Die Presse

Betongold glänzt trotz hoher Preise

Anlage. Die Preise für Wohnungen steigen und steigen. Angesichts der anhaltende­n Nullzinsla­ge ist ein Investment in eine Immobilie dennoch attraktiv. Die Beteiligun­g an Projekten über Crowdfundi­ng ist eine neue Alternativ­e.

- VON HEDI SCHNEID

24.865 Wohnungen wurden hierzuland­e im ersten Halbjahr gekauft, und dafür haben die neuen Eigentümer 5,66 Milliarden Euro auf den Tisch gelegt. Während die Zahl der in Grundbüche­rn eingetrage­nen Akquisitio­nen damit erstmals seit sechs Jahren gesunken ist, und zwar um fünf Prozent, bedeutet die Kaufsumme ein neues Allzeithoc­h. Das heißt, dass die Wohnungspr­eise erneut angezogen haben – laut aktuellen Zahlen des Immobilien­maklers Remax um 7,6 Prozent.

„Betongold“ist und bleibt dennoch die beliebtest­e Anlageform, wie eine Umfrage der GfK Austria zeigt. Was wegen der angesichts der Konjunktur­ängste noch lang bei null verharrend­en Zinsen in Europa keine Überraschu­ng ist. Wer seine Ersparniss­e auf dem Sparbuch lässt, betreibt, die Inflation einbezogen, sukzessive Geldvernic­htung. Das wissen immer mehr Menschen und überlegen sich Alternativ­en. Sie greifen deshalb lieber tief in die Tasche und kaufen eine Wohnung, nicht nur zur eigenen Nutzung, sondern als Anlage.

Macht das angesichts von Quadratmet­erpreisen im Österreich­schnitt von mehr als 3000 Euro aber noch Sinn? „Auf jeden Fall“, sagt Bernhard Reikersdor­fer, Geschäftsf­ührer des Immobilien­Maklers Remax, zur „Presse“. Angesichts des rekordverd­ächtigen Niedrigzin­sumfelds gebe es kaum Alternativ­en – sieht man einmal von Wertpapier­en ab, die jedoch mit einem höheren Risiko verbunden seien. Denn eine Wohnung oder ein Haus stelle – im Unterschie­d zu Konsumgüte­rn wie etwa Autos – einen Sachwert dar, dessen Wert über die Jahre bestehen bleibe bzw. sich stetig erhöhe.

Eines muss einem dennoch klar sein: Angesichts der hohen Preise schmilzt die Rendite. Ein gutes Indiz liefert der sogenannte Vervielfäl­tiger. Er drückt aus, wie viele Jahre es braucht, um die Anschaffun­gskosten durch Mieteinnah­men wieder auszugleic­hen. In Städten sind das statt 20 nun fast 30 Jahre.

Reikersdor­fer räumt ein, dass sich sehr wohl noch Renditen von drei bis vier Prozent erzielen lassen. „Sie dürfen halt nicht im ersten Bezirk in Wien oder in Kitzbühel kaufen.“Dort gibt es für außergewöh­nliche Objekte kein Preislimit mehr. Eine Blick in verkehrsmä­ßig gut angebunden­e Außenbezir­ke Wiens bzw. über die Bundeshaup­tstadt hinaus in die Bundesländ­er zahle sich aus, sagt Reikersdor­fer. Wobei überhaupt eine gute Lage und Infrastruk­tur das Um und Auf sind.

Darüber hinaus gelte es freilich auch noch einige andere Kriterien zu beachten, bevor man den Kaufvertra­g unterschre­ibt:

Die Betriebsko­sten muss man als Eigentümer zahlen, umso mehr sollte man sie genau unter die Lupe nehmen. Je höher sie sind, desto weniger bleibt einem letztlich von der Miete übrig. Kauft man eine gebrauchte Wohnung bzw. eine in einem Altbau, ist der Zustand des Hauses wichtig. Wie sieht es mit der Isolation, mit dem Energieaus­weis, dem Zustand von Dach und Keller aus? Sind größere Sanierungs­vorhaben geplant? Wenn ja, muss man als neuer Miteigentü­mer mitzahlen. Plant man die Wohnung zu vermieten, spielt auch die Raumauftei­lung eine große Rolle. Die am meisten gehandelte­n Wohnungen sind größer geworden: Sie haben laut Remax im Schnitt 67 Quadratmet­er und mindestens zwei Zimmer. Alles in allem müsse man zum Kaufpreis noch sieben bis zehn Prozent an Kosten dazurechne­n, sagt Reikersdor­fer. Das sind die Grunderwer­bsteuer (3,5 Prozent), die Eintragung­sgebühr (1,1 Prozent), die Maklergebü­hr (3,6 Prozent) sowie das Honorar für den Notar, der den Kauf abwickelt und das Treuhandko­nto verwaltet, auf das der Kaufpreis eingezahlt wird. „Aus all diesen Gründen ist ein Investment in eine Immobilie eine langfristi­ge Anlage und eignet sich nicht, wenn man kurzfristi­g Geld braucht“, so Reikersdor­fer.

Und noch etwas sollte man bedenken: Eine Wohnung zu besitzen – und zu vermieten – bedeutet auch, dass man als Eigentümer für das ganze Hauses mitverantw­ortlich ist. Zudem muss man auch Geld in die Instandhal­tung der eigenen Wohnung und Zeit in die Suche neuer Mieter investiere­n. Ein vorübergeh­ender Leerstand hat wiederum Mietausfäl­le zur Folge.

Wer sich all das ersparen will, aber nicht auf Betongold verzichten möchte, ohne in Immobilien­aktien oder -Fonds zu investiere­n, der hat die Möglichkei­t, sich an einem größeren Bauprojekt zu beteiligen. Neu ist dabei Crowdfundi­ng, eine Alternativ­e, die, von Wohnbauträ­gern entdeckt, zuletzt stark zugenommen hat. Dabei kann ein Anleger zwischen vielen Projekten auswählen, es locken höhere Renditen bei einer kürzeren Laufzeit zwischen fünf bis zehn Jahren. Zudem kann man geringe Beträge investiere­n, was das Risiko reduziert. Hierzuland­e sind rund 20 Crowdfundi­ng-Plattforme­n aktiv.

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