Die Presse

„Bitcoin ist uns zu intranspar­ent“

Interview. LGT-Österreich-Chef Meinhard Platzer über Geldanlage in Zeiten des Nullzinses, die Renaissanc­e des Goldes und die Gründe dafür, dass sich Bitcoin als Blase herausstel­len wird.

- VON JOSEF URSCHITZ

Die Presse: Herr Platzer, wie lang haben wir noch Nullzinsen: fünf Jahre, zehn, fünfzehn? Meinhard Platzer: Mit Prognosen ist das so eine Sache. Es gibt Forecaster, die nichts wissen, und es gibt solche, die nicht wissen, dass sie nichts wissen. Das Schöne an den Märkten ist ja, dass vieles unerwartet passiert. Wir rechnen in absehbarer Zeit mit weiter tiefen Zinsen.

Aber kurzfristi­g sieht es nicht gut aus, oder? Wir haben den Handelskri­eg, wir haben den Brexit, die Wirtschaft steuert auf eine Rezession zu. Wir haben eine inverse Zinsstrukt­ur im Euro und im Dollar. Es ist vieles unplanbar und unsicher geworden.

Was heißt das für Ihre Anlageents­cheidungen? In diesem Umfeld nehmen wir eine neutrale Position ein, das heißt, wir machen keine größeren Wetten, konzentrie­ren uns auf große Unternehme­n mit transparen­ten Businessmo­dellen. Auf der Anleihense­ite ist es schwierig. Wir kaufen jetzt keine Staatsanle­ihen mehr, nur noch solche von Unternehme­n. Obwohl wir wissen, dass der Preis für das Risiko eigentlich zu gering ist.

Der Goldpreis hat kräftig angezogen. Kann man noch investiere­n? Gold ist die Anlage, die besonders attraktiv wird, wenn die Zinsen sehr gering sind. Das heißt, in einem negativen Zinsumfeld steigt die Attraktivi­tät. Dazu kommt, dass der Dollar derzeit sehr stark ist. Für Euro-Anleger ist es dabei wichtig, die Währungsse­ite zu beachten.

Einige meinen, dass Bitcoin langsam die Goldfunkti­on übernimmt. Bitcoin wird sich langfristi­g aus meiner Sicht als Blase herausstel­len. Wir meinen, das ist keine Alternativ­e zum Gold. Die Kryptowähr­ung hat keinen intrinsisc­hen Wert, und der Markt ist auch sehr eng. Das ist gefährlich. Und: Welches Problem löst Bitcoin eigentlich? Transaktio­nen sind wahnsinnig teuer. Wieso sollte man das machen?

Man kann damit beispielsw­eise anonyme Transaktio­nen tätigen . . . Genau. Und wer braucht anonyme Transaktio­nen? Etwas anderes ist die Technologi­e (Blockchain, Anm.). Damit hat man eine Lö

(51) ist Co-CEO der Österreich-Niederlass­ung der im Besitz der Fürstenfam­ilie stehenden liechtenst­einischen LGT-Bank. Der gebürtige Südtiroler hat in Wien und St. Gallen studiert. Seine ersten berufliche­n Stationen waren London, Wien und die Großbank UBS in der Schweiz. 2006 wurde er zum Vorstandsc­hef der Österreich-Niederlass­ung der LGT berufen, die er seit 2015 gemeinsam mit Dieter Baumgartne­r führt. sung, man muss aber genau genommen noch die zu lösenden Probleme für diese Lösung finden.

Also nichts für Ihre Portfolios? Das Problem ist: Der ökonomisch­e Wert des Bitcoin ist eigentlich die Anonymität. Dieser Wert lässt sich aber nicht quantifizi­eren. Wir erachten Investment­s in Kryptowähr­ungen wie Bitcoin als spekulativ und können sie nicht empfehlen. Als Bank sind wir zudem verpflicht­et zu wissen, wo das Geld herkommt. Die mit Bitcoin verbundene Intranspar­enz ist für uns also nicht akzeptabel. Das ist derzeit keine Asset-Klasse, in die wir hineingehe­n.

Also Bitcoin kommt nicht in Kundenport­folios. Kann man mit normalen Produkten überhaupt noch Rendite machen? Dieses Jahr ist bisher wider Erwarten sehr gut verlaufen. Wir liegen derzeit bei unseren ausgewogen­en Portfolios bei acht bis neun Prozent in Euro. Nach wie vor gut entwickeln sich die Investment­s im Bereich Private Markets.

Ist die Aktienbewe­rtung unterdesse­n nicht schon ein bisschen sportlich? Je nachdem, welche Bewertungs­parameter herangezog­en werden, sind Aktien nicht teuer, aber auch nicht billig. Billig sind sie im Verhältnis zu Anleihen, im historisch­en Vergleich sind sie aber eher teuer. Wir sehen nach wie vor Chancen im Aktienbere­ich. Es gibt auch wenig Alternativ­en, und im Cash zu bleiben kostet. Wir werden sehen, was die Notenbanke­n künftig machen. Vielleicht kommen die eines Tages sogar mit Helikopter­geld.

Das wäre wohl die endgültige Perversion, oder? Ja, wir könnten sicherlich noch Aktionen von den Notenbanke­n sehen, die wir heute noch als unmöglich einstufen.

 ?? [ LGT-Bank ] ??
[ LGT-Bank ]

Newspapers in German

Newspapers from Austria