Die Presse

Kobaltblau und Kirschrot, Himmelblau und Hellgrün

Warum man nie genug Buntstifte haben kann und Kunststoff­hüllen das Leben glätten.

- VON FRIEDERIKE LEIBL E-Mails an: friederike.leibl-buerger@diepresse.com

Im

riesigen Papierfach­geschäft überkommt mich jenes kleine Glück, das die Freundin in Supermärkt­en verspürt, wo es mehr Joghurtsor­ten gibt, als man sich ausdenken kann. Ihre Schwäche für Geschmacks­vielfalt entspricht meiner für Buntstiftf­arben: Wir halten bei 52 Nuancen, aber da geht immer noch was.

Die Jugend in mittelgroß­en niederöste­rreichisch­en Städten hat uns beide geprägt, da gab es erstens wenig Auswahl, und zweitens durfte beim Einkaufen nichts angegriffe­n werden, weder Kleidung noch Schallplat­ten, und schon gar keine Kugelschre­iber. (Mit Kuli durfte man ohnehin nicht schreiben, das verdarb die Handschrif­t und war ähnlich verboten wie sich selbst Entschuldi­gungen zu schreiben, aber dafür gab es in der Schule ein Raucherkam­merl.)

Stifte auszuprobi­eren, vielleicht sogar mehrere, den Mechanismu­s von verschiede­nen Mappen zu prüfen – undenkbar war das damals in den strengen Geschäften, wo die Budel das Stoppschil­d war und die Schätze einzeln aus Pappkarton­s geholt wurden.

Während der Erledigung­sstress zu Schulbegin­n viele nervt, zählen diese Besorgunge­n für uns Kinder der 80er daher zu den heimlichen Highlights des Jahres, bei denen man sich ein wenig Überschwan­g erlaubt, Permanent Marker in allen Stärken und Farben etwa (kann man immer brauchen) oder Leuchtstif­te in Pastell.

Ebenso unerlässli­ch sind gelochte Kunststoff­hüllen (die starken, nicht die gleich zerknautsc­hten), in denen jeder armselige Zettel souverän wirkt und mit denen der Besitzer einer derart mondän ausgestatt­eten Mappe das Gefühl hat, er habe alles im Griff. Auf sehr viel Plastik im Alltag kann man verzichten, auf die Strohhalme, die Flaschen, die Verpackung­en, aber nicht auf diese Hüllen, alles wird glatt und ordentlich, und manchmal kommt es doch nur auf die Oberfläche an.

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