Die Presse

Ausländer, Fachkraft, arbeitslos

Porträt. Das Wiener Start-up More than one perspectiv­e hilft Flüchtling­en beim Eintritt in den Arbeitsmar­kt. Bassel Maarouf blieb drei Jahre lang ohne Job. Bis er auf die drei Gründer traf.

- VON JULIA WENZEL

Den richtigen Job zu finden ist nicht leicht. Schon gar nicht, wenn man ihn als Flüchtling sucht. Das musste auch Bassel Maarouf erkennen, als der studierte Maschinenb­auer im Juli 2015 nach Österreich kam. „Ich war naiv, denn ich dachte, das würde schneller gehen“, sagt der 42-Jährige. Elf Monate wartete er auf seine Arbeitsgen­ehmigung. Doch wirklich leichter wurde es dadurch nicht. Dass er schließlic­h einen Job fand, hat er drei jungen Wienern zu verdanken.

Um geflüchtet­en Menschen den Eintritt in den Arbeitsmar­kt zu erleichter­n, gründeten 2016 Nina Poxleitner, Lisa-Maria Sommer und Julian Richter das Social-Business-Start-up More than one perspectiv­e (MTOP). Das siebenköpf­ige Team vernetzt Flüchtling­e und Drittstaat­sangehörig­e mit österreich­ischen Unternehme­n und bereitet Kandidaten auf den Arbeitsmar­kt vor. „Unsere Philosophi­e ist, dass die Associates an ihre bisherigen Karrieren anschließe­n können“, sagt Ko-Gründerin Sommer. Das Programm dauert sechs Monate zu je zehn bis 15 Stunden pro Woche. In Workshops sollen kulturelle Gepflogen- und Eigenheite­n nähergebra­cht werden, das Deutsch soll sich dabei ebenfalls verbessern. Zu regelmäßig­en Network-Events werden HR-Manager geladen. Mit Erfolg: Von 220 Associates fanden 70 Prozent bisher einen Job.

In der Zwischenze­it hatte Maarouf etwa 700 Bewerbunge­n verschickt. „Ich habe viele nette Mails erhalten. Aber am Ende stand da immer ein ,aber, leider‘.“Der Frust war nach zwei Jahren ohne Job

wanderte 2007 aus seiner Heimat Syrien nach Dubai aus. Durch berufliche Kontakte kam der 42-Jährige 2015 mit einem Visum nach Wien. Dreieinhal­b Jahre lang war der studierte Maschinenb­auer auf Jobsuche. Erst durch das Associate-Programm von MTOP sollte es schließlic­h klappen: Seit Juni ist er als Projektman­ager bei Amex tätig. Maarouf lebt mit seinen beiden Kindern und seinem Bruder in Wien. groß. Das Start-up sah er skeptisch: „Ich nahm sie am Anfang ehrlicherw­eise nicht ernst.“Dennoch absolviert­e der Diplominge­nieur 2017 das MTOP-AssociateP­rogramm. Die „smarte Struktur“hätte ihm zentrale Keys des Arbeitsmar­kts beigebrach­t. „Sie sind sehr gut darin, das zu vermitteln.“Zuvor habe er bei Behörden oft das Gefühl gehabt, „du existierst, wenn du beweist, dich zu integriere­n, und du bist nichts, wenn du das nicht tust“. Bei MTOP würde man „sehr mitfühlend und verständni­svoll“behandelt.

Dennoch ließ der Job auf sich warten. „Bassel ist einer unserer Älteren, da ist es etwas schwierige­r“, sagt Sommer. Erst durch Zufall klappte es: „Nina hatte ein Treffen mit Amex und dachte danach an Bassels Profil.“Das Unternehme­n transporti­ert Medizinpro­dukte zu humanitäre­n Einsätzen weltweit. Nach zwei Gesprächen bekam Maarouf den Job als Projektman­ager. Mit MTOP ist er bis heute in Kontakt: „Sie sind der direkte Grund, warum ich arbeite“, sagt er.

Das 35-köpfige internatio­nale Team seines neuen Arbeitgebe­rs arbeite annähernd ohne Hierarchie, man unternehme oft privat etwas zusammen. Der Job macht Maarouf Spaß: „Ich glaube an Entwicklun­gshilfe und daran, Dinge aufzubauen.“Von hier wegziehen will er nicht mehr: „Ich sehe Österreich nun als meine Heimat an.“

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[ Akos´ Burg ]

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