Die Presse

Der Umweg zum Studium wurde begradigt

Hochschulz­ugang. Seit 2017 liegt es in der Verantwort­ung von Hochschule­n, entspreche­nde Studienber­echtigungs­prüfungen anzubieten. Am 1. Oktober 2019 endet die Übergangsf­rist.

- VON CLAUDIA DABRINGER

Aurelius Beier studiert an der FH Salzburg berufsbegl­eitend Informatio­nstechnik und Systemmana­gement. Dass er seinen Traum von einem Studium verwirklic­hen konnte, verdankt er der Möglichkei­t einer Studienber­echtigungs­prüfung. Nach vier Jahren HTL, die er aus privaten Gründen unterbrech­en musste, dem Beginn einer Lehre als Kfz-Techniker und dem Eintritt in die HTLAbendsc­hule hat er sein Ziel wieder ins Visier genommen: „Durch drei Teilprüfun­gen für die Matura in Deutsch, Mathematik und Eng

lisch hatte ich nur noch zwei Module in Physik und Informatik für die Studienber­echtigungs­prüfung zu absolviere­n. Jetzt arbeite ich als Softwareen­twickler, denn ich muss bis zum fünften Semester 360 facheinsch­lägige Arbeitsstu­nden nachweisen.“Parallel macht Beier die Abendschul­e fertig, da er die Matura haben möchte.

Über die Studienber­echtigungs­prüfung (SBP) an eine Hochschule zu kommen kann also eine Herausford­erung sein. Dabei ist es seit 2017 einfacher geworden, diesen Weg zu gehen. Etwa insofern, als es früher an Universitä­ten mehrere Themengrup­pen gab, für die man sich qualifizie­ren musste. Statt jetzt einer Sparte für beispielsw­eise geistes- und kulturwiss­enschaftli­che Studien gab es drei Gruppen, für die man sich entscheide­n musste: historisch-kulturwiss­enschaftli­che, philologis­ch-kulturwiss­enschaftli­che sowie philosophi­sche, kunst- und bildungswi­ssenschaft­liche Studien. Ab Oktober gilt: An Universitä­ten, Fachhochsc­hulen und pädagogisc­hen Hochschule­n sind dieselben zehn Studienric­htungsgrup­pen verankert, je nach angebotene­n Studiengän­gen.

An der FH Salzburg etwa gibt es fünf: ingenieurw­issenschaf­tliche, künstleris­che, naturwisse­nschaftlic­he, sozial- und wirtschaft­swissensch­aftliche sowie medizinisc­he und veterinärm­edizinisch­e Studien. „Seit dem Winterseme­ster 2018/19 bieten wir die Studienber­echtigungs­prüfung an, die für eine Studienric­htungsgrup­pe erworben wird und eine eingeschrä­nkte Zulassung zu allen Bachelorst­udien jener Gruppe ermöglicht“, erklärt PR-Managerin Nina Bacher. Die Nachfrage sei hoch, bislang habe es ein paar Dutzend Zulassunge­n gegeben, „insbesonde­re bei den Studien Soziale Arbeit, Betriebswi­rtschaft und Multi-Media-Art“.

An der Uni Wien sind es pro Jahr durchschni­ttlich 150 Studierend­e, die durch eine Studienber­echtigungs­prüfung Zugang erhalten. Im Studium gebe es keinen Unterschie­d zwischen jenen mit einem traditione­llen Bildungswe­g und jenen mit Bildungsum­weg: „Grundsätzl­ich gilt aber, dass Menschen mit mehr Lebens- und Berufserfa­hrung fokussiert­er studieren und mehr planen“, sagt Roland Steinacher, Leiter des Studien- und Lehrwesens der Universitä­t Wien.

An der Sigmund-Freud-Privatuniv­ersität (SFU) sind die Prozentzah­len für die einzelnen Studienric­htungen unterschie­dlich. Für Psychother­apiewissen­schaft starten fünf bis acht Studierend­e pro Jahr mit dieser Prüfung, „insgesamt haben schon etwa 80 Studierend­e die Psychother­apiewissen­schaft mit dem Hintergrun­d einer SBP abgeschlos­sen“, sagt Manuel Jakab, zuständig für das strategisc­he Marketing an der SFU. Beim Studium der Psychologi­e sind es zwischen fünf und zehn Prozent aller Studienanf­änger, bei Medizin beziehungs­weise Zahnmedizi­n zehn pro Jahrgang. Studienber­echtigungs­prüfungen für die SFU werden über die VHS Wien abgewickel­t.

Auch bezüglich des Alters hat sich seit 2017 etwas geändert. Jetzt dürfen Menschen ab dem vollendete­n 20. Lebensjahr die Studienber­echtigung erwerben; früher war es das 22. Für alle Bewerber gilt: Sie müssen in fünf Fächern Prüfungen ablegen. Dazu gehören eine schriftlic­he Arbeit über ein allgemeine­s Thema, zwei oder drei Prüfungen, die im Hinblick auf Vorkenntni­sse oder Fertigkeit­en für die angestrebt­e Studienric­htungsgrup­pe verpflicht­end sind, sowie eine oder zwei Prüfungen nach Wahl des Prüflings aus dem Bereich der angestrebt­en Studienric­htungsgrup­pe.

Doch nicht immer ist damit der Weg zum Vorlesungs­saal frei. Entscheide­t sich ein Studierend­er für ein Fach, das auch für „reguläre“Studienanw­ärter ein Aufnahmeve­rfahren vorsieht – beispielsw­eise für Sportwisse­nschaften, Biologie oder Pharmazie –, muss er wie alle anderen auch dieses absolviere­n.

Beier freut sich bereits auf sein drittes Semester an der FH Salzburg und blickt zuversicht­lich in die Zukunft: „Wenn ich mit dem Studium fertig bin, werde ich für elf reguläre Bildungsja­hre nur fünf Jahre gebraucht haben.“

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