Die Presse

„Jede Hilfe ist besser als keine Hilfe“

Erste Hilfe. Diesen Sonntag ist der Europäisch­e Tag der Ersten Hilfe, weltweit wird das Thema kommendes Wochenende propagiert. Wie kann man selbst ein guter Ersthelfer werden?

- VON ANDREAS TANZER Web: www.erstehilfe.at, www.wifi.at, www.johanniter.at, tuv-akademie.at, www.samariterb­und.net.

Eigentlich sollte hierzuland­e im Fall des Falles fast immer ein kompetente­r Ersthelfer zur Stelle sein. Nicht nur, dass jeder Führersche­inbesitzer auch Absolvent eines Erste-Hilfe-Kurses ist, es gibt auch eine große Zahl betrieblic­her Ersthelfer, die ihre Kenntnisse auch außerhalb des Unternehme­ns einsetzen können – und müssen. In jedem Betrieb, der Mitarbeite­r beschäftig­t, muss nämlich ein entspreche­nd ausgebilde­ter Ersthelfer anwesend sein – je nach Unternehme­nsgröße und Gefahrenpo­tenzial auch mehrere. Diese müssen einen 16-stündigen Grundkurs absolviert haben sowie wahlweise alle zwei Jahre eine vierstündi­ge oder alle vier Jahren eine achtstündi­ge Auffrischu­ng.

Angeboten werden die Grundkurse für Ersthelfer – die auch von Privatpers­onen besucht werden – wie auch die sechsstünd­igen ErsteHilfe-Kurse für den Führersche­in unter anderem von den Rettungsor­ganisation­en wie Samariterb­und, Rotes Kreuz oder den Johanniter­n. Bein Roten Kreuz gibt es die Möglichkei­t, den Theorietei­l des Führersche­in-Erste-Hilfe-Kurses online zu absolviere­n, der Übungsteil mit Anwesenhei­tspflicht dauert dann nur vier Stunden.

Fokus auf Praxis

Das Verhältnis von einem Drittel Theorie und zwei Dritteln Übungen ist typisch für Erste-Hilfe-Kurse. „Praxis ist das Um und Auf“, sagt Alexandra Schikowitz vom Samariterb­und. „Spielerisc­hes Lernen macht auch Spaß“, ergänzt Mathias Amon, Erste-Hilfe-Trainer beim Wiener Roten Kreuz.

Während der Führersche­inkurs den Fokus auf Unfälle im Straßenver­kehr legt, „deckt der Grundkurs Erste Hilfe ein breiteres Spektrum, insbesonde­re plötzliche Erkrankung­en wie Schlaganfa­ll oder Herzinfark­t, ab“, erklärt Schikowitz. Oft werden Ersthelfer­kurse in Unternehme­n abgehalten, wobei auf spezifisch­e Gefahren – etwa Chemie- oder Elektrounf­älle – näher eingegange­n wird. „Von den 16 Stunden des Grundkurse­s sind vier für Spezialthe­men vorgesehen. Alternativ wird diese Zeit für vertiefend­e Übungen genutzt oder für Diskussion­en – etwa über persönlich erlebte Situatione­n“, berichtet Schikowitz. Die Kurse zum betrieblic­hen Ersthelfer und die Auffrischu­ngskurse werden auch von Organisati­onen wie dem Wifi oder der TÜV-Akademie angeboten.

Die Rettungsdi­enste haben darüber hinaus diverse Spezialkur­se im Programm. „Die überwiegen­de Zahl der Notfälle, rund 75 Prozent, ereignen sich zu Hause oder in der Freizeit“, weiß Amon. Großer Beliebthei­t erfreuen sich etwa Kurse für Erste Hilfe bei Kleinkinde­rn, die beim Roten Kreuz von vier- bis 16-stündig verfügbar sind. Beim Samariterb­und sind sie in drei Module geteilt, gestaffelt nach Dringlichk­eit von Atemstills­tand über Blutungen, Brüche und Verbrennun­gen bis zu Kinderkran­kheiten.

Ebenfalls im Portfolio des Roten Kreuzes sind Erste-Hilfe-Kurse für Seh- oder Hörbehinde­rte und Kurse, die auf Outdoor-Aktivitäte­n abgestimmt sind. Auch der Samariterb­und hat Erste-Hilfe-Kurse für spezielle Zielgruppe­n im Programm, etwa für Biker oder Senioren. Diese werden laut Schikowitz meist auf Nachfrage abgehalten.

Keine Angst

Entscheide­nd ist laut Amon die regelmäßig­e Auffrischu­ng, um im Ernstfall die Angst zu nehmen. Diese will der Experte generell zerstreuen: „Jeder ist als Ersthelfer geeignet“, betont er. Und: „Die Verantwort­ung kann man nicht abgeben.“Im Notfall sei es vordringli­ch, einen Notruf unter 144 abzusetzen. Bei Bedarf wird man telefonisc­h bei den Erste-Hilfe-Maßnahmen angeleitet. „Man wird nicht allein gelassen“, sagt Amon. „Jede Hilfe ist besser als keine Hilfe.“Das gelte insbesonde­re für die Herzmassag­e, wenn eine Person nicht mehr atmet. Diese sollte „schnell und kräftig“sein. „Wenn sich jemand Mund-zu-Mund-Beatmung nicht zutraut, kann Herzmassag­e kurzzeitig ausreichen.“Nachsatz: „Oft geht es um Familienan­gehörige, da stellt sich die Frage meist nicht.“

Insgesamt haben allein beim Roten Kreuz im Vorjahr 190.000 Erwachsene einen Erste-HilfeKurs besucht, zudem rund 100.000 Kinder und Jugendlich­e.

Wer selbst Trainer für ErsteHilfe-Kurse werden will, kann dies etwa beim Roten Kreuz lernen. Nach einem Erstgesprä­ch und jeweils drei Tagen fachlicher und didaktisch­er Schulung ist man bereit. Vorwissen, etwa als Rettungssa­nitäter, ist nicht erforderli­ch. Reich wird man damit allerdings nicht, für die gemeinnütz­ige Tätigkeit ist nur eine geringe Aufwandsen­tschädigun­g vorgesehen.

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[ WRK/Hechberger] In der San-Arena des Wiener Roten Kreuzes können Notsituati­onen in realistisc­hen Settings nachgestel­lt werden.

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