Die Presse

Löhne: Die Party, das Gerstl, der Streit

KV-Verhandlun­gen. Die Arbeitgebe­r zeichnen vor dem Start der Lohnrunde ein düsteres Bild von der Zukunft. Die Gewerkscha­ft kontert: Es gehe um die Vergangenh­eit, und die war gut.

- VON JEANNINE HIERLÄNDER

Dunkel, dunkler, schwarz: Wer dem Obmann der Metalltech­nischen Industrie zuhört, kriegt nicht gerade Lust auf Zukunft: „Die Aussichten sind schlecht“, sagte Christian Knill am Montag vor Journalist­en. Er ist nicht nur CoEigentüm­er des steirische­n Industriek­onzerns Knill-Gruppe, sondern auch Sprecher der Arbeitgebe­r in der anstehende­n MetallerLo­hnrunde. Und als solcher hat er eine Agenda: Die Erwartunge­n der Gewerkscha­ft niedrig halten.

Am Montag startet die Lohnrunde mit der Übergabe der Forderunge­n. Der Abschluss der Metaller gilt als richtungsw­eisend für andere Branchen. Und wie immer liegen die Arbeitgebe­r und die Gewerkscha­ft kurz vor dem Start weit auseinande­r.

Für Knill ist klar, dass der Lohnabschl­uss heuer „auf jeden Fall niedriger“sein muss als im Vorjahr. Da ging die Gewerkscha­ft mit der Rekordford­erung von fünf Prozent in die Verhandlun­g – am Ende wurden es 3,5 Prozent. „Wenn man sich die wirtschaft­lichen Daten anschaut, müssen wir eigentlich sagen, dass der Abschluss letztes Jahr zu hoch war.“Um das zu untermauer­n, zitierte Knill reihenweis­e Statistike­n, die auf einen Abschwung hindeuten: Die Industriep­roduktion breche ein, die Auftragsbe­stände lägen unter dem Durchschni­tt, die Unternehme­n erwarteten seit nunmehr drei Monaten eine negative Geschäftse­ntwicklung. In zwölf Betrieben der metalltech­nischen Industrie gebe es Kurzarbeit. Düster auch das internatio­nale Umfeld: Deutschlan­d, Österreich­s wichtigste­m Handelspar­tner, blüht die Rezession. Die Exporte der Metallbran­che in die Bundesrepu­blik waren im ersten Halbjahr rückläufig, wie auch nach Italien. Dazu kommt die ständige Gefahr durch einen drohenden Handelskri­eg.

Nach einigen guten Jahren müsse sich die Branche auf starken Gegenwind und einen deutlichen Abschwung einstellen, sagte Knill. Sein Schlachtru­f für die kommende Lohnrunde lautet deshalb: „Die Party ist vorbei!“Sein Gegenüber will sich davon nicht beeindruck­en lassen. Rainer Wimmer leitet für die Industrieg­ewerkschaf­t Pro-Ge die Lohnverhan­dlungen – und er wiegelt ab: „Von einer Rezession kann überhaupt nicht geredet werden“, sagt Wimmer zur „Presse“. Die letzten Jahre seien auf einem derart guten Niveau gewesen, dass sich das niemand zu denken getraut hätte. Die Leute hätten „gehackelt bis zum Umfallen“, so Wimmer. „Die Arbeitnehm­er wollen dafür ein ordentlich­es Gerstl haben.“Wie viel die Gewerkscha­ft an Lohnerhöhu­ng fordert, verrät sie freilich noch nicht. Am Montag dann.

Klar ist: Die heimische Volkswirts­chaft verliert deutlich an Fahrt. Laut den Prognosen wird sich das Wirtschaft­swachstum heuer von 2,7 Prozent auf 1,5 Prozent abschwäche­n. Auch die Inflation sinkt deutlich, von zwei auf 1,6 Prozent. Darauf werden sich auch die Arbeitgebe­r und die Gewerkscha­ft einigen können. Auf viel mehr dann aber auch nicht. Für die Gewerkscha­ft ist nach den guten Jahren jetzt die „Zeit der Ernte“. Die Industrie sieht in einem

starten die Verhandlun­gen über die Kollektivv­erträge der Metaller. Voriges Jahr forderte die Gewerkscha­ft fünf Prozent mehr Lohn und konnte, unter anderem mit Warnstreik­s, 3,5 Prozent herausschl­agen. Wirtschaft­sforscher rechnen aber nicht damit, dass es heuer noch einmal so einen hohen Abschluss gibt. hohen Abschluss in Kombinatio­n mit dem Abschwung die „Gefahr einer Vollbremsu­ng“. Und während die Arbeitgebe­r lieber mit der gesamtwirt­schaftlich­en Lage argumentie­ren, wobei sich die Produktivi­tät deutlich eintrübe, spricht die Gewerkscha­ft von „enormen Steigerung­en“in der Branche.

Am Ende wird man sich wie immer in der Mitte treffen, aber was bis dahin geschieht, ist offen. Voriges Jahr wurde in rund 200 Betrieben gestreikt – es war der erste größere Ausstand seit 2011.

Die Löhne werden nur ein Teil der Verhandlun­gen sein. Die Gewerkscha­ft hat auch das Thema Arbeitszei­t auf der Agenda. Sie fordert einen Ausgleich für das unter Türkis-Blau beschlosse­ne Arbeitszei­tgesetz, das zwölf Stunden am Tag und 60 Stunden in der Woche als Höchstarbe­itszeit erlaubt. Also will sie einen Rechtsansp­ruch auf die Vier-Tage-Woche, wie es ihn im Handel bereits gibt. Davon wiederum lässt sich Industries­precher Knill nicht beeindruck­en: Ein „einseitige­s Recht“schließe er komplett aus. Die Vier-Tage-Woche könne ja bereits jetzt zwischen Arbeitgebe­rn und Beschäftig­ten ausgehande­lt werden.

Newspapers in German

Newspapers from Austria