Können Bäume miteinander sprechen?
Bäume nehmen über Blätter und Wurzeln Informationen über ihre Umwelt auf – diese behalten sie aber nicht nur für sich.
Nun, reden können Bäume selbstverständlich nicht miteinander, dafür fehlen ihnen die notwendigen Werkzeuge. Aber – und das ist das Erstaunliche – sie können miteinander kommunizieren. „Diese Kommunikation erfolgt entweder über Duftstoffe oder über das Ektomykorrhiza – das Pilzgeflecht, mit dem im Prinzip der ganze Wald verbunden ist“, erläutert Douglas Godbold, Leiter des Instituts für Waldökologie an der Universität für Bodenkultur (Boku) Wien.
Es ist noch nicht so lang her, dass Biologen entdeckt haben, dass die fadenartigen Systeme aus sogenannten Mycelien, die sich unter dem Waldboden ausbreiten und die Wurzeln auch weit entfernter Bäume miteinander verbinden, nicht nur eine symbioti
sche Beziehung zwischen Wirtsbäumen und Pilzen sind, sondern dass über dieses Geflecht sogar Informationen ausgetauscht werden. Der USamerikanische Pilzexperte Paul Stamets hat diesem ausgedehnten Geflecht den plakativen Namen „natürliches Internet des Waldes“verliehen.
Worüber unterhalten sich Bäume?
„In erster Linie geht es um Fressfeinde. Entdeckt ein Baum etwa Raupen, die sich an seinen Blättern gütlich tun, verstärkt er die Harzproduktion oder produziert abschreckende chemische Stoffe, deren Duft über die Luft zu den anderen Bäumen gelangt und sie damit vorwarnt“, so Godbold. Die von Insekten befallenen Bäume können aber auch Signale an die Fressfeinde der jeweiligen Insekten aussenden und ihnen so mitteilen, dass sie für sie ein gefundenes Fressen bereithalten. Die Bäume registrieren also sehr genau, wer sie verletzt.
Es scheint aber nicht nur bei der Kommunikation zu bleiben. Bäume tauschen über das Ektomykorrhiza sogar Nährstoffe aus. „Besonders kanadische Biologen haben sich sehr intensiv mit diesem Thema auseinandergesetzt und es recht gut erforscht“, weiß der Ökologe. So hat etwa Suzanne Simard entdeckt, dass Bäume sogar artenübergreifend zusammenarbeiten. Sie injizierte ein radioaktives Gas in die Birke und Kohlendioxidgas in die Tanne. Als sie das mit einem Geigerzähler überprüfte, entdeckte sie eine Kommunikation zwischen den beiden Bäumen. Sie fand heraus, dass die Birke Kohlenstoff an die Tanne sandte, besonders wenn sie im Schatten lag. Später war das Gegenteil der Fall, als die Birke im Winter blattlos war, gab die Tanne ihr mehr Kohlenstoff ab. Das lässt nur den Schluss zu, dass Bäume nicht – wie bisher angenommen – um Sonne, Nährstoffe und Wasser konkurrieren, sondern anscheinend zu einer Art Zusammenarbeit gefunden haben.
Auch Schweizer Forscher haben mittlerweile groß angelegte Versuche gemacht, die das bestätigen. Bäume brauchen Kohlendioxid, da sie dieses in ihren Blättern in Zucker umwandeln, den sie dann in die Wurzeln transportieren. Die Ökologen fanden heraus, dass dieser „Kohlenstoffhandel“zwischen den Bäumen artenübergreifend in beide Richtungen funktioniert. Etwa 300 Kilogramm Kohlenstoff pro Hektar haben die teilweise mehrere Meter voneinander entfernten Bäume im Jahr untereinander „verschickt“. „Der Austausch von Informationen, die dann zu einem möglichen Transfer führen, erfolgt über wasserlösliche Botenstoffe, die von den Pilzen gelesen werden können“, erklärt Godbold.
„Die Kommunikation erfolgt über Duftstoffe oder über das Ektomykorrhiza.“Douglas Godbold, Boku Wien