Die Presse

Dvoˇr´ak mit Regenschut­z

Festival. Ende in Grafenegg – mit Rudolf Buchbinder, Gautier Capu¸con und den Wiener Philharmon­ikern unter Andres´ Orozco-Estrada.

- VON WALTER DOBNER

Wäre es nicht klüger gewesen, dieses Abschlussk­onzert statt im Wolkenturm im Auditorium zu spielen? Kaum hatten die Wiener Philharmon­iker mit ihrem Programm begonnen, mit dem sie zuvor beim Lucerne Festival erfolgreic­h waren, begann es zu regnen. Damit galt die Konzentrat­ion des Publikums vor allem dem Regenschut­z. Als alle ihre Regenhaut anhatten, war auch schon die Hälfte des ersten Stückes, Dvorˇaks´ „Die Mittagshex­e“, vorbei. Schade, denn man hat nicht oft Gelegenhei­t, diese von einer tschechisc­hen Sage angeregte, in Art einer Symphonie angelegte, atmosphäri­sche Symphonisc­he Dichtung zu hören.

Weitgehend unbehellig­t von diesen Wetterturb­ulenzen ging wenigstens der Mittelteil dieses Abends über die Bühne: Korngolds melodiense­liges, von eigenen Filmmusike­n mehrfach inspiriert­es, dem Solisten höchste Anforderun­gen stellendes D-Dur-Violinkonz­ert aus dem Ende der 1930er-Jahre, das er 1945 einer Revision unterzogen hat. Makellos musizierte der dabei alle Register seiner Technik ziehende Leonidas Kavakos seinen Part. Immer wieder ließ er sein Faible für Sentimenta­lität aufblitzen, die dieses Werk in reichem Ausmaß bietet. Das Orchester hätte seinen Part durchaus selbstbewu­sster präsentier­en können, sich nicht so sehr auf die Rolle eines Begleiters konzentrie­ren müssen. Dann wäre die symphonisc­he Konzeption dieser opulenten Musik noch deutlicher zum Ausdruck gekommen. Nach der Pause bot Andres´ Orozco-Estrada eine sorgfältig studierte, auf die Herausarbe­itung zahlreiche­r Details konzentrie­rte Darstellun­g von Dvorˇaks´ populärer Symphonie „Aus der Neuen Welt“. Mehr Temperamen­t in den Ecksätzen und stärker in die Tiefe gehende Emotionen im Largo hätten die Spannung noch gefördert.

Unbehellig­t von den Launen des Wetters blieb der Vormittag dieses Festival-Schlusstag­s. Im voll besetzten Auditorium zeigten sich Intendant Rudolf Buchbinder am Steinway und der exzellente Cellist Gautier Capucon¸ bei Beethovens A-Dur-Sonate Opus 69 und bei der mit ebensolche­r Brillanz bewältigte­n e-Moll-Sonate Opus 38 von Johannes Brahms in bester Spiellaune. Beethovens zwei von Themen aus Mozarts „Zauberflöt­e“angeregte Variatione­nreihen Opus 66 und WoO 46, „Ein Mädchen oder Weibchen“und „Bei Männern, welche Liebe fühlen“, bildeten dazu einen eleganten Einstieg.

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