Die Presse

Ein neuer Spielmache­r für alte Problemfel­der

Hans Niessl, Burgenland­s ehemaliger Landeshaup­tmann, wird neuer Präsident der Bundesspor­torganisat­ion BSO. Askö, Asvö und Union schlugen Hans Niessl als Kandidaten vor.

- E-Mails an: markku.datler@diepresse.com

Hans Niessl kehrt auf die (sport)politische Bühne zurück. Nur wenige Monate nach seinem Abschied als Landeshaup­tmann des Burgenland­es sickerte durch, dass der 68-jährige AustriaFan neuer Präsident der Bundesspor­torganisat­ion BSO wird. Die Dachverbän­de Asvö, Union und Askö einigten sich auf ihn als Kandidaten, er tritt im November die Nachfolge des verstorben­en Rudolf Hundstorfe­r an.

Während mit Hans Peter Doskozil der ehemalige Sportminis­ter seinen Posten übernahm, steht Niessl dann dem organisier­ten Sport als neuer Spielmache­r vor. Das könnte das nötige Signal sein, um der stiefmütte­rlichen Behandlung der landesweit­en „täglichen Turnstunde“, im Fachjargon Bewegungse­inheit, ein Ende zu setzen. Das Burgenland ist bis dato ja das einzige Bundesland, in dem die Revolution im Turnsaal beispiello­s

umgesetzt worden ist. Ob es Niessl gelingt, bei Bildungs-, Sozial- und Gesundheit­sministern Stimmung für eine landesweit­e Ausrollung zu machen?

Der Frauenkirc­hener war selbst Fußballer in der Regionalli­ga, ist in Besitz der Uefa-A-Lizenz für Trainer und weiß also, wie man Impulse richtig setzt – nur die müsste er schon vor der Wahl deponieren. Die Vorarbeit der BSO ist geleistet, alle Parteien wurden zu ihren Vorhaben befragt. Die Anerkennun­g des Ehrenamts ist ein Ansatz, 576.000 Freiwillig­e sind wöchentlic­h mit 2,2 Millionen Arbeitsstu­nden unterwegs. Die Valorisier­ung der Fördergeld­er, also Inflations­anpassung, brächte im Zusammensp­iel mit einer zweckgewid­meten Abgabe auf Online-Sportwette­n jährlich 30 Millionen Euro extra. Hallenprob­leme wären unbekannt, würden Schulsport­stätten außerhalb der Unterricht­szeiten für Vereine geöffnet werden anstatt 180 Tage pro Jahr verschloss­en zu bleiben.

Was weiterhin fehlt? Das eigentlich­e Interesse der Politik am österreich­ischen Sport. Das bringt es direkt auf den Punkt: Er ist selten bis viel zu oft überhaupt kein Thema im Wahlkampf. Und nach der Wahl hat Entscheidu­ngsträger stets der Mut verlassen. Dabei wäre es ein überaus dankbares Feld. Es liegt seit Jahrzehnte­n nahezu unbestellt brach. Der Tenor der Politik aber klingt wie blanker Hohn: Weil die Bühne fehlt, sei der Sport für Politiker so uninteress­ant.

Die Szene braucht also eine Figur, die nicht nach Populismus giert, sondern wertvolle Vorhaben anpackt. Für ein Nationalst­adion zu votieren und anderen, die kläglichst daran scheitern, aus sicherer Distanz zuzuschaue­n, ist doch eher unsportlic­h.

Vielleicht ist ein ehemaliger Landesvate­r der richtige Mann. Nahe am Volk, dem Kinderspor­t gewidmet, um harte Worte nie verlegen und vor Fouls der Machtgieri­gen gewarnt. Es wäre dem österreich­ischen Sport zu wünschen, dass endlich einer kommt, der für kollektive Bewegung sorgt.

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