Ein Fan der Gelbwesten wird Roms Topdiplomat
Porträt. Die Nominierung von Luigi Di Maio zum italienischen Außenminister ist umstritten: Der 33-jährige FünfSterne-Anführer hat bisher international vor allem mit Patzern und Provokationen auf sich aufmerksam gemacht.
Für seine Nominierung als neuer italienischer Außenminister hat Luigi Di Maio gleich einen eigenen Hashtag erhalten, inzwischen ein Internet-Hit in Italien: Auf DiMaioagliEsteri sieht man den breit lächelnden, gebräunten Fünf-Sterne-Anführer unter der Aufschrift: „Gigi geht auf Erasmus“. Ein anderer Twitterer bittet um die „richtige Ministerliste. Der war aber richtig gut, der Witz mit dem Di Maio im Auslandsressort“: Und freilich wird heftigst über Di Maios mangelnde Englischkenntnisse gewitzelt.
Dass der 33-Jährige nun Italiens Topdiplomat wird, ist zweifellos die umstrittenste Ernennung der frisch angelobten Fünf-SterneLinksdemokraten-Regierung. Und für viele eine Überraschung. Denn Di Maio, der gemeinsam mit LegaChef Matteo Salvini etwas mehr als ein Jahr lang die Populistenkoalition als Schattenpremier geleitet hat, hat sich in dieser Zeit nicht gerade durch diplomatisches Fingerspitzengefühl oder internationales Know-how profiliert.
So löste der damalige Arbeitsminister eine Staatskrise mit Paris aus, als er in Frankreich Christof Chalencon¸ traf, den wohl radikalsten Anführer der Gelbwesten-Protestbewegung – einen, der von „Putsch und Bürgerkrieg“träumt. Mit den Gelbwesten wollte Di Maio nämlich in den EU-Wahlkampf ziehen, erhielt aber eine Abfuhr. Frankreichs Präsident, Emmanuel Macron, jedenfalls reagierte empört auf das Treffen: Er rief seinen Botschafter aus Rom zurück. Als Di Maio dann durch einen Brief in „Le Monde“etwas Porzellan kitten wollte, passierte ihm schon der nächste Fauxpas: Er schrieb huldigend von der „tausend Jahre alten französischen Demokratie“und erntete sarkastische Kommentare nicht nur der Le-Monde-Leser.
Vor den Kopf stieß der junge Neapolitaner auch die EU-Partner, als sich seine Partei für eine Beteiligung an der chinesischen Seidenstraße starkmachte und die in akute Geldnot geratene Regierung ein entsprechendes „Memorandum of Understanding“mit Peking unterzeichnete – just zum Zeitpunkt, als man in Brüssel chinesische Investitionen in Europas Infrastruktur einschränken wollte. Legendär ist inzwischen Di Maios China-Reise, als er Staatschef Xi Jinping mit „Ping“ansprach.
Dass sich der Jus-Studienabbrecher bei internationalen Diktatoren nicht so genau auskennt, hatte er bereits 2016 bewiesen. Da verglich er das Gehabe des damaligen Premiers Matteo Renzi in Italien mit „Pinochet in Venezuela“.
Ein Lapsus, sagte er später. Tatsächlich gilt Di Maio – wie auch seine Partei – als Freund des Maduro-Regimes in Caracas. Das bekam man in Brüssel zu spüren: Rom weigerte sich, eine Unterstützungserklärung für Venezuelas Oppositionschef, Juan Guaido,´ zu unterzeichnen. Die Fünf Sterne sind übrigens, ebenso wie die Lega, äußerst Putin-freundlich und kritisieren die Russland-Sanktionen.
Di Maio wird also als Italiens Vertreter auf dem internationalen Parkett für einiges Aufsehen sorgen. Vielleicht denkt der ehrgeizige Anführer der Bewegung des Komikers Beppe Grillo dann manchmal sehnsüchtig an seine Kindheit in der Peripherie von Neapel zurück. Damals träumte der Sohn eines politisch aktiven Neofaschisten noch davon, „ein einfacher Polizist zu werden“.