Der tägliche Sexismus im dreckigsten aller Wahlkämpfe
Die Linken beflegeln die Damen Hörbiger, Horten, Grohmann und Stenzel. Sie irren sich, wenn sie meinen, sich so bei den Wählerinnen einwamperln zu können.
Seit Ibiza ist Österreich nicht mehr dasselbe Land. Die Veröffentlichung des Videos, das die politische und moralische Verkommenheit dieser Republik dokumentiert, wirkte wie ein Rohrbruch. Die Kloake rinnt in alle Winkel, und es stinkt zum Himmel. Widerwillig sind wir Zeugen des dreckigsten Wahlkampfs geworden, den es in Österreich je gegeben hat.
Für die Linke – und für ihre angeblich so „bürgerlichen“und „liberalen“Freunde – steht viel auf dem Spiel. Noch einmal Türkis-Blau halten sie nämlich nicht aus. Also werden alle Mittel eingesetzt, von der monothematischen KlimaGähntechnologie bis zum Brechmitteleinsatz. Zufällig (wirklich nur zufällig?) sind es Frauen, die in diesen Tagen in einer Weise beleidigt und verhöhnt werden, dass einem die Grausbirnen aufsteigen.
Die Linken beklagen lauthals, und meist auch völlig zu Recht, den latenten Sexismus in den abfälligen Bemerkungen ihrer Gegner über die Parteivorsitzende der SPÖ. Aber wenn der rote Gewerkschaftsboss Katzian im Wiener Gasometer Heidi Horten als „Aufg’spritzte mit der Zwei-MillionenKette“beleidigt, regt sich kein Lüfterl im Hain der Menschenfreundinnen und -freunde. Da herrscht klammheimliche Freude, denn gegen rechts sind alle Mittel recht. Heidi Horten, die großzügige Förderin von Sport und Kultur, hat auf rechtlich einwandfreie Weise für die ÖVP gespendet. An den Schandpfahl mit ihr!
Zuvor tobte der Shitstorm gegen Christiane Hörbiger. Schwer zu verdauen, für die Linken, dass sich eine Schauspielerin von ihrem Milieu abkoppelt und für Sebastian Kurz wirbt, zumal eine, die schon einmal für Häupl und Hundstorfer die Trommel gerührt hat. Wie konnte sie es nur wagen, den rot-blauen Abwahlantrag „verblödet“zu nennen? Doch wohl nur, weil sie selbst schon ein bisserl gaga ist.
Vorige Woche bekam die viel jüngere Judith Grohmann die sexistische Demütigung zu spüren. Sie hat eine gut recherchierte Biografie verfasst, in der Kurz einmal nicht als „Feschist“oder machtgieri
ger Aufsteiger dargestellt wird. Das Buch war noch nicht ausgeliefert, da machten sich Twitteranten, die selbst kaum einen geraden Satz zustande bringen, schon über stilistische Details lustig und bestritten Grohmanns journalistische Kompetenz. Sie hat übrigens ein halbes Dutzend Bücher veröffentlicht. Eines davon wurde in sechs Sprachen übersetzt.
Diese Untergriffe verblassen allerdings angesichts des Hasses, der FPÖBezirkspolitikerin Ursula Stenzel entgegenschlägt. Ich schicke voraus, dass ich in ihrem Fall befangen bin, weil ich sie mag, seit wir vor sehr langer Zeit Kollegen in der „ZiB“-Redaktion waren. Ich habe sie als kompetente und hochanständige Journalistin in bester Erinnerung. Ursula Stenzel ist die Tochter einer konvertierten Jüdin, sie bekennt sich als konservative Katholikin. Ausgerechnet ihr rechtsextreme Neigungen zu unterstellen, halte ich für eine Sauerei und einen absoluten Tiefpunkt des Wahlkampfes. Ich glaube ihr, dass sie nicht aus Sympathie mit den Identitären am Fackelzug in der Wiener Innenstadt teilgenommen hat.
Am 12. September 1683 beendete die Schlacht am Kahlenberg die zweite Türkenbelagerung. Die historische Bedeutung des Sieges des Entsatzheeres, das vom polnischen König Sobieski geführt wurde, steht hoffentlich außer Streit. Falls Rechtsradikale die Erinnerung an die Türken vor Wien für eine Hetze gegen die Türken in Wien heute missbrauchen sollten, ist dem scharf entgegenzutreten. Aber gegen das Kahlenberg-Gedenken spricht das nicht.
Nicht dass Stenzel auf der Kundgebung war, ist der Skandal, sondern dass sonst kein Politiker dort war. Die ÖVP hat ihre Traditionen längst entsorgt, und die Blauen waren so mit der Distanzierung von den Identitären beschäftigt, dass ihnen dafür keine Zeit mehr blieb. Stenzel lässt sich wenigstens nicht vorschreiben, was sie zu denken, zu sagen oder zu tun hat.