„Bitcoin ist uns zu intransparent“
Interview. LGT-Österreich-Chef Meinhard Platzer über Geldanlage in Zeiten des Nullzinses, die Renaissance des Goldes und die Gründe dafür, dass sich Bitcoin als Blase herausstellen wird.
Die Presse: Herr Platzer, wie lang haben wir noch Nullzinsen: fünf Jahre, zehn, fünfzehn? Meinhard Platzer: Mit Prognosen ist das so eine Sache. Es gibt Forecaster, die nichts wissen, und es gibt solche, die nicht wissen, dass sie nichts wissen. Das Schöne an den Märkten ist ja, dass vieles unerwartet passiert. Wir rechnen in absehbarer Zeit mit weiter tiefen Zinsen.
Aber kurzfristig sieht es nicht gut aus, oder? Wir haben den Handelskrieg, wir haben den Brexit, die Wirtschaft steuert auf eine Rezession zu. Wir haben eine inverse Zinsstruktur im Euro und im Dollar. Es ist vieles unplanbar und unsicher geworden.
Was heißt das für Ihre Anlageentscheidungen? In diesem Umfeld nehmen wir eine neutrale Position ein, das heißt, wir machen keine größeren Wetten, konzentrieren uns auf große Unternehmen mit transparenten Businessmodellen. Auf der Anleihenseite ist es schwierig. Wir kaufen jetzt keine Staatsanleihen mehr, nur noch solche von Unternehmen. Obwohl wir wissen, dass der Preis für das Risiko eigentlich zu gering ist.
Der Goldpreis hat kräftig angezogen. Kann man noch investieren? Gold ist die Anlage, die besonders attraktiv wird, wenn die Zinsen sehr gering sind. Das heißt, in einem negativen Zinsumfeld steigt die Attraktivität. Dazu kommt, dass der Dollar derzeit sehr stark ist. Für Euro-Anleger ist es dabei wichtig, die Währungsseite zu beachten.
Einige meinen, dass Bitcoin langsam die Goldfunktion übernimmt. Bitcoin wird sich langfristig aus meiner Sicht als Blase herausstellen. Wir meinen, das ist keine Alternative zum Gold. Die Kryptowährung hat keinen intrinsischen Wert, und der Markt ist auch sehr eng. Das ist gefährlich. Und: Welches Problem löst Bitcoin eigentlich? Transaktionen sind wahnsinnig teuer. Wieso sollte man das machen?
Man kann damit beispielsweise anonyme Transaktionen tätigen . . . Genau. Und wer braucht anonyme Transaktionen? Etwas anderes ist die Technologie (Blockchain, Anm.). Damit hat man eine Lö
(51) ist Co-CEO der Österreich-Niederlassung der im Besitz der Fürstenfamilie stehenden liechtensteinischen LGT-Bank. Der gebürtige Südtiroler hat in Wien und St. Gallen studiert. Seine ersten beruflichen Stationen waren London, Wien und die Großbank UBS in der Schweiz. 2006 wurde er zum Vorstandschef der Österreich-Niederlassung der LGT berufen, die er seit 2015 gemeinsam mit Dieter Baumgartner führt. sung, man muss aber genau genommen noch die zu lösenden Probleme für diese Lösung finden.
Also nichts für Ihre Portfolios? Das Problem ist: Der ökonomische Wert des Bitcoin ist eigentlich die Anonymität. Dieser Wert lässt sich aber nicht quantifizieren. Wir erachten Investments in Kryptowährungen wie Bitcoin als spekulativ und können sie nicht empfehlen. Als Bank sind wir zudem verpflichtet zu wissen, wo das Geld herkommt. Die mit Bitcoin verbundene Intransparenz ist für uns also nicht akzeptabel. Das ist derzeit keine Asset-Klasse, in die wir hineingehen.
Also Bitcoin kommt nicht in Kundenportfolios. Kann man mit normalen Produkten überhaupt noch Rendite machen? Dieses Jahr ist bisher wider Erwarten sehr gut verlaufen. Wir liegen derzeit bei unseren ausgewogenen Portfolios bei acht bis neun Prozent in Euro. Nach wie vor gut entwickeln sich die Investments im Bereich Private Markets.
Ist die Aktienbewertung unterdessen nicht schon ein bisschen sportlich? Je nachdem, welche Bewertungsparameter herangezogen werden, sind Aktien nicht teuer, aber auch nicht billig. Billig sind sie im Verhältnis zu Anleihen, im historischen Vergleich sind sie aber eher teuer. Wir sehen nach wie vor Chancen im Aktienbereich. Es gibt auch wenig Alternativen, und im Cash zu bleiben kostet. Wir werden sehen, was die Notenbanken künftig machen. Vielleicht kommen die eines Tages sogar mit Helikoptergeld.
Das wäre wohl die endgültige Perversion, oder? Ja, wir könnten sicherlich noch Aktionen von den Notenbanken sehen, die wir heute noch als unmöglich einstufen.