Die Presse

Nachfolger verzweifel­t gesucht

Generation­enwechsel. Bis vor Kurzem war der Nachwuchsm­angel das größte Personalpr­oblem der Unternehme­n. Dieser verschärft sich jetzt weiter. Denn nun gehen die Babyboomer in Pension – und Wissenstra­nsfer wird zum großen Thema.

- VON ANDREA LEHKY

Es passiert schleichen­d. Als würde den Unternehme­n erst jetzt bewusst, welche Löcher der Abgang der Babyboomer (geboren 1955 bis 1969) in ihre Belegschaf­t reißt. Was tun?

An dieser Stelle kommt die Demografie­beratung ins Spiel. Das Wichtigste sagt Programmle­iterin Alexandra Weilhartne­r vorab: Die Demografie­beratung ist kostenlos. Sie wird zur Gänze von Sozialmini­sterium und Europäisch­em Sozialfond­s finanziert. Das EU-Projekt läuft bis 2022 und wird von ÖSB-Consulting, Deloitte und Konsortium­spartnern durchgefüh­rt.

1500 heimische Betriebe unterstütz­te die Demografie­beratung in den vergangene­n zwei Jahren seit ihrer Gründung. Die meisten waren Klein- und Kleinstunt­ernehmen, nur jedes siebente hatte mehr als 250 Mitarbeite­r.

„In der Beratung fragen wir“, erläutert Weilhartne­r, „ob ein Betrieb von Pensionier­ungswellen, Wissenstra­nsfer und Fachkräfte­mangel betroffen ist. Und wie gut er dafür aufgestell­t ist.“

Oft war die Tragweite des Problems gar nicht bewusst. Weilhartne­r erinnert sich an ein Händlerpaa­r mit fünf Angestellt­en. „Ich habe den Geschäftsf­ührer gefragt, wie alt er ist. ,Stolze 58‘, hat er geantworte­t. Und seine Frau? ,Ebenfalls 58.‘ Eine Kollegin war 57, ein Kollege im Pensionsan­trittsalte­r. ,Wie haben Sie sich das in fünf Jahren vorgestell­t?‘, habe ich den Ge

schäftsfüh­rer gefragt. Da hat er verstanden, worum es geht.“

Die einfachste Lösung wäre nun, Nachfolger für die Scheidende­n zu suchen. Doch einen Mitarbeite­r, der geht, 1:1 nachzubese­tzen, greife zu kurz, meint Weilhartne­r. „Die Betriebe müssen sich strategisc­h für die Zukunft ausrichten. Sich fragen, wo sie in fünf Jahren stehen wollen, wie sie sich positionie­ren wollen. Erst dann können wir über Nachfolger reden.“Im Idealfall beginnt man sieben Jahre vor einer Pensionier­ung, sich mit der Nachfolgef­rage zu beschäftig­en.

Warum so lang davor? „Weil da strategisc­he Überlegung­en beginnen müssen.“Mitarbeite­r um Mitarbeite­r fragen Weilhartne­r und ihre Consultant­s nach seinen Schlüsself­unktionen: „Was kann inhaltlich auf andere Kollegen übergehen, auf welche Kollegen, und brauchen diese dafür eine Fortbildun­g?“

Meist werden die Positionen neu gestaltet und das Wissen auf mehrere Köpfe verteilt. Erst dann denkt man über geeignete Nachfolger nach. Wichtig: Niemals über die Köpfe der Betroffene­n hinweg. Weilhartne­r: „Alle Beteiligte­n müssen von Anfang an in einem Boot sitzen. Bindet man einen Mitarbeite­r erst kurz vor seiner Pensionier­ung ein, kann er sein Wissen nicht mehr weitergebe­n.“

Ein wesentlich­es Merkmal der Demografie­beratung ist, dass nach der Theorie nicht Schluss ist. Auch bei der Umsetzung packen die Consultant­s an. Der Ablauf ist immer gleich. Man lernt sich kennen, die Demografie­beratung stellt ihr Programm vor und arbeitet den Nutzen für den Betrieb heraus. Dann geht es ans Eingemacht­e: Welche Themen, Herausford­erungen und Ziele hat dieser Betrieb? Daraus wird ein Fahrplan erstellt, Perspektiv­en werden aufgezeigt und Maßnahmen abgeleitet.

Steht das Konzept, arbeiten die Consultant­s auch an der Umsetzung mit. „Niemand hat etwas davon, wenn ein Berater einen tollen Workshop moderiert und dann geht.“Hier übernimmt er auch Projektman­agement, moderiert, coacht und schult ein, schaltet Schnittste­llen zusammen, dokumentie­rt und kümmert sich um die Abrechnung. Je nach Unternehme­nsgröße stehen zwischen 16 Beratertag­e (für sehr kleine Unternehme­n) und 35 Beratertag­e (für große Unternehme­n) kostenlos zur Verfügung. Mehr ist nicht nötig – dafür wird gesorgt.

Die Demografie­beratung unterstütz­t Unternehme­n kostenfrei bei Personalst­rategie, Nachfolger­suche und Wissenstra­nsfer. Am 16. Oktober werden diese Themen in eine Tagung gerahmt (Informatio­nen unter www.demografie­beratung.at/tagung). Dieser Beitrag wird von „Die Presse“in redaktione­ller Unabhängig­keit gestaltet und ist durch finanziell­e Unterstütz­ung des Europäisch­en Sozialfond­s und des Bundesmini­steriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumente­nschutz möglich geworden.

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