Fährst du schon?
Oder fliegst du noch? Wie wir mit nachhaltigen Reisen das Klima, unseren Geldbeutel und unsere Nerven schonen.
Wir fliegen. Greta fährt. Während unsereins jedes Jahr zwei-, dreioder mehrmals um ein paar Euro nach London, Lissabon oder auf Lanzarote jettet, nimmt Greta den Zug oder fährt auf einem Segelschiff mit. Die Bilder von Greta Thunberg mit ihrem Rucksack und ihrem Schild „Schulstreik für das Klima“gingen um die Welt. Die Aktivistin fuhr konsequenterweise mit der Bahn zum Weltwirtschaftsgipfel nach Davos. 24 Stunden und acht Minuten mit vier Mal umsteigen zeigt die SBB auf ihrer Internetseite als schnellste Verbindung von Stockholm nach Davos an. Zum UNKlimagipfel in New York reiste sie mit dem Schiff.
Fliegen ist schneller, für den Touristen billiger, und das Ticket ist mit ein paar Klicks gebucht. Klima, Umwelt, Lärm – wen interessiert’s? Zum Glück doch nicht so wenige. Es sind jene Menschen, die beim Reisen dem Klima, der Natur und ihrem Reiseziel möglichst wenig schaden möchten. Deshalb werben immer mehr Reiseveranstalter, Hotels, Reisegebiete und Transportunternehmen mit der „Nachhaltigkeit“ihrer Angebote.
In Deutschland haben sich zum Beispiel rund 140 Reiseveranstalter zum Forum Anders Reisen zusammengetan. In einem umfassenden Kriterienkatalog verpflichten sie sich, mit ihren Reisen die Umwelt und das Leben der Einheimischen in den Zielgebieten möglichst wenig zu belasten. Die Gäste wohnen in kleinen Hotels und Pensionen, die Einheimischen gehören. Diese sollen
möglichst umweltschonend wirtschaften, indem sie zum Beispiel wenig Energie und Wasser verbrauchen sowie in der Umgebung erzeugte, frische Lebensmittel servieren. Die Urlauber bekommen Einblick in den Alltag, und das Geld, das sie ausgeben, bleibt im Land. Vor Ort bewegt man sich möglichst mit Linienbussen und -schiffen, der Bahn, zu Fuß, zu Pferde oder mit dem Radl. Auf den von ortskundigen Übersetzern begleiteten Radtouren oder Wanderungen kommen die Reisenden mit den Anwohnern ins Gespräch. „Wir lassen uns Zeit, etwa für Laos und Kambodscha mindestens 24 Tage“, verspricht etwa Forummitglied Auf-und-davon-Reisen.
Kurzstreckenflüge über weniger als 700 Kilometer Entfernung sind wegen der Folgen fürs Klima ausgeschlossen. Reisen in ferne Länder dauern mindestens zwei, besser noch drei Wochen. Die Touristen sollen so lieber seltener die auf Nachhaltigkeit achten, etwa https://bookitgreen.com. Reiseveranstalter, die mit ihrem Angebot Klima, Umwelt und Natur besonders schonen wollen, haben sich zum Forum Anders Reisen zusammengeschlossen, www.forumandersreisen.de.
„FAIRreisen : Das Handbuch für alle, die umweltbewusst unterwegs sein wollen“, von Frank Herrmann, Oekom-Verlag.
Das zur ITB „alternative“Berlin-Travel-Festival bietet zahlreiche Inspirationen zum umwelt- und sozialverträglichen Reisen, https:// berlintravelfestival.com. verreisen und dafür länger am Zielort bleiben. So können die Veranstalter auf viele Inlandsflüge im Reiseland verzichten und ihre Kunden stattdessen mit Bussen, Bahnen, Schiffen und anderen weniger umweltschädlichen Verkehrsmitteln transportieren.
Umweltverträglicher Tourismus kann spannend sein: Walbeobachtungen im Atlantik, Radtouren durch Kirgisien oder mit einem einheimischen Künstler durch New York, Reiterwanderungen durch die mongolische Steppe, Kulturcamps mit kanadischen Indianern oder Entdeckungsreisen durch den Regenwald in Costa Rica. Entwicklungsorganisationen wie die deutsche GIZ (Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit) helfen abgelegenen Dorfgemeinschaften in Afrika, Indochina und Südamerika auf dem Weg in den sanften Tourismus. Wer es ins westafrikanische Benin ohne Reiseveranstalter schafft, darf bei Voodoozeremonien mitmachen, bei den Bauern in ihren Hütten schlafen und die Löwen, Leoparden, Hyänen und Elefanten des PendjariNationalparks beobachten.
Im Westen Ecuadors führen Indianer Touristen durch den tropischen Regenwald, nehmen sie mit auf die Jagd und lassen sie am Dorfleben teilhaben. Hinter alledem steckt die Erkenntnis, dass die Menschen nur dann die Natur schützen und ihre Kulturen bewahren, wenn sie damit ihren Lebensunterhalt verdienen können.
Auch in Europa entdecken immer mehr Hoteliers und Tourismusmanager die sanfte Welle. Die Urlaubsgebiete legen Naturprogramme auf. In Deutschland kann man, geführt von Nationalparkrangern und Förstern, auf Goethes Spuren die Wege des wieder angesiedelten Luchses im Harz erkunden. Wanderungen auf historischen Handels-, Schmuggler- und Partisanenwegen wie der Senda Sursilvana bietet Tra Cultura e Natura an. Das Programm verspricht viele Begegnungen mit Einheimischen – auch in Graubündner Dörfern, wo noch jeder Zweite von der Landwirtschaft lebt und der Alltag rätoromanisch geblieben ist. Die Reisenden wohnen in Privatquartieren und erfahren viel über die Geschichte der alten Pfade, auf denen sie wandern.