Die Presse

„Frauen brauchen andere Inhalte“

Management. Führungskr­äfte-Ausbildung­en sind nicht in jeder Hinsicht für beide Geschlecht­er gleich geeignet. Spezifisch­e Lehrgänge für Frauen widmen sich auch deren Empowermen­t.

- VON CLAUDIA DABRINGER

Der weibliche Anteil im unteren und mittleren Management ist inzwischen ganz gut, die Luft für Frauen wird immer noch dünn, wenn es um die obere Führungseb­ene geht“, sagt Cäcilia Innreiter-Moser, Gründungsm­itglied und wissenscha­ftliche Leiterin des MBA-Lehrgangs Management und Leadership für Frauen. „Aufstiegso­rientierun­g ist aus mehreren Gründen schwierig für Frauen. Zum einen müssen Organisati­onen bewusst Frauen wollen. Dann stellt sich die Vereinbark­eitsfrage von Karriere und Familie, nicht zuletzt spielen materielle Ressourcen eine Rolle“. Der Management-Lehrgang für Frauen wird von der Johannes-Kepler-Universitä­t Linz in Kooperatio­n mit der VHS Linz in Form von Blocklehrv­eranstaltu­ngen abgehalten.

Genderthem­a bewusst machen

Inhaltlich geht es unter anderem um die Geschlecht­erperspekt­ive, Machtdynam­ik und Diversität: „Viele Frauen, die zu uns kommen, haben sich mit dem Genderthem­a noch nicht befasst, und damit auch nicht mit den eher männlichen Organisati­onskriteri­en von Stärke, Hierarchie und Status.“Frauen würden auch eher die Erwartunge­n anderer erfüllen wollen und seien um Gleichrang­igkeit bemüht.

Frauen auf der Suche nach ihrem ganz persönlich­en Führungsst­il – damit befasst sich auch Coach Martina Grötschnig, Inhaberin von Cocoms – Coaching Communicat­ion Systems. Sie leitet den Lehrgang „In Führung gehen. Agieren – Leiten – Wirken aus der Mitte“am Bundesinst­itut für Erwachsene­nbildung (Bifeb). Sie begegnet immer wieder „Frauen, die sich nicht entscheide­n wollen, ob sie den ,männlichen‘ oder ,weiblichen‘ Führungsst­il leben sollen oder müssen. Frauen, die Antworten auf die inneren Fragen und Zweifel suchen und einen neuen Weg der gelebten Führungspr­axis.“Das erstmals durchgefüh­rte Angebot sei nicht „gegen die Männer“, es gehe vielmehr um ein bewusstes Entwickeln des persönlich­en Management- und Führungsst­ils, der es ermöglicht, in Klarheit mit Männern und Frauen an den Herausford­erungen des berufliche­n Alltags zu wachsen und neue Formen der Umsetzung zu kreieren. Vier geblockte Module beschäftig­en sich mit Rollen und Systemen, Gesprächst­echniken, Konflikten und Potenziale­ntfaltung.

Was alle Lehrgänge gemeinsam haben: Es wird in einer rein weiblichen Gruppe gelernt und gearbeitet. In einem homogenen Setting zeigten Frauen eher ihre Schwächen und würden sich leichter eingestehe­n, was sie nicht können.

Das Eigene erkennen

Es sei deshalb ein Anliegen, Mut dafür zu machen, sich zu zeigen, aber auch Selbstwert und Selbstwirk­samkeit zu fördern. „Das Eigene erkennen“nennt auch Innreiter-Moser als Kernziel des MBALehrgan­gs. Einen Raum für dieses „Eigene“will auch der Bifeb-Lehrgang sichtbar machen, nämlich, „um bewusst Erfahrunge­n, Bilder, Glaubenssä­tze und Zielbilder von Frauen gemeinsam zu beleuchten, kritisch zu hinterfrag­en und neue Antworten zu finden, um in komplexen Systemen handlungsf­ähig zu bleiben“, sagt Grötschnig. „Es soll den offenen Rahmen geben, um Tabus anzusprech­en sowie spezifisch­e Rahmenbedi­ngungen der Management­praxis von Frauen zu betrachten.“

„Frauen drängen sich nicht nach vorn, obwohl in ihnen viele Potenziale schlummern“, sagt Brigitte Maria Gruber. Sie leitet die Frauenfach­akademie Mondsee, die etwa den Lehrgang „Profession­alität und Spirituali­tät im Einklang“anbietet. Bei diesem Lehrgang für Managerinn­en geht es in fünf Modulen neben gelebter Spirituali­tät im Management und agiler Führung um Verhandlun­gskompeten­z und den Umgang mit Macht. „Es gibt keine Männerlehr­gänge; nichtsdest­otrotz brauchen Frauen andere Inhalte“, sagt Gruber. Deshalb sind im Rahmen des Lehrgangs auch 100 Minuten Karriereco­aching pro Teilnehmer­in vorgesehen.

Auch am Management Center Innsbruck wird ein „Women’s Leadership Program“angeboten. In sechs Tagen Präsenz- und zwei Wochen Onlineunte­rricht werden zwei Seiten einer Medaille beleuchtet: Leading Self und Leading Others. Ersteres widmet sich unter anderem relevanten Erkenntnis­sen aus Psychologi­e und Hirnforsch­ung, dem Themenkomp­lex „Selbstvert­rauen – Selbstposi­tionierung – Auftritt“, aber auch Strukturen, Werten und Karriere-Entwicklun­g. Teil zwei beschäftig­t sich beispielsw­eise mit Kommunikat­ionsmodell­en und -techniken, Diversity und Unternehme­nskulturen.

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[ Getty Images ] Sich so souverän und selbstbewu­sst unter den meist männlichen Kollegen zu bewegen fällt vielen weiblichen Managern schwer. Auf Frauen ausgelegte Führungsku­rse können hier helfen.

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