Ursula von der Leyens Team ist komplett
Neue EU-Kommission. Das Versprechen gleich vieler Männer wie Frauen in ihrem Kollegium kann die Präsidentin nicht erfüllen. Unruhestifter aus Rom und London bleiben ihr erspart. Offen ist, wie sie die Osteuropäer aufwertet.
Brüssel. Fast auf den Tag genau zwei Monate nach ihrer eigenen Nominierung verkündete die designierte neue Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, am Donnerstag, nun alle 26 Kandidaten für ihr Kollegium der Kommissare beisammenzuhaben. Am kommenden Dienstag wird sie diese von ihr erwünschte Equipe der Öffentlichkeit vorstellen und auch bekannt geben, welche Ressorts von wem übernommen werden sollen.
Allerlei Gerüchte und Spekulationen kreisen um die Verteilung dieser Zuständigkeiten. Die jüngste brachte am Donnerstag die ungarische Nachrichtenwebsite 444.hu auf. Ihr zufolge werde der bisherige österreichische Kommissar, Johannes Hahn, als Nachfolger des Deutschen Günther Oettinger das Thema EU-Budget übernehmen. Das hätte eine gewisse Logik, denn Hahn wäre neben dem Slo
waken Marosˇ Sˇefcˇovicˇ der Einzige in von der Leyens Team, der schon zwei Amtszeiten hinter sich und somit entsprechende institutionelle Erfahrung hat. Dies wird für die anstehenden Verhandlungen über den siebenjährigen Budgetrahmen der Union, der nach 2020 beginnt, besonders wichtig sein. Denn bis vor dem Sommer nächsten Jahres hofft man in der Kommission auf eine grundsätzliche Einigung der Staats- und Regierungschefs darüber, wie viel Geld die EU wofür ausgeben können soll. Dies müsste dann von der Kommission in die detaillierten Verordnungen umgesetzt werden, auch das Einvernehmen mit dem Europaparlament wäre herzustellen. Für diese Aufgaben wäre der erfahrene, vom Geist konsensuellen Vorgehens beseelte Hahn, der mit allen politischen Akteuren auskommt, gut geeignet.
Frauenrekord
Doch wie gesagt, das ist bis zum Dienstag nur Spekulation. Gewissheit hingegen gibt es nach der Nominierung des früheren italienischen Ministerpräsidenten Paolo Gentiloni durch die neue Regierung in Rom, dass von der Leyen ihr Versprechen, Geschlechtergleichheit in ihrem Kollegium zu schaffen, nicht erfüllen kann: Elf Mitgliedstaaten haben Frauen nominiert, mit von der Leyen sind das zwölf. Sollte noch als Letzte die rumänische Sozialdemokratin Rovana Plumb dazukommen, wären es 13: ein Rekord, aber weniger als die Hälfte des 27-köpfigen Kollegiums, dem nach der Entscheidung von Premierminister Boris Johnson kein britisches Mitglied angehören wird.
Die Abwesenheit eines Johnson-Loyalisten im Herzen der Kommission wird von der Leyen die Arbeit der nächsten fünf Jahre erleichtern. Erspart geblieben ist ihr auch ein rechtspopulistischer, euroskeptischer Störenfried aus Italien, da Vizepremier Matteo Salvini seine Koalition gesprengt hatte.
Offen ist jedoch, wie von der Leyen die eklatante Unterrepräsentation der Mittel- und Osteuropäer zu korrigieren gedenkt. Am ehesten wohl durch die Aufwertung zu Vizepräsidenten: Die liberale Tschechin Veˇra Jourova´ ist dafür bereits im Gespräch.