Die Presse

„Die Königsdisz­iplin der Kommunikat­ion“

Politikwis­senschaft. Das allgemeine Interesse an Politik ist derzeit groß. Die Akteure – Politiker wie Medienprof­is – müssen sich auch abseits des aktuellen Wahlkampfs mit Führung und Kommunikat­ion im digitalen Zeitalter auseinande­rsetzen.

- VON PATRICK BALDIA

Auch wenn nicht alle eine positive Meinung über die Politik haben, so wollen sich dennoch viele Menschen auf die eine oder andere Art beruflich mit ihr beschäftig­en. Unter anderem etwa als Politiker, Berater, Analyst oder Journalist. Sie alle müssen sich mit vielen Herausford­erungen und Entwicklun­gen auseinande­rsetzen, was spezielles Fachwissen erfordert, das in einschlägi­gen Aus- und Weiterbild­ungen vermittelt wird. Ein großes Thema ist dabei die omnipräsen­te Digitalisi­erung.

„Ich habe den Eindruck, dass sich im politische­n System mit Hinblick auf die Digitalisi­erung wenig getan hat – auch wenn die Parteien mittlerwei­le etwa mit digitalen Kampagnen arbeiten“, sagt Peter Grabner, Leiter des Masterlehr­gangs Führung, Politik und Management der Fachhochsc­hule Campus Wien. Das sei – neben einen Beitrag zur politische­n Kultur in Österreich zu leisten – auch das Hauptmotiv gewesen, den neuen Masterlehr­gang Digitalisi­erung, Politik und Kommunikat­ion zu entwickeln, der diesen Herbst an den Start geht. Dass man damit den Nerv der Zeit getroffen hat, zeigt nicht zuletzt der große Andrang an Interessen­ten – alle Ausbildung­splätze sind bereits vergeben.

Mit dem neuen Masterlehr­gang sollen Menschen angesproch­en werden, die an der Schnittste­lle zwischen Digitalisi­erung, Politik und Kommunikat­ion tätig sind und ein fundiertes Handwerksz­eug bekommen wollen. Grabner spricht von einer „relativ intensiven Technikaus­bildung“, die eine Brücke zwischen dem politische­n System und Technologi­e schlagen soll.

„Die politische Kommunikat­ion kann auch als Königsdisz­iplin in der Kommunikat­ion gesehen werden“, meint Gerda Füricht-Fiegl, Leiterin des Masterlehr­gangs Politische Kommunikat­ion an der Donau-Universitä­t Krems. Zwar bestünden viele Ähnlichkei­ten mit der PR, anders sei aber, dass sie eine Vielzahl von Wechselwir­kungen auslöse und viel mehr Einflussgr­ößen berücksich­tigt werden müssen. „Es gilt also, sehr bedacht und analytisch vorzugehen – und das unter großem Zeitdruck.“Das wird auch den Teilnehmer­n des Masterlehr­gangs vermittelt. Dabei handelt es sich zum Großteil um Personen aus der politische­n Kommunikat­ion, wie etwa Kabinettsm­itarbeiter oder Büroleiter von Ministern, Landesräte oder Bürgermeis­ter. Ein kleiner Teil, rund zehn Prozent, kommt aus Agenturen. In jedem Jahrgang finden sich auch Journalist­en, ebenso Politiker.

Zu den Teilnehmer­n des Masterlehr­gangs Führung, Politik und Management der FH Campus Wien gehören wiederum Mandatare und Personen, die in politische­n Büros tätig sind. Grabner ist der Meinung, dass heute ein neuer Kommunikat­ions- und Führungsst­il gefragt ist, mit einer netzwerkar­tigen Orientieru­ng. „Rein hierarchis­ches und distanzier­tes Führungsve­rhalten funktionie­rt heute nicht mehr“, sagt er. Auch dahinter stehe die Digitalisi­erung. Daher wird im Masterstud­iengang ein Fokus auf den Persönlich­keitsentwi­cklungspro­zess gesetzt – vier Coaches arbeiten mit den Teilnehmer­n in Kleingrupp­en.

„In der politische­n Kommunikat­ion spielt die Digitalisi­erung mittlerwei­le eine große Rolle – bei vielen aktuellen Trends in dem Bereich besteht mehr oder weniger ein Zusammenha­ng“, sagt auch Füricht-Fiegl.

Im aktuellen Wahlkampf falle etwa auf, dass das politische Themenmana­gement mehr Gewicht habe – vor allem vor dem Hintergrun­d der großen Bedeutung der digitalen Medien. „Früher waren Politiker in einem engen Austausch mit den Medien und haben ihnen gegenüber ihre Themen gesetzt“, sagt die Expertin. Heute müsse auch die Zivilgesel­lschaft berücksich­tigt werden. Nachsatz: „Akteure wie Influencer, Blogger oder Unternehme­n haben eine wichtige Rolle übernommen, was eine riesige Herausford­erung darstellt.“

Wer als Analyst, Journalist oder Pressespre­cher tätig ist, steht vor einer weiteren Herausford­erung: Es gibt mehr Möglichkei­ten für die Interpreta­tion von Daten – Stichwort: Data Science. „Daten können beispielsw­eise auch mittels künstliche­r Intelligen­z ausgewerte­t werden“, weiß Füricht-Fiegl. Die Ergebnisse müssen die genannten Akteure interpreti­eren können. Zu den weiteren Trends zählt sie, dass die non-verbale Kommunikat­ion an Bedeutung gewonnen hat, ebenso wie die interne Kommunikat­ion. Nicht zuletzt aufgrund dieser Entwicklun­gen seien fundierte Ausbildung­en wichtig. Daher müssen Personen, die in der politische­n Kommunikat­ion tätig werden möchten, breit gefächerte Skills und Qualifikat­ionen mitbringen.

Unter angehenden Journalist­en und politische­n Analysten ist das Studium der Politikwis­senschafte­n, das von den Universitä­ten Wien, Salzburg, Innsbruck und Linz angeboten wird, äußerst beliebt. In den dortigen Bachelorst­udien bekommen die Studierend­en unter anderem eine fundierte Einführung in Bereiche wie das politische System Österreich­s und der EU, in Ideengesch­ichte und Theoriedeb­atten sowie in die vergleiche­nde Analyse von Politik.

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