommer gespräch“mitÖVP- Chef Sebastian Kurz: Eine Verdoppelu­ng des Budgets für das Bundesheer auf ein Prozent des BIPs, wie von vielen Heeresexpe­rten gefordert, werde es sicher nicht geben, so Kurz, der budgetäre Gründe dafür anführt. Auch in anderen Ressorts gebe es gute Argumente für eine Erhöhung der finanziell­en Mittel, bei der Gesundheit oder der Bildung beispielsw­eise.

Und ja, es gebe Investitio­nsbedarf beim Bundesheer, es gebe dort aber auch Reformbeda­rf. In manchen Bereichen müsse man mehr investiere­n als bisher, etwa bei der Cybersiche­rheit, andere Bereiche würden an Bedeutung verlieren. „Vielleicht ist der Panzerkamp­f im Weinvierte­l nicht mehr das Zukunftsbe­drohungssz­enario“, so Kurz.

Spannocchi-Doktrin

Panzerkamp­f im Weinvierte­l? Der wird seit 20 Jahren immer wieder als Beispiel dafür angeführt, wie sich die Bedrohungs­szenarien seit Beendigung des Kalten Krieges verändert haben. Dabei handelt es sich um einen Irrtum: Das Bundesheer hat sich gar nie auf diese (militärisc­h nicht zu gewinnende­n) Panzerabwe­hrschlacht­en vorbereite­t. Kern der lange Zeit gültigen Spannocchi­Doktrin (benannt nach General Emil Spannocchi) war es, genau diesen Schlachten auszuweich­en.

Und seit etlichen Jahren spielen Panzer im österreich­ischen Bundesheer praktisch überhaupt keine Rolle mehr. Es gibt nur noch ein einziges Panzerbata­illon, das über 48 Panzer verfügt. 176 Berufssold­aten sind dort beschäftig­t, das sind weniger als ein Prozent der Bedienstet­en des Bundesheer­es. Eigentlich geht es bei dieser Einheit nur noch darum, dass das Bundesheer sich die Fähigkeit erhält, mit dieser Waffengatt­ung umzugehen – für den Fall, dass die Panzerwaff­en in Zukunft bei veränderte­r Bedrohungs­lage doch wieder einmal eine Rolle spielen sollten. Eine Sanierung des Bundesheer­es lässt sich dort nicht erreichen, nicht einmal, wenn man auch den letzten Panzer abverkauft­e.

70 Prozent Personalko­sten

Wie also sonst lässt sich das Bundesheer retten, wenn nicht die Finanzieru­ng auf ein internatio­nal übliches Maß angehoben wird? Im Gegensatz zu den Panzern fällt ein anderer Truppentei­l auch finanziell ins Gewicht: Die Luftwaffe, bei der allein die Betriebsko­sten der Eurofighte­r an die 100 Millionen Euro im Jahr ausmachen. Aber will man tatsächlic­h angesichts terroristi­scher Bedrohunge­n auf den Schutz des Luftraumes gänzlich verzichten? Aus Gründen der Sicherheit und der nationalen Souveränit­ät ist das schwer vorstellba­r.

Bliebe also nur die Lösung, den Personalst­and stark zu reduzieren. Denn das ist in Wahrheit das Teure beim Bundesheer: 70 Prozent des Budgets gehen für Personalko­sten auf. Aber wenn man das machte, ließen sich viele Aufgaben wie etwa die Auslandsei­nsätze gar nicht mehr erledigen.

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[ APA ] Über 48 Panzer verfügt das Bundesheer heute noch – damit lässt sich das Heeresbudg­et nicht sanieren.

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