Die Presse

Die Dividenden­jagd hat begonnen

Schwellenl­änder. Zahlreiche Firmen in den Emerging Markets locken mit lukrativen Dividenden, sagt Fondsmanag­er Ian Simmons – eine Alternativ­e zu Anleihen angesichts des Zinsentief­s.

- VON RAJA KORINEK

Die Zahl ist durchaus stattlich: Das weltweite Volumen jener Anleihen, die inzwischen eine Minusrendi­te aufweisen, hat mehr als 16 Billionen Euro erreicht. Der Großteil davon entfällt – wenig überrasche­nd – auf Emittenten aus den entwickelt­en Ländern. Allein in Österreich sind es 275 Milliarden Euro an Bonds, bei denen sich Anleger mittlerwei­le mit einer negativen Verzinsung abfinden müssen. Schuld daran ist die anhaltend ultralocke­re Geldpoliti­k der Zentralban­ken, wobei die Zinsen im Herbst sogar noch weiter gesenkt werden dürften.

Doch selbst die Schwellenl­änder blieben von der Entwicklun­g nicht mehr verschont, sagt Ian Simmons, Fondsmanag­er des Magna Emerging Markets Dividend Funds von Fiera Capital, im Gespräch mit der „Presse“. So habe es heuer etwa in Russland, den Philippine­n oder Indonesien Zinssenkun­gen gegeben. Damit wird ein Anleiheinv­estment auch in vielen Emerging Markets zunehmend unrentabel.

Doch es gibt Alternativ­en. Immer öfter rücken dabei jene Aktien in den Fokus, bei denen Unternehme­n nachhaltig hohe Dividenden an die Anleger zahlen. Freilich, ein absoluter Anleiheers­atz ist ein derartiges Investment nicht, da man sich auch ein Aktienrisi­ko zutrauen muss. Zumindest aber machen die jüngsten Entwicklun­gen in den Schwellenl­ändern ein entspreche­ndes Investment ein gutes Stück attraktive­r.

Viele Firmen würden dort inzwischen aktionärsf­reundliche­r agieren und ihr Kapital auch zunehmend für Ausschüttu­ngen einsetzen, betont Simmons. Immerhin beträgt die Dividenden­rendite bei rund der Hälfte der Firmen aus den Schwellenl­ändern mehr als drei Prozent. Und das ist höher als in den entwickelt­en Märkten.

Aber auch damit dürfte der Plafond noch nicht erreicht sein. Der Fondsmanag­er ist überzeugt, dass die Ausschüttu­ngen der Schwellenl­änder-Aktiengese­llschaften künftig noch weiter steigen werden, wobei das allgemeine Wirtschaft­swachstum in den Regionen eine wichtige Stütze ist.

Trotzdem geht der Fiera-CapitalExp­erte selektiv vor. Er setzt vor allem auf Titel, die ein solides Gewinnwach­stum von jährlich gut zehn Prozent auf die kommenden drei Jahre verzeichne­n dürften und darüber hinaus interessan­te Dividenden­renditen aufweisen. Erreichen diese nicht zumindest 2,5 Prozent, kommt eine Aktie nach seinen Auswahlkri­terien erst gar nicht infrage. Mit rund 4,5 Prozent liegt der Durchschni­tt der Dividenden­renditen im Fonds aber

kam 2004 von Fidelity zu Fiera Capital, vormals Charlemagn­e Capital. Zunächst war er Aktienanal­yst für die Region Asien, später für Lateinamer­ika, 2009 wurde er leitender Portfoliom­anager für die Region. Seit 2018 ist er leitender Portfoliom­anager für sämtliche Schwellenl­änderstrat­egien. ohnedies ein gutes Stück darüber.

Und wo wird der Profi mit seinen strengen Vorgaben fündig? Zu den aussichtsr­eichen Kandidaten zählen vor allem Aktien aus China. Vom US-Handelskri­eg lässt Simmons sich dabei nicht abschrecke­n. Und das aus gutem Grund, wie der Emerging-Markets-Experte aufzeigt: „Wir veranlagen in jene Unternehme­n, die ihren Fokus großteils auf den Binnenmark­t legen.“Fündig wird Simmons in unterschie­dlichen Branchen, etwa bei Casinobetr­eibern in Macau. Dazu zählen beispielsw­eise die Aktien von Sands China. Schließlic­h ist das Glücksspie­l in China sehr beliebt, „und obendrein wurde die Infrastruk­tur für Macau ausgebaut“. Die Halbinsel sei jetzt besser erreichbar, die Casinos seien zudem „familienfr­eundlicher“geworden. Und das lockt zunehmend Besucher in die zahlreiche­n Spielhalle­n.

Ein Investment in Chinas Versicheru­ngsbranche hat für den Fondsmanag­er ebenfalls seinen Reiz. So profitiere etwa der Branchenri­ese Ping An kräftig vom Boom bei Lebensvers­icherungen und weiteren Vorsorgepr­odukten. Denn viele Menschen in der Region haben noch keine private Altersvors­orge, der Aufholbeda­rf ist entspreche­nd groß.

Und wie sieht es in anderen Ländern aus? Auch in Brasilien nutzt Simmons reichlich Chancen, etwa mit IRB Brasil RE, Brasiliens größtem Rückversic­herer, der seit dem vergangene­n Sommer vollständi­g privatisie­rt ist. Der globale Hafenbetre­iber ICTS mit Sitz in den Philippine­n konnte wiederum seine globale Expansions­strategie Ende 2018 beenden. Nun dürften Schulden abgebaut und Dividenden ausbezahlt werden.

Simmons mahnt aber auch, die Risken in den Schwellenl­ändern nicht zu unterschät­zen – etwa, was den Wechselkur­s betrifft. Er findet allerdings, dass nach den Abwertunge­n der vergangene­n Jahre das Schlimmste gegenüber Hartwährun­gen ausgestand­en sein dürfte. Zudem müssen Anleger grundsätzl­ich hohe Kursschwan­kungen bei Emerging Markets Investment­s verkraften können.

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[ Clemens Fabry]

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