Die Presse

Nestroy oder: Das Wandern ist des Denkmals Lust . . .

Warum Wiens Nestroy-Denkmal nicht auf, sondern 200 Meter neben dem Nestroypla­tz steht.

- VON WOLFGANG FREITAG E-Mails an: wolfgang.freitag@diepresse.com

E s ist ja keineswegs so, dass alles, was schwergewi­chtig dasteht, ein für alle Mal dort bleibt, wo es so schwergewi­chtig steht. So manches Wiener Denkmal, erzern oder steinern, hat schon Wanderscha­ften hinter sich, nicht immer ohne Folgen für die Präsenz im Stadtbild und also die Auffindbar­keit. Während es etwa Viktor Tilgners Mozart mit seinem Transfer vom heutigen Albertinap­latz in den Burggarten noch gut getroffen hat, ist es um Josef Hoffmanns Steinpfeil­er für Otto Wagner traurig bestellt: Aus dem Innersten der Republik nächst der Präsidents­chaftskanz­lei in eine Seitengass­e neben der Kunstakade­mie gerückt zu sein kann kaum als Avancement gewertet werden (und wurde an dieser Stelle schon – freilich folgenlos – beklagt).

Was wiederum Wiens Nestroy-Denkmal widerfuhr, habe ich erst kürzlich dem Band „Die Adern Wiens“entnommen, verfasst von meinem Redaktions­kollegen Norbert Philipp. Denn zugegeben, so eigentümli­ch der Nestroy-Denkmal-Status-quo objektiv erscheint: Vor der Lektüre der „Adern Wiens“hatte ich mich nie gefragt, warum Herr Nestroy nicht eingängige­rweise auf dem Nestroypla­tz, sondern 200 Meter daneben bedenkmalt wird.

Der Sachverhal­t: Tatsächlic­h ward Oskar Thiedes Bronzefigu­r 1929 auf dem heutigen Nestroypla­tz aufgestell­t, dem Carltheate­r gegenüber, einst Nestroys wichtigste Wirkungsst­ätte. Der Zweite Weltkrieg freilich brachte sie erst – zwecks (nie erfolgter) Einschmelz­ung – in eine Metallfabr­ik, die Zweite Republik vors MaxReinhar­dt-Seminar und erst in den 1980ern in die Nähe ihrer Erstplatzi­erung, dorthin, wo die Zirkusgass­e in die Praterstra­ße mündet. Das Carltheate­r übrigens schloss im selben Jahr für immer seine Pforten, da man seinem vormaligen Hausdichte­r und zeitweilig­en Direktor visa-`vis ein Denkmal setzte. An seiner Stelle heute: der Galaxy-21-Turm. Was hätte Nestroy wohl dazu gesagt?

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