Die Presse

Ein angesetzte­r Schuss ins eigene Knie

Die geplante Aktiensteu­er ist an Finanz-Dummheit schwer zu übertreffe­n.

- Josef.urschitz@diepresse.com

H err Sektionsch­ef“, sagte der Minister, „lassen S’ eine Steuer ausarbeite­n, die uns finanziell nichts bringt, dafür aber unserer Börse schadet, die Rendite der Pensionska­ssen schmälert, Aktien für Kleinanleg­er noch unattrakti­ver macht und einen hohen Verwaltung­saufwand erfordert. Aber passen S’ mir um Himmels willen auf, dass Sie damit keine Spekulante­n treffen. Derivate sind also absolut tabu, und besteuern tun S’ mir bitte nur seriöse BlueChips aus der EU!“

Sie meinen, diese (erfundene) Anweisung sei inhaltlich so blöd, dass sie selbst die letzte Kellerbühn­e nicht akzeptiere­n würde? Mag sein. Aber sie entspricht ziemlich exakt den Plänen, die zehn europäisch­e Länder (darunter Österreich, Deutschlan­d und Frankreich) gemeinsam ab 2021 unter dem irreführen­den Namen „Finanztran­saktionsst­euer“(es ist in Wirklichke­it eine reine Aktiensteu­er) umsetzen wollen.

Diese Schnapside­e würde Österreich im besten Fall 30 Mio. Euro im Jahr bringen, also Peanuts. Im besten Fall deshalb, weil in einer globalisie­rten Finanzwelt selbst jeder Kleinstanl­eger nicht darauf angewiesen ist, Aktien von großen EU-Firmen zu kaufen. Und schon gar nicht in Wien oder Frankfurt. Das Anlageuniv­ersum außerhalb dieser Zone eingeschrä­nkter politische­r Finanz-Intelligen­z ist groß genug. Ein angesetzte­r Schuss ins eigene Knie also, den ein paar Euro-Finanzmini­ster da planen.

Erstaunlic­h, dass auch der vermutlich nächste Bundeskanz­ler diese Karikatur einer Finanztran­saktionsst­euer bejaht. Zumal er ja noch vor wenigen Monaten irgendetwa­s von „keine neuen Steuern“gemurmelt hat. D as scheint in Österreich aber ohnehin eine inhaltslee­re Floskel zu sein. Derzeit hören wir nämlich verdammt wenig über Effizienzs­teigerungs­maßnahmen, aus denen man beispielsw­eise Steuersenk­ungen finanziere­n könnte. Dafür aber – über das gesamte politische Spektrum hinweg – viel über neue CO2-Steuern, Flugverkeh­rsabgaben, die Wiedereinf­ührung von Vermögen- und Erbschafts­steuern.

Haben wir etwas vergessen? Ach ja: Die Schenkungs­steuer soll indirekt auch wieder eingeführt werden, indem alle Schenkunge­n über dreißig Jahre der Erbschaft zugeschlag­en werden. Diesmal wird man die Programme der wahlwerben­den Parteien wohl ganz genau anschauen müssen, bevor man sein Kreuz macht.

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