KAV-Führung wird (teil)entmachtet
Gesundheit. Nach all den Turbulenzen im Wiener Gesundheitssystem ist KAV-Generaldirektorin Kölldorfer-Leitgeb nun in zentralen Punkten einem Sonderbeauftragten unterstellt.
Das brisante Dokument hat einen ausgesprochen trockenen, bürokratischen Titel: „Senatsrat Mag. Richard Gauss, Bediensteter mit Sonderaufgaben gemäß §9 GOM; Änderung der Bestellung“.
Hinter diesem internen Schreiben, das der „Presse“vorliegt, verbirgt sich nicht weniger als eine gravierende Verschiebung der Machtverhältnisse im Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV), der sich seit Jahren in schweren Turbulenzen befindet. Manche im Rathaus bezeichnen dieses Dokument wörtlich als Entmachtung der KAV-Führung von Generaldirektorin Evelyn Kölldorfer-Leitgeb – also als direkte Reaktion auf die Serie von Problemen und Missständen im KAV, die zuletzt wieder die Schlagzeilen bestimmt haben. Andere im Rathaus formulieren es so: „Die KAV-Führung hat nach all den Vorfällen einen Aufpasser bekommen.“
Was bedeutet das Dokument konkret? Richard Gauss ist Leiter der MA 24 (Strategische Gesundheitsversorgung) im Ressort von Stadtrat Peter Hacker (SPÖ). Er ist auch Projektkoordinator zur Reorganisation des KAV, der in eine Anstalt öffentlichen Rechts umgewandelt werden soll. Mit dem Schreiben werden die Befugnisse von Gauss nun massiv ausgeweitet. Bemerkenswert ist die wörtliche Formulierung „(. . .) mit dem sich aus §10 Abs. 3 der Geschäftsordnung für den Magistrat der Stadt Wien ergebenden Weisungsrecht gegenüber den Leiterinnen bzw. Leitern der Magistratsabteilungen der Geschäftsgruppe und der Generaldirektorin bzw. dem Generaldirektor des Wiener Krankenanstaltenverbundes“. Anders formuliert: KAV-Generaldirektorin Kölldorfer-Leitgeb ist Gauss in zentralen Punkten weisungsgebunden und muss seine Vorgaben umsetzen. Das betrifft auch sehr stark den Bereich der Neuorganisation des KAV, den Gauss leitet – nachdem der KAV in eine Anstalt öffentlichen Rechts mit Personalhoheit und mehr Budgetverantwortung umgewandelt werden soll.
Was sind die konkreten Aufgaben des „Bediensteten mit Sonderaufgaben“, wie der Titel in Amtsdeutsch heißt – und in dessen Rahmen er der KAV-Chefin und anderen Magistratsabteilungen im Gesundheitsressort Weisungen erteilen darf? Eine der im Schreiben zahlreich aufgeführten Kompetenzen, die Gauss zum mächtigsten Manager im Gesundheitsressort machen, ist die Koordination von dienststellenübergreifenden Angelegenheiten der Gesundheits- und Sozialplanung. Diese Dienststellen sind verpflichtet, seine Weisungen zu befolgen.
Zu den Aufgaben des Sonderbeauftragten gehört auch die Bewertung von Projekten, die Leistungsverschiebungen zwischen dem intra- und dem extramuralen Bereich der Gesundheitsversorgung zur Folge haben − in wirtschaftlicher und budgetärer Hinsicht. Also die Beschäftigung mit Projekten für die Koordination bzw. Neustrukturierung des Verhältnisses der städtischen Spitäler mit dem niedergelassenen Bereich. Gauss muss auch Konzepte „zur Optimierung der Strukturen und Abläufe in der Geschäftsgruppe, insbesondere in wirtschaftlicher Hinsicht“, entwickeln. Also für mehr Effizienz im Wiener Gesundheitssystem sorgen, Strukturen straffen und nebenbei auch Reformvorschläge zur Finanzierung des (finanziell nicht gerade gut aufgestellten) Gesundheits- und Sozialwesens erarbeiten. Parallel wurde festgeschrieben, dass der Sonderbeauftragte federführend die Transformation des KAV in eine Anstalt öffentlichen Rechts umsetzen soll – ausgestattet mit Vollmachten.
In einer Stellungnahme gegenüber der „Presse“dementiert Gesundheitsstadtrat Peter Hacker eine Entmachtung von KölldorferLeitgeb: „Das hat nichts mit dem KAV zu tun.“Die Weisungsbefugnis von Gauss gegenüber der KAV-Chefin gelte immer nur im Sinne des Projektauftrags, es sei grundsätzlich eine Bereinigung von Strukturen.
Ein KAV-Spitzenvertreter, der aus verständlichen Gründen seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, erklärt dagegen: „Kölldorfer wird damit natürlich unter Kuratel gestellt – offenbar auf Druck der Gewerkschaft, die schon lang unzufrieden ist und zuletzt mit einem offenen Brief gegen Kölldorfer protestiert hat.“Außerdem hätte Gauss die meisten Funktionen in der Praxis ja sowieso schon gehabt – das hätte man nicht extra nochmals in Form eines eigenen Jobs festschreiben müssen. Nun gebe es aber mit der Bestellung ein klares Weisungsrecht des Sonderbeauftragten gegenüber der KAV-Spitze. Der KAV-Spitzenvertreter formuliert das wörtlich so: „Wer diese Befugnisse hat, steht in diesen Bereichen natürlich über der Generaldirektorin des KAV.“