Gehört das Oktoberfest München?
Markenrecht. Seit der jüngsten Reform haben auch kreative Markenideen bessere Chancen auf Registrierung. Was alles möglich ist, wo die Grenzen liegen – und warum das Oktoberfest vielleicht doch nicht München allein gehört.
Seit der jüngsten Reform haben auch kreative Markenideen bessere Chancen auf Registrierung.
Die Stadt München möchte Markenschutz – für ihr Oktoberfest. Seit Jahren kämpft sie darum, auch nach einer Niederlage beim deutschen Patentamt gibt sie nicht auf. Zumal das Verfahren auf EUEbene noch läuft und die europäische Behörde schon einmal Einsehen zeigte: Die Unionsmarke „Wiesn“gestand sie der bayrischen Hauptstadt bereits zu. Wenn auch bloß für einige wenige, in diesem Kontext eher seltsame Produktgruppen – etwa Reinigungsmittel.
Aber die Bayern wollen mehr – am liebsten Markenschutz für alle Produkte und Dienstleistungen. Und zwar für das Fest und die „Wiesn“. Wie aussichtsreich das ist, daran scheiden sich die Geister: Allgemeine Begriffe kann sich nämlich niemand als Marke vorbehalten. Daran scheiterte bislang auch der Schutz fürs „Oktoberfest“.
Mit solchen Problemen steht die Stadt jedoch nicht allein da. Auch Unternehmen beanspruchen oft Begriffe als Marke für sich, die bereits zu Gattungsbezeichnungen geworden sind – siehe den Rechtsstreit um den „Kornspitz“, der in Österreich bis zum Obersten Gerichtshof ging (4 Ob 63/15s).
Das ist jedoch nur eine Seite der Medaille. Auf der anderen Seite schöpfen Firmen ihre markenrechtlichen Möglichkeiten bei Weitem nicht aus. Vor allem sei vielen nicht bewusst, dass das Kriterium der grafischen Darstellbarkeit seit der Reform 2017 weggefallen ist, sagt Veronika Appl, Anwältin bei DLA Piper. Das kann die Registrierung nicht alltäglicher Marken beträchtlich erleichtern.
Von Klang bis Multimedia
Mussten etwa Klangmarken früher als Notenblatt (gegebenenfalls mit Text) eingereicht werden, reicht jetzt eine Audiodatei. Und gänzlich neu ist, dass auch Bewegungsmarken, etwa ein sich drehendes Logo, oder Multimediamarken aus bewegten Bildern und Ton registriert werden können. Eine der wenigen derartigen Marken auf EU-Ebene wurde übrigens 2018 für ein österreichisches Unternehmen registriert, den Fahnenhersteller „Fahnengärtner“aus Mittersill. Österreichische Beispiele für Klangmarken sind etwa der Almdudler-Ruf, das von Herbert Prohaska gesprochene „Ich sag einmal so“in der Kelly’s-Werbung oder eine Klangmarke von Ottakringer. 218 Klangmarken gibt es auf EU-Ebene bereits, aber erst 28 Bewegungsmarken und nur 16 EU-weit registrierte Multimediamarken. Immerhin sei die Zahl der Anträge im Steigen begriffen, sagt Appl, es gebe auch zahlreiche anhängige Verfahren. Dennoch – das Bewusstsein dafür fehle oft noch.
Kuriose Markenideen gab es freilich auch früher; so ließ sich eine niederländische Firma den Duft von „frisch gemähtem Gras“für Tennisbälle registrieren. Diese (inzwischen erloschene) „Geruchsmarke“blieb aber bislang eine Ausnahme; registrierbar bleibt auf diesem Gebiet weiterhin nur das, was sich verbal beschreiben lässt.
Noch etwas ist vielen nicht bewusst: Der Benützungszwang für Marken gilt jetzt nicht mehr nur für fünf Jahre ab der Anmeldung, sondern auch später. Setzt man fünf Jahre mit der Benützung aus, kann theoretisch jeder einen Löschungsantrag stellen. Faktisch wird das freilich nur jemand tun, der selbst Interesse an der Marke hat.
Verkaufen und verpfänden
Nicht zu unterschätzen ist indes der wirtschaftliche Wert von Marken – weshalb sie sowohl verkauft als auch ver- und gepfändet werden können. Und ja: Es kann durchaus passieren, dass eine wirtschaftlich starke Marke auf diesem Weg in die Hände eines unbekannten Unternehmens kommt. Heißt das, man muss als Konsument befürchten, dass – um ein frei erfundenes Beispiel zu nennen – plötzlich irgendein unbekannter chinesischer Hersteller ein gefärbtes Zuckerwasser als „Red Bull“vertreibt, sollte der Eigentümer die Marke irgendwann veräußern wollen oder müssen? Das nun auch wieder nicht: Ist mit dem Rechtsübergang eine mögliche Täuschung des Publikums verbunden, „hat das Patentamt den Überschreibungsantrag abzuweisen“, sagt Appl. Der Käufer könnte die Marke dann höchstens für ein eingeschränktes Waren- oder Dienstleistungsangebot verwenden. Oder einfach sterben lassen.