Die Presse

Wann komt der Campus der Religionen?

Wien spricht von einem Vorzeigepr­ojekt und sponsert den Grund. Seit 2015 herrscht Stillstand auf dem Bauplatz, konkrete Pläne gibt es keine − der Spatenstic­h soll nächstes Jahr erfolgen.

- VON EVA WALISCH

Ein paar Fahnen im Wind. Mehr ist auf der grasbewach­senen Fläche in der Seestadt Aspern nach wie vor nicht zu sehen. Geplant ist hier eigentlich der Campus der Religionen: Acht Glaubensge­meinschaft­en sollen Wand an Wand Gebetshäus­er errichten. Auch die Kirchlich-Pädagogisc­he Hochschule soll auf den Campus übersiedel­n. Ein starkes Zeichen gegen religiöse Konflikte – doch wann diese Vision umgesetzt wird, scheint noch nicht so recht geklärt.

Es gehe Schritt für Schritt voran, sagt Michael Prüller, Sprecher der Erzdiözese Wien, dazu. „Aber ja, es dauert furchtbar lang. Schneller ginge es sicher im Alleingang, aber genau das wollen wir ja nicht.“Gerade sei man dabei, das Raumkonzep­t zu finalisier­en. Im Frühjahr hieß es nach einem Treffen der Religionsv­ertreter im Rathaus von der Stadt Wien, dass der geplante Baustart bereits 2020 sei.

Details dazu, was konkret gebaut wird, gibt es allerdings noch keine. „Es gab aber mehrere Treffen, um alles zu fixieren“, so ein Sprecher von Bürgermeis­ter Michael Ludwig. Es würden schon lange intensive Gespräche laufen. „Es dauert eben, weil es so ein interrelig­iöses Projekt in dieser Form noch nie gab.“

Ludwig ist trotz der offenen Fragen Verfechter des Projekts. Mehrmals verwies der ehemalige Wohnbausta­dtrat öffentlich auf den Campus, auch in seiner Antrittsre­de als Bürgermeis­ter. Die Stadt Wien gab bereits bekannt, dass sie das Grundstück zur Verfügung stellen wird: „Im März gab es die Gemeindera­tsgenehmig­ung zum Ankauf des Grundstück­es durch die Stadt“, heißt es aus dem Bürgermeis­terbüro. Wie es weitergeht, sei in Abstimmung. Das Baurecht will die Stadt wohl dem neu gegründete­n Verein Campus der Religionen einräumen. Miete plane man keine einzuforde­rn.

Ob der Spatenstic­h tatsächlic­h schon nächstes Jahr erfolgen wird, möchte Initiator Harald Gnilsen vom Bauamt der Erzdiözese Wien nicht bestätigen: „Ich kann nicht in die Zukunft schauen.“2015 startete das Projekt nach einer Idee des Architekte­n. Bereits vor einem Jahr traf „Die Presse“ihn zum Gespräch – seitdem gab es wenig Neues. Gnilsen räumt ein: „Über den Sommer war es ruhiger um das Projekt.“Er habe aber von Anfang an mit einer längeren Dauer gerechnet: „Eine gewisse Abstimmung ist erforderli­ch, das braucht Zeit“, so Gnilsen. „Auch wenn es noch nicht steht, der Weg ist so weit gegangen, dass es kein Zurück mehr gibt.“

Wer wird bauen und zahlen?

Für Probleme sorgt die Verantwort­ung: Die Glaubensge­meinschaft­en sollen die Bauverantw­ortung für den eigenen Gebetsraum selbst übernehmen – sowohl finanziell als auch architekto­nisch. „Die zentrale Frage ist momentan jene nach der Finanzieru­ng“, heißt es in Ludwigs Büro. „Da gibt es verschiede­ne Herangehen­sweisen und Möglichkei­ten der einzelnen Religionsg­emeinschaf­ten.“Offiziell nehmen die römisch-katholisch­e Kirche, die evangelisc­he Kirche, die griechisch-orientalis­che Kirche, die Israelitis­che Kultusgeme­inde, die Islamische Glaubensge­meinschaft, die Buddhistis­che Religionsg­emeinschaf­t, die Neuapostol­ische Kirche und die Sikh-Religionsg­emeinschaf­t am Projekt teil.

Schon 2018 sagte Raimund Fastenbaue­r, Generalsek­retär der Israelitis­chen Kultusgeme­inde, gegenüber der „Presse“, dass man kein Interesse daran habe, einen Gebetsraum zu errichten – auch wenn man das Projekt grundsätzl­ich unterstütz­e. „Wir sind nur symbolisch beteiligt“, wiederholt Fastenbaue­r. Geld in das Projekt zu investiere­n sei nicht geplant.

Superinten­dent Matthias Geist von der evangelisc­hen Kirche bleibt vage: „Konkrete Baupläne haben wir noch nicht, dafür ist es zu früh.“Ob Geld investiert wird, sei in den Gremien noch nicht letztgülti­g beschlosse­n. Die Islamische Glaubensge­meinschaft hingegen bestätigte, dass man ein „Bauvorhabe­n in Angriff nehmen“wird. Ein Sprecher: „Im Augenblick laufen die Gespräche mit Architekte­n, um Umfang und Kostenrahm­en einordnen zu können.“

 ??  ?? Der Bauplatz in der Seestadt 2015 (links) und heute: Seit dem Projektsta­rt hat sich nicht viel verändert – nur einige Fahnen wurden getauscht, unter anderem aufgrund von wiederholt­em Vandalismu­s. [ Clemens Fabry ]
Der Bauplatz in der Seestadt 2015 (links) und heute: Seit dem Projektsta­rt hat sich nicht viel verändert – nur einige Fahnen wurden getauscht, unter anderem aufgrund von wiederholt­em Vandalismu­s. [ Clemens Fabry ]
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