„Wir stehen besser da als Deutschland“
Interview. Die österreichische Wirtschaft habe sich von Deutschland emanzipiert, sagt Wirtschaftsministerin UdolfStrobl. Von der nächsten Regierung erwartet sie Steuersenkungen und eine Aufwertung des Wirtschaftsressorts.
Die Presse: Wirtschaftsthemen sind im Wahlkampf Fehlanzeige, empfinden Sie das auch so? Elisabeth Udolf-Strobl: Das Thema findet man nur in Deutschland. Dort sind die Konjunktur und eine mögliche Wirtschaftsflaute ein großes Thema. Aber zum Glück stehen wir sehr viel besser da als Deutschland.
Warum? Vielleicht, weil bei uns auch der Aufschwung etwas später war. Deshalb ist keine Flaute in Sicht. Wir gehen aus dem Sprint ins normale Tempo über.
Früher hat es doch geheißen: Wenn Deutschland hustet, haben wir schon die Grippe. Die Wirtschaft hat sich von Deutschland emanzipiert. Wir sind ausgewogener aufgestellt. Natürlich hängen wir noch stark mit der deutschen Wirtschaft zusammen, aber eben auch mit den Ländern in Osteuropa. Vor dreißig Jahren war unsere Wirtschaft bis zu 70 Prozent mit Deutschland verwoben, heute sind es 30 Prozent. Wir bekommen also nicht mehr so schnell die Grippe.
Aber auch unsere Wirtschaft verliert an Schwung. Sollen wir auf den Stillstand warten? Wir setzen Maßnahmen wie die Exportförderung. Wir investieren in die Internationalisierung, etwa mit der Initiative „Go International“. Das macht sich bezahlt. Auch die kleinen und mittlereren Unternehmen stellen sich international auf. Diese Diversifizierung hilft uns dann, konjunkturelle Rückschläge besser abzufedern. Aber natürlich dürfen wir nicht naiv sein und glauben, dass wir uns von der Weltwirtschaft abkoppeln können. Wir liegen wirtschaftlich gut, aber bei vielen Dingen auch nicht – da sind wir bestenfalls im Mittelfeld. Diese Dinge muss aber die nächste Regierung in die Hand nehmen, die kann man nicht kurzfristig lösen.
Welche Dinge muss die nächste Regierung in die Hand nehmen? Zuallererst kommen sicher die Steuern und Abgaben. Da sind wir nicht im Mittelfeld, sondern relativ weit hinten. Vor allem unsere östlichen Nachbarn sind bei Lohnkosten und Unternehmenssteuern viel besser aufgestellt. Wichtig für den Wirtschaftsstandort ist aber auch die Forschung. Forschung und Innovation sichern die Arbeitsplätze der Zukunft.
Braucht es nicht auch ein Ministerium, in dem der Standort mehr ist als ein Anhängsel? Ich möchte keine Wertung abgeben für das, was war. Aber ich meine schon, dass das Thema Wirtschaftsstandort eine starke Basis braucht. Ein Ressort, das für den Wirtschaftsstandort zuständig ist, ist eine Notwendigkeit für Österreich.