Die Presse

Das Interesse an Hubert Fuchs

Causa Glücksspie­l. Ermittler haben am Mittwoch Unterlagen des Ex-Staatssekr­etärs im Finanzmini­sterium mitgenomme­n. Offenbar wird ihm eine Schlüsselr­olle beim mutmaßlich­en Deal zwischen FPÖ und Novomatic zugesproch­en.

- VON HANNA KORDIK

Welche Rolle spielte Ex-Staatssekr­etär Fuchs beim mutmaßlich­en Deal zwischen FPÖ und Novomatic?

So etwas passiert nicht alle Tage, und trotzdem lief das Ganze reichlich unspektaku­lär ab: Am Mittwochvo­rmittag hielten Beamte des Bundeskrim­inalamtes „Nachschau“im Finanzmini­sterium. Keine Hausdurchs­uchung – das Amt hatte am Abend zuvor beim Ministeriu­m um Erlaubnis für die Nachschau gebeten. Und so bekamen die meisten Mitarbeite­r des Ministeriu­ms gar nicht mit, dass rund zwei Stunden

lang Unterlagen des ehemaligen FPÖ-Staatssekr­etärs Hubert Fuchs zusammenge­sucht und mitgenomme­n wurden. Auch seine Korrespond­enzen per Mail interessie­rten die Ermittler. Der FPÖ-Politiker scheint also so etwas wie eine zentrale Figur in der Causa Glücksspie­l zu sein. Doch welche Informatio­nen erhoffen sich die Ermittler aus seinen Unterlagen?

Hubert Fuchs ist laut Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft gemeinsam mit Heinz

Christian Strache, Ex-FPÖ-Klubchef Johann Gudenus und Casinos-Vorstand Peter Sidlo „des „Vergehens der Bestechlic­hkeit“verdächtig­t. Heißt: Die FPÖler stehen im Verdacht, Novomatic Zusagen bei Glücksspie­llizenzen gemacht zu haben. Dafür habe Novomatic geholfen, Peter Sidlo zum Finanzvors­tand der Casinos Austria zu machen. Für alle gilt natürlich die Unschuldsv­ermutung.

Hubert Fuchs wird von den Ermittlern gleichsam eine Schlüsself­unktion in der Angelegenh­eit zugesproch­en. Weil er in seiner Funktion als FPÖ-Staatssekr­etär im Finanzmini­sterium im Februar 2019 zur Glücksspie­lmesse ICE nach London reiste. Dort soll er, so der Verdacht, mit Novomatic-Eigentümer Johann Graf den Deal „Sidlo gegen Glücksspie­llizenzen“akkordiert haben.

Fuchs selbst sagt im Gespräch mit der „Presse“, dass sein Besuch der Messe „selbstvers­tändlich nicht auf Einladung des Glücksspie­lkonzerns“erfolgt sei, „sondern vom Ministeriu­m bezahlt wurde“. Und das sei auch ganz normal für einen Staatssekr­etär, der für das Glücksspie­l zuständig war.

Ist es, mit Verlaub, nicht: Dass ein Politiker die Glücksspie­lmesse besucht, ist bisher noch nie vorgekomme­n. Und daher auch recht ungewöhnli­ch. Trotzdem muss ganz objektiv festgehalt­en werden: Dass Hubert Fuchs ausgerechn­et nach London reiste, um dort – quasi coram publico – mit Novomatic-Vertretern Personalia zu beplaudern, ist einigermaß­en unrealisti­sch. Da hätte es in Wien diskretere Orte für Unterredun­gen dieser Art gegeben.

Der Besuch der Messe zeugt jedenfalls von mangelndem Fingerspit­zengefühl – man könnte es auch Dreistigke­it nennen: Einer klaren Abgrenzung zwischen dem Ministeriu­m als Regulator der Branche und den zu kontrollie­renden Unternehme­n tat das eher nicht so gut.

Gut möglich allerdings, dass die Ermittler dieses seltsame Zusammentr­effen in London ohnehin nicht mehr im Focus haben. Sondern die Ereignisse von einem Jahr davor. Damals, im Februar 2018, hatte der frisch gebackene ÖVP-Finanzmini­ster

Hartwig Löger einen Entwurf zur Novelle des Glücksspie­lgesetzes öffentlich angekündig­t. Inhalt der Novelle: Mittels „IP-Blocking“sollte das illegale Onlineglüc­ksspiel zurückgedr­ängt werden. Damit wäre das staatliche Monopol in dem Bereich gleichsam einzementi­ert worden – die alleinige Lizenz dafür halten die Lotterien bis zum Jahre 2027.

Freilich: Novomatic hätte gerne eine Onlinelize­nz.

Heinz-Christian Strache soll damals getobt haben: Mit der FPÖ sei die Gesetzesno­velle nicht abgesproch­en gewesen, ein klares Foul. Was angesichts der Tatsache, dass die FPÖ gut und gerne gegen illegales Glücksspie­l wettert, doch einigermaß­en originell ist. Der Gesetzesen­twurf wurde jedenfalls aufgrund „technische­r Probleme“zurückgeno­mmen. Und verschwand seitdem in der Versenkung. Auch das: beispiello­s in Österreich.

Interessan­t wird da wohl die Frage, welche Rolle Hubert Fuchs dabei spielte. Er selbst sagt zur „Presse“, dass er als Staatssekr­etär im Ministeriu­m wohl für das Glücksspie­l zuständig gewesen sei. Allerdings sei er so etwas wie „ein Fürst ohne Fürstentum“gewesen: Er habe den Minister in der Frage unterstütz­t, „aber die verfassung­srechtlich­en Befugnisse eines Staatssekr­etärs sind beschränkt: Ich unterlag den Weisungen des Bundesmini­sters. Ich hätte also gar nicht mit einer eigenen Gesetzesno­velle dagegenhal­ten können.“

Stimmt. Allerdings fiel es mehreren Vertretern der Glücksspie­lbranche auf, dass es nach dem Löger-Gesetzesrü­ckzieher vor allem Hubert Fuchs war, der zum Thema Glücksspie­l öffentlich Stellung nahm. Interviews, Presseauss­endungen, ORF-„Pressestun­de“: Immer war es Fuchs, der zu Glücksspie­lthemen Aussagen machte. Löger blieb im Hintergrun­d.

Im vergangene­n März kündigte Fuchs in der Pressestun­de eine Glücksspie­lnovelle „sicher noch 2019“an. Dem Vernehmen nach befand sich der Gesetzeste­xt auch unter jenen Unterlagen, die die Ermittler am Dienstag mitgenomme­n haben. Offenbar erhoffen die sich Aufklärung darüber, ob und inwieweit Novomatic mit den gewünschte­n Onlinelize­nzen entgegenge­kommen werden sollte.

Fuchs selbst soll sich auf den Standpunkt stellen, dass sein Beitrag zu dem Gesetzeste­xt nur darin bestand, Maßnahmen gegen das illegale Glücksspie­l vorzuschla­gen.

Mag sein. Wiewohl solche Maßnahmen in der ursprüngli­chen Fassung eh schon drinnen waren. Jener Fassung, die die FPÖ zurückzieh­en ließ.

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[ APA] Hubert Fuchs pocht darauf, dass er als Staatssekr­etär denkbar wenig Einfluss hatte.
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