„Hackerangriff“: Regierung ist besorgt, Strache zweifelt
Reaktionen. Für die FPÖ wäre die Hackerattacke ein „Skandal“, für die Grünen aufklärungswürdig.
Wien. Der von der ÖVP vermutete Hackerangriff hat die Übergangsregierung zu einem ihrer seltenen Kommentare zu aktuellen Entwicklungen veranlasst: Regierungssprecher Alexander Winterstein hat die Berichte als „zutiefst besorgniserregend“bezeichnet. Abgesehen von der strafrechtlichen Relevanz seien Angriffe auf die IT-Infrastruktur von öffentlichen oder privaten Institutionen „ein Angriff auf die Integrität unserer Demokratie und des Gemeinwesens“, sagte Winterstein am Donnerstag.
Winterstein betonte, keine über die mediale Berichterstattung hinausgehenden Details über den angeblichen Angriff auf die ÖVP-Systeme zu haben. Die Bundesregierung nehme die demokratiepolitischen Implikationen von solchen Hackerangriffen sehr ernst. Die für Cybersicherheit zuständigen Stellen der Regierung stünden im regelmäßigen Austausch, um Sicherheit und demokratische Integrität sicherzustellen.
FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky forderte die ÖVP am Donnerstag auf, mit voller Transparenz auf die Behörden zuzugehen und der Staatsanwaltschaft alle Daten umgehend zur Verfügung zu stellen. Zur Klärung der Vorwürfe sei es unbedingt erforderlich, dass die Staatsanwaltschaft die relevanten Daten sichert. „Es braucht eine volle und rasche Aufklärung, auch, ob die geleakten Daten stimmen oder nicht. Denn die Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht darauf zu erfahren, was in dieser Republik los ist und ob tatsächlich kriminelle Netzwerke hier versuchen, demokratisch gewählte Parteien mit illegalen Aktionen zu schädigen. Die Situation ist ernst und besorgniserregend“, sagte Vilimsky in einer Aussendung.
Beeinflussung von Wahlen?
Wenn die von der ÖVP behauptete Hackerattacke tatsächlich stimmen sollte, wäre es nach Ansicht Vilimskys „wirklich ein Skandal und besorgniserregend, dass in Österreich nicht linke Parteien mittels illegaler Aktionen beschädigt und vernichtet werden sollen. Nach dem Ibiza-Video wenige Tage vor der EU-Wahl wird jetzt möglicherweise zum zweiten Mal mit einem Riesenaufwand versucht, Wahlen via Medien zu beeinflussen“, meinte der FPÖ-Generalsekretär.
Der frühere FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, der nach Veröffentlichung des Ibiza-Videos zurücktreten musste, sieht die Angelegenheit dagegen anders: „ÖVP-Skurril“, schreibt Strache auf seiner persönlichen Facebook-Seite. „Jo eh, Hacker, welche die Daten im ÖVP-Computer verändern . . . in Wahrheit sucht die ÖVP das ,vorauseilende Gegenmittel‘, um die offenbar drohenden Enthüllungen zu immunisieren. Irgendwie beleidigt diese Durchsichtigkeit unser aller Intelligenz!“, so Strache.
Die Grünen haben volle Aufklärung gefordert. „Sollte sich der von der ÖVP behauptete angebliche Hackerangriff als zutreffend herausstellen, dann ist es selbstverständlich Aufgabe der zuständigen Behörden, diesen Vorfall aufzuklären und die Öffentlichkeit rasch über die Ermittlungsergebnisse zu informieren“, sagte GrünenWahlkampfleiter Thimo Fiesel.
Als interessant bezeichnete Fiesel, dass die ÖVP die Echtheit der an die Öffentlichkeit gelangten Unterlagen zur doppelten Buchhaltung bisher nicht infrage gestellt habe. „Eine Partei, die den Kanzleranspruch stellt, hat auch moralischen Mindeststandards zu genügen“, so Fiesel.
Kein Zutritt für den „Falter“
Für Kritik sorgte am Donnerstag auch, dass eine „Falter“-Redakteurin nicht zum Hintergrundgespräch der ÖVP über den Hackerangriff zugelassen wurde. „Informationsfreiheit ist ein integrierender Bestandteil der Pressefreiheit. Der gezielte Ausschluss von kritischen Journalistinnen und Journalisten von Informationsveranstaltungen ist daher ein demokratiepolitisch höchst bedenklicher Akt“, heißt es dazu in einer Stellungnahme des Presseclubs Concordia. Die ÖVP müsse ihre unvertretbare Kommunikationspolitik ändern. Auch die Grünen kritisierten den Ausschluss des „Falters“, der am Montag die geleakten Dokumente aus der ÖVPZentrale veröffentlicht hatte.
Die Volkspartei verteidigte ihre Entscheidung. Zu diesem Hintergrundgespräch seien nur die tagesaktuellen Medien, also Tageszeitungen, ORF und Austria Presse Agentur, eingeladen worden. Das sei auch bisher bei tagesaktuellen Terminen so gehandhabt worden.
Ein Angriff auf die Integrität unserer Demokratie und des Gemeinwesens. Alexander Winterstein, Regierungssprecher