Hongkong greift nach Londoner LSE
Das überraschende Angebot über 35 Mrd. Euro lässt Aktionäre jubeln.
Es ist ein extrem politischer und damit sensibler Deal, und das Offert kam total überraschend. Kein Wunder, dass die Londoner Börse LSE auf das Übernahmeangebot der Hongkonger Börse äußerst verhalten reagiert hat. Die Aktionäre haben indes laut gejubelt: die LSE-Aktie sprang nach Bekanntwerden des Angebots über 35 Mrd. Euro (2045 Pence je LSE-Aktie und 2,495 neue eigene Aktien) um mehr als 15 Prozent nach oben.
Der Börsebetreiber Hong Kong Exchanges und Clearing Ltd. will mit der Übernahme „einen der größten Handelsplätze der Welt schaffen“und ist überzeugt, dadurch beide Geschäfte zu stärken.
Die LSE ließ nur wissen, sie wolle das Angebot, das unter vielen Vorbehalten stehe, in Ruhe prüfen. Vor allem wollen die Briten an ihrem eigenen Akquisitionsplan festhalten – sie wollen Blackstone und Thomson Reuters den Datenbetreiber Refinitiv um 27 Mrd. Dollar abkaufen. Bedingung Hongkongs ist jedoch, dass der Refinitiv-Kauf nicht zustande kommt.
Faktum ist, dass die beiden Börsenplätze zu den zehn größten der Welt gehören und beide in einem extrem sensiblen politischen Umfeld agieren: Das ist zum einen der Brexit und das Chaos rund um die Form des Austritts aus der EU. Zum anderen wird die Metropole mit Sonderstatus im Süden Chinas seit Wochen von schweren Protesten erschüttert. „Eine Übernahme durch Hongkong könnte als Übernahme durch China gesehen werden“, sagte dazu Ronald Wan, Chef von Partners Capital International. Es werde daher nicht einfach sein, die regulatorischen Probleme zu lösen – ganz abgesehen von den politischen Implikationen.
Beide Börsen haben sich in den vergangenen Jahren schon nach Zukäufen umgesehen: Die Hongkonger mit Erfolg, sie haben 2012 für rund 1,7 Mrd. Euro die traditionsreiche London Metal Exchange (LME) gekauft und sich so den Zugang zum lukrativen Rohstoffhandel gesichert. Die LSE ist indes 2017 beim Versuch, mit der Deutschen Börse zu fusionieren, am EU-Einspruch gescheitert. Auch die Deutschen hatten ein Auge auf Refinitiv geworfen. (eid/ag)