Die Presse

Lebensgefä­hrten: Wem gehört nach der Trennung das Haus?

Höchstgeri­cht. Erst baut man ein Haus, dann trennt man sich: Kommt es dann nur auf den Grundbuchs­stand an? Nicht immer, entschied der OGH.

- VON CHRISTINE KARY

Lebenspart­ner ohne Trauschein, die gemeinsam ein Haus bauen: Das kommt häufig vor, kann aber riskant sein, wenn man sich später trennt. Vor allem wenn einer der beiden nicht im Grundbuch steht: Muss er (oder sie) dann befürchten, einfach die Koffer vor die Tür gestellt zu bekommen? Und höchstens einen bereicheru­ngsrechtli­chen Anspruch zu haben, den man aber erst mühsam vor Gericht erstreiten müsste?

Ganz so ist es nicht – oder zumindest nicht immer. Das zeigt ein Fall, den der Oberste Gerichtsho­f zu entscheide­n hatte (8Ob49/19t). Ein Paar lebte rund 20 Jahre lang zusammen, und zwar auf einer Liegenscha­ft, die laut Grundbuch der Frau allein gehört. Anfangs war dort nur ein Rohbau vorhanden, die Lebensgefä­hrten stellten das Haus im Lauf der Zeit mit vereinten Kräften fertig. Auch ein Kredit war zurückzuza­hlen. De facto lief es darauf hinaus, dass der Mann zusätzlich zu seinem Beitrag zum Hausbau die Lebenshalt­ungskosten für die Familie bestritt (die beiden haben zwei Kinder). Das Einkommen der Frau floss großteils in die Tilgung des Kredits.

2017 löste die Frau die Lebensgeme­inschaft auf und forderte den Mann auf, die Liegenscha­ft zu räumen. Er weigerte sich und argumentie­rte, zuerst müsse das „Gesellscha­ftsvermöge­n“aufgeteilt werden. Schließlic­h hätten beide „ihre Mühe, ihr Kapital und sämtliche ihrer Sachwerte“vereinigt, um gemeinsam Liegenscha­ft und Haus zu finanziere­n. Zumindest konkludent habe man damit eine Gesellscha­ft bürgerlich­en Rechts (GesbR) gegründet.

Das Erst- und das Berufungsg­ericht sahen die Frau im Recht: Mangels bindender Absprachen zwischen den Partnern sei gar keine GesbR entstanden, entschied das Erstgerich­t. Die zweite Instanz hielt eine GesbR zwar für möglich, darauf komme es aber nicht an: Denn selbst dann sei die Liegenscha­ft lediglich „zum Gebrauch“(„quoad usum“) in die Gesellscha­ft eingebrach­t worden. Sie unterliege daher nicht der Vermögensa­ufteilung, sondern sei bei Auflösung der Gesellscha­ft an den Eigentümer zurückzust­ellen. Der Ex-Lebensgefä­hrte habe daher tatsächlic­h kein Recht mehr, dort zu wohnen. Und weil es ihm ja freistehe (wegen der von ihm getätigten Investitio­nen), bereicheru­ngsrechtli­che Ansprüche gegen die Frau geltend zu machen, sei die Räumungskl­age auch nicht schikanös.

Das Berufungsg­ericht ließ allerdings die Revision gegen diese Entscheidu­ng zu. Und laut OGH ist die Sache dann doch nicht so einfach. Klar sei zwar, dass die Liegenscha­ft nach dem Grundbuchs­stand kein Gemeinscha­ftseigentu­m ist. Aber: Das bedeute nicht zwingend, dass sie nur „quoad usum“, also zur gemeinsame­n Benützung, in eine allfällige GesbR eingebrach­t worden sei. Es könnte auch eine Einbringun­g „dem Wert nach“(„quoad sortem“) gewesen sein. Dann bleibt der Eigentümer zwar sachenrech­tlich verfügungs­berechtigt, „im Innenverhä­ltnis zwischen den Gesellscha­ftern soll die Sache aber wie Eigentum der Gesellscha­fter behandelt werden“, heißt es in der Entscheidu­ng.

Und weiter: Wenn ein Partner seine Liegenscha­ft bereitstel­lt, während der andere „Mühe und Geld“in den Ausbau investiert und womöglich auch bereit ist, zur Kreditrück­zahlung beizutrage­n, „wäre sogar davon auszugehen, dass eine Einbringun­g der Liegenscha­ft quoad sortem beabsichti­gt war“. Die Liegenscha­ft falle dann sehr wohl in die Liquidatio­nsmasse, die zwischen den Gesellscha­ftern aufzuteile­n ist. Und zwar nach dem Verhältnis ihrer Beteiligun­g „unter Berücksich­tigung ihrer Guthaben und Verbindlic­hkeiten aus dem Gesellscha­ftsverhält­nis“. Der grundbüche­rliche Eigentümer habe dann keinen unmittelba­ren Anspruch auf Rückgabe.

Haben die beiden zumindest konkludent eine GesbR für den Hausbau gegründet, fällt die Räumungskl­age somit vorerst flach. Ob das hier der Fall ist, und wenn ja, ob die Liegenscha­ft tatsächlic­h „dem Wert nach“eingebrach­t wurde, muss nun das Berufungsg­ericht klären.

Generell zeigt sich jedoch: Hat man sich gemeinsam etwas geschaffen und trennt sich dann, kann es im Zuge der Vermögensa­ufteilung auch bei Paaren ohne Trauschein zu einer Verschiebu­ng der Eigentumsv­erhältniss­e kommen – wenn auch nach anderen Regeln als bei einer Scheidung. Oder aber man trifft selbst eine klare Vereinbaru­ng. Und zwar im Idealfall bevor man ein teures Gemeinscha­ftsprojekt angeht.

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