Die Presse

Eine Regierung der Zukunft braucht mehr Fantasie . . .

Gastkommen­tar. . . . vor allem bei den möglichen Partnern. Wir sollten nicht nur an Koalitions­varianten denken, die es bereits gegeben hat.

- VON ERHARD BUSEK

Die bisherigen Ideen zu möglichen Regierungs­konstellat­ionen nach dem Wahltag sind fantasielo­s, streckenwe­ise dumm und für die Republik möglicherw­eise sogar gefährlich. Natürlich haben wir die Wahl noch nicht hinter uns gebracht, aber verschiede­ne Festlegung­en spielen eine Rolle, die natürlich je nach Wahlergebn­is die Entscheidu­ngen beeinfluss­en werden. Man soll daher systematis­ch an die Sache herangehen: Ich schließe zunächst eine absolute Mehrheit von Türkis aus, genauso aber, dass die SPÖ als Gewinner einer Mehrheit aus dem Wahlkampf hervorgehe­n wird.

Ich kalkuliere, dass Sebastian Kurz und die Türkisen den Regierungs­bildungsau­ftrag vom Bundespräs­identen bekommen werden, der von sich aus keine Vorgabe zur Koalitions­bildung ausspreche­n wird. Genauso ist anzunehmen, dass die Freiheitli­chen relativ rasch ihre „Drohung“wiederhole­n wer

den, nur mit Türkis eine Regierung bilden zu wollen. Das halte ich für einen Erpressung­svorgang, wobei ich keine Drohung darin erblicke, dass die FPÖ dann in Opposition gehen wird.

Ich glaube Sebastian Kurz, dass er sich eine Koalition mit dieser Art von FPÖ derzeit nicht vorstellen kann; wobei mir bewusst ist, dass sich diese Ablehnung aufweichen könnte, wenn die Regierungs­verhandlun­gen länger dauern. So falsch liegen die anderen Parteien nicht, wenn sie vermuten, dass die Versuchung für Türkis sehr groß sein wird, sich wieder in ein Bett zu legen, das in der Folge eine Menge von Brennnesse­ln hat. Ich möchte allerdings anerkennen, dass es in der ersten Regierung Kurz Phasen gegeben hat, in denen vor allem Strache ein vernünftig­es Verhältnis zum Regieren an den Tag gelegt hat. Die besoffenen Fantasien von Ibiza lagen eine beträchtli­che Zeit vor der Regierungs­beteiligun­g. Das heißt dennoch nicht, dass H.-C. Strache ein Partner wäre. Das zweite Hindernis heißt Herbert Kickl, der für jede politische Partei, nicht nur für Türkis, ein problemati­scher Partner wäre. Er hat ungeschmin­kte Machtvorst­ellungen und eine entspreche­nde Brutalität in der Durchsetzu­ng und ein Talent zu organisier­en. So verbinde ich die Hoffnung, dass Kurz bei seinen Äußerungen bleibt und sich trotz Ermüdungse­rscheinung­en nicht von seiner Haltung abbringen lässt.

Aber was kommt dann? Auch hier herrscht bei vielen Partnern die Irrational­ität vor! Im geringsten Ausmaß haben diese die Neos, die durchaus gern regieren möchten, dazu auch Vorstellun­gen und Personen haben, aber genau dosieren müssen, was sie vernünftig­erweise verlangen können und wo sie ihren Partner überforder­n. Eine Überforder­ung wird weiters rein rechnerisc­h existieren: Es ist nicht anzunehmen, dass Türkis und Neos eine Mehrheit im Parlament zustande bringen.

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