Die Presse

„Jetzt ist es Zeit zu ernten“

Volleyball. Österreich startet am Freitag in Belgien in eine historisch­e EM-Endrunde, der Lohn für die kontinuier­liche Arbeit. Teamchef Michael Warm und starke Legionäre prägen den Erfolgsweg.

- VON SENTA WINTNER

Seit Monaten arbeiten Österreich­s Volleyball­er darauf hin, am Freitag ist es so weit: In Brüssel erfolgt für das Nationalte­am der EM-Auftakt gegen Gastgeber Belgien (20.30 Uhr, live ORF Sport+). Es ist die sechste Teilnahme nach 1955, 1958, 1963 (jeweils per Nennung), 1999 und 2011 (als Gastgeber), erstmals hat sich die Auswahl von Teamchef Michael Warm sportlich qualifizie­rt und damit die eigene Entwicklun­g gekrönt. „Wir haben zehn Jahre investiert, jetzt ist es Zeit zu ernten“, betonte Sportdirek­tor Gottfried Rath, der den EMAuftritt auch dazu nützen will, mehr Kinder zum Sport zu bringen. „Das ist leichter zu planen, wenn man erfolgreic­h ist.“

Der Aufschwung im heimischen Volleyball ist eng mit Teamchef Warm verknüpft. Seit neuneinhal­b Jahren ist der Deutsche im Amt, hat in dieser Zeit Verband, Training und Mindset auf ein neues Level gebracht. Die Heim-EM 2011 kam noch zu früh, damals wurde Österreich wie zuvor schon 1999 ohne Satzgewinn und bei allen vorigen Turnieren Gruppenlet­zter. Diesmal sind die Ziele klar höher gesteckt, soll im SechserPoo­l ein Top-vier-Platz und damit der Aufstieg gelingen. Erstmals findet die Endrunde in vier Ländern (neben Belgien fungieren auch Frankreich, die Niederland­e und Slowenien als Gastgeber) und mit 24 Mannschaft­en statt.

Der EM-Favoritenk­reis wird von Weltmeiste­r Polen und Titelverte­idiger Russland angeführt, Österreich ist ohne Frage Außenseite­r in seiner Gruppe: Neben Vize-Europameis­ter Deutschlan­d warten mit Belgien und Serbien zwei Halbfinali­sten von 2017. Über den Aufstieg werden deshalb voraussich­tlich die Partien gegen die Slowakei und Spanien entscheide­n. „Sie sind nicht ganz so hoch wie die anderen einzuordne­n“, erklärte Warm. Beide Gegner sind jedoch in der (nicht hochaktuel­len) Weltrangli­ste vor dem Nationalte­am (37.) gereiht. „Die Außenseite­rrolle liegt uns“, so der 51-Jährige und mahnte: „Wir dürfen nicht zu weit vorausdenk­en.“Körperlich sieht er seine Mannschaft für das dichte Programm mit fünf Spielen in sieben Tagen gewappnet, auch für den angestrebt­en sechsten Auftritt – im Achtelfina­le.

Seit Ende Juli bereitet sich das Nationalte­am geschlosse­n auf das Highlight vor, hat erst an der Athletik und zuletzt in den drei Testspiel-Doppeln gegen die Türkei, Rumänien und Nordmazedo­nien (zwei Siege) am Spielerisc­hen gefeilt. Neben dem Verzicht auf Italien-Legionär Paul Buchegger, der nach einer Meniskusve­rletzung nicht rechtzeiti­g fit geworden ist (Warm: „Ein Volleinsat­z wäre nicht verantwort­bar“), fiel mit Lukas Kühl der Jüngste der Reduktion auf 14 Mann zum Opfer. „Er hat einen Start von null auf hundert hingelegt und wird sicher eine Zukunft im Nationalte­am haben“, lobte der Teamchef den 19-jährigen Mittelbloc­ker von Graz. Kühl ereilte das Schicksal, das Alexander Berger, Peter Wohlfahrts­stätter und Philipp Kroiss vor der Heim-EM 2011 getroffen hatte.

Inzwischen ist das Trio aus dem Nationalte­am nicht mehr wegzudenke­n und Vorreiter der neuen Volleyball­generation. War Philipp Schneider vor acht Jahren der einzige Legionär im ÖVV-Aufgebot (diesmal als Co-Kommentato­r dabei), stehen heuer mit Nicolai Grabmüller, Maximilian Landfahrer und Thomas Tröthann lediglich drei Spieler bei Aich/Dob in der heimischen Liga unter Vertrag. Denn die Tiroler Alpen-Volleys treten mit deutscher Lizenz im Nachbarlan­d an, die derzeit vereinslos­en Max Thaller (zuletzt Rumänien) und Alexander Tusch (2. Liga in Italien) werden bei entspreche­nden EM-Auftritten ebenso neuerlich im Ausland unterkomme­n.

Für Teamchef Warm könnte es indes die Abschiedsv­orstellung sein, die Vertragsve­rlängerung ist angesichts seines Engagement­s bei Champions-League-Starter Friedrichs­hafen ungewiss. Für Österreich­s Verband soll es hingegen der Beginn regelmäßig­er Turniertei­lnahmen sein, wie Sportdirek­tor Rath festhielt: „2021 wollen wir mit Männern und Frauen dabei sein.“ Im Ausland gereift

 ?? [ APA ] ??
[ APA ]

Newspapers in German

Newspapers from Austria